„Plastic Fantastic“ – eine künstlerische Hommage an den „Tütensammler“ Robert Stögbauer

Mode aus Plastiktüten – wer hätte gedacht, was mit diesem Material alles möglich ist. Barbara Heier-Rainer (li.) und Kathrin Lieske haben einige Nerven gelassen bei der „Umgestaltung“ der Tüten, aber auch viel Spaß gehabt an der Herausforderung. Fotos: Judith Ulbricht

Kelkheim (ju) – Plastiktüten gibt es nicht mehr. Umweltfrevel, Müll, der uns noch Jahrhunderte begleiten wird, Meeresverschmutzer – diese Dinge verbindet man heute mit den Kultbeuteln von damals. Damals, in den 80ern, waren die bunten, schrillen, oft wirklich schon an Kunst grenzenden Behältnisse in die wir unsere Konsumgüter verstauten, Gang und Gäbe.

Eine Ausstellung setzt den Stachel

Einer, der an den Plastiktüten großen Gefallen gefunden hatte, war und ist Robert Stögbauer. 1982 besuchte dieser in der Kunsthalle Düsseldorf eine Plastiktüten-Performance der Künstlerin Elke Koska. Diese hatte an einer Vielzahl von Wäscheleinen knapp 1.000 Tüten als Kunstobjekt im großen Ausstellungssaal präsentiert – der Stachel war gesetzt. Stögbauer fing an zu sammeln, Freunde stockten immer wieder mit Mitbringseln die stetig wachsende Sammlung auf. Die 100ste Tüte (mit Huhnmotiv) wurde gefeiert, die 500ste fand den Weg aus Schweden zu ihm. Bei der 1.000sten Tüte gab es in seiner damaligen Wohnung in Düsseldorf, die zum „Plastiktüten-Museum“ umfunktioniert wurde, eine „Große Plastiktüten-Party“. Kurz darauf ging es für Stögbauer beruflich nach Frankfurt, hier wuchs die Sammlung um etliche Exemplare mit Frankfurter Bezug an. Nach 5.000 Tüten hörte er irgendwann auf zu zählen, sein Hobby trat etwas in den Hintergrund. 2023 wurde dann der „Frankfurter Teil“ seiner Sammlung vom Historischen Museum übernommen und ausgestellt. Und in genau diesem Jahr trat der „Tütensammler“ auch an den KünstlerKreis Kelkheim mit einer Idee im Kopf heran: Ist es möglich, aus einem Wegwerfprodukt ein Kunstwerk zu schaffen? Stögbauer würde seine Sammlung verschenken, wenn sie im Gegenzug zu künstlerischen Objekten umgewandelt werden würde.

Kunst aus Plastiktüten

Barbara Heier-Rainer, Mitglied des KünstlerKreises zeigte sich sofort angetan, war sich aber auch bewusst, dass die Aufgabe nicht so einfach wird. Eine kleine Gruppe an Künstlern fand sich zusammen, um sich der Aufgabe zu stellen. „Wir hatten großen Respekt davor. Niemand von uns hatte vorher mit diesem Material gearbeitet“, verrät Heier-Rainer. „Aber wir haben uns reingefuchst und jeder hat in seinem Sinne eine Möglichkeit der Umgestaltung gefunden“, bestätigt Kathrin Lieske, ebenfalls Mitglied des KünstlerKreises. In regelmäßigen Arbeitstreffen tauschten sich die Künstler über ihre Erfahrungen im Umgang mit dem ungewohnten Material aus. Ideen wurden verworfen, neue entwickelt, die Eigendynamik des Material faszinierte und schuf völlig neue Möglichkeiten. „Plastik ist schon ziemlich robust, man kann verstehen, warum das Produkt so beliebt war. Auf der anderen Seite stinkt es schrecklich und man musste einige Fehlschläge hinnehmen, denn nicht jeder Kleber funktioniert und das Ausschneiden aus Tüten ist echter Horror“, erinnern sich die beiden Künstlerinnen.

Das Ziel war jedoch immer klar: Der Ausstellungsraum sollte sich in eine Wunderkammer aus Plastiktüten verwandeln, der die Besucher zum Staunen, Schmunzeln und Nachdenken anregen soll. „Denn machen wir uns nichts vor, man muss diese Tüten kritisch sehen, ob ihrer Belastungen, die sie auch noch in der Zukunft für unsere Umwelt haben werden. Nichtsdestotrotz haben sie auch einen hohen Unterhaltungswert“, gesteht Barbara Heier-Rainer.

Frank Rukwied, der gerade dabei ist, seine Plastik-Kunstwerke zu installieren, widmet sich dann auch der Problematik der Verschmutzung der Weltmeere durch Mikroplastik. Auch er hat sich seine Gedanken gemacht, wie er das Polyethylen künstlerisch verarbeiten kann. Aber gespoilert wird hier nicht. „Wir möchten die Menschen, die sich die Ausstellung ansehen, animieren, sich Gedanken darüber zu machen, wie wir mit unserer Umwelt umgegangen sind und noch heute umgehen“, so die Intension der Künstler.

Vernissage

Wer sich das „Upcycling“ der Künstler ansehen möchte, hat ab Sonntag, 29. September, die Möglichkeit dazu. Dann öffnet die Ausstellung „Plastic Fantastic“ mit der Vernissage um 15 Uhr im KunsTraum44 ihre Pforten. Gabriele Hartje, Barbara Heier-Rainer, Kathrin Lieske, Sibylle Möller, Karin Menzel, Frank Rukwied und Christa Steinmetz geben den Tüten einen letzten Auftritt in dieser raumfüllenden Installation. Auch Robert Stögbauer wird anwesend sein, um live zu sehen, was aus seinen Tüten geworden ist.Bis zum 20. Oktober können die Kunstwerke donnerstags von 15 bis 18 Uhr, samstags von 11 bis 14 Uhr und sonntags von 15 bis 18 Uhr im KunsTraum44 bestaunt werden.

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