Kelkheim (ju) – Plötzlich klingelt das Telefon. Die Stimme am anderen Ende klingt panisch: „Oma, ich hatte einen Unfall. Ich brauche dringend Geld. Bitte sag niemandem was – es ist ernst …“ – Was wie eine Szene aus einem Krimi klingt, ist für viele ältere Menschen traurige Realität. Sogenannte Schockanrufe gehören zu den perfidesten Betrugsmaschen überhaupt. Damit solche Fälle in Kelkheim nicht immer wieder zur bitteren Realität werden, wächst das Team der Sicherheitsberaterinnen und -berater für Senioren weiter: Heike Osken, Cornelia Ebert und Reinhard Lippert wurden im Rathaus als neue Mitglieder vorgestellt.
Nicht mehr nur zusehen – sondern helfen
„Es war mir ein Herzensanliegen, mitzumachen“, sagt Heike Osken, die ihre Schulung Ende 2023 abgeschlossen hat. Sie kommt aus dem sozialen Bereich, bringt viel Einfühlungsvermögen mit. „Man sieht, wie groß die Unsicherheit bei vielen älteren Menschen ist. Oft reicht schon ein Gespräch – das kann unheimlich viel verändern.“
Auch Cornelia Ebert, die auf dem Wochenmarkt von Sicherheitsberaterin Petra Krause angesprochen wurde, spürte sofort: „Das ist eine Aufgabe, die Sinn stiftet. Menschen zu helfen, sicherer durchs Leben zu gehen – das gibt auch mir etwas zurück.“ Der dritte im Bunde, Reinhard Lippert, bringt vor allem viel Gespür für Alltagsgefahren mit: „Da ich schon viele Jahre in einem anderen Bereich ehrenamtlich engagiert war, stand mir der Sinn nach einer neuen Aufgabe. Ältere Menschen zu schützen, halte ich für eine wertvolle Aufgabe und sehr sinnstiftend. Man kann seine eigene Lebenserfahrung mit einbringen.“
Die drei schließen sich einem engagierten Team an, zu dem auch Rosemarie und Karl-Heinz Sprungk gehören – erfahren, nahbar und hoch engagiert. Ihre Aufgabe: über typische Betrugsmaschen aufklären, Ängste nehmen und dafür sorgen, dass ältere Menschen sicher und gut informiert leben können.
„Ich habe es selbst erlebt“ – Wenn Prävention persönlich wird
Rosemarie Sprungk erinnert sich an den Moment, der ihr vor Augen führte, wie perfide die Betrüger vorgehen: „Ich hatte selbst so einen Anruf. Man ertappt sich dabei, dass man kurz hinterfragt, ob die Geschichte nicht doch wahr ist, so geschickt gehen die Kriminellen in der Gesprächsführung vor.“ Geistesgegenwärtig informierte sie dann aber sofort die Polizei und versuchte sogar, gemeinsam mit den Beamten die Täter in eine Falle zu locken. Doch die Täter wurden misstrauisch und brachen ab. „Auch die Polizei sagt heute ganz klar: Nicht auf Gespräche einlassen – sofort auflegen und 110 anrufen“, betont sie. Aus dieser persönlichen Erfahrung heraus engagiert sie sich heute umso leidenschaftlicher für die Sicherheit ihrer Mitmenschen.
Die Polizei rät: Nicht reden – sofort melden
Auch Polizeihauptkommissar Ansgar Hoppelhäuser, Leiter der Polizeistation Kelkheim, kennt diese Fälle nur zu gut. „Betrüger sind heute hochprofessionell. Sie setzen auf Angst, Stress, Zeitdruck. Und das gezielt bei älteren Menschen.“ Darum sei die Arbeit der Sicherheitsberater so wichtig. „Sie sind nah dran, sprechen die Sprache der Betroffenen, schaffen Vertrauen – das kann Hab und Gut retten.Sie sind eine unverzichtbare Ergänzung im Rahmen der Präventionsarbeit.“ Doch Hoppelhäuser betont auch: Betrugsprävention muss früher ansetzen.
„Save my Grandma“ – ein Projekt mit Herz und Wirkung
Deshalb unterstützt die Polizei gemeinsam mit dem Präventionsrat des Main-Taunus-Kreises die Aktion „Save my grandma“, ein Präventionsprojekt, das Jugendliche sensibilisiert, in ihren Familien genau hinzuhören – und Alarm zu schlagen, wenn Oma plötzlich hohe Summen abheben will oder seltsame Nachrichten bekommt.
„Kinder und Jugendliche können zu Schutzengeln werden. Sie erkennen oft als Erste, wenn etwas nicht stimmt“, sagt Hoppelhäuser. In „Save my grandma“ erfahren Schülerinnen und Schüler in einem Seminar, wie typische Betrugsmaschen funktionieren, wie sie mit ihren Großeltern darüber sprechen können und was im Ernstfall zu tun ist. „Es geht um das Miteinander der Generationen – und darum, gemeinsam stark zu sein.“
In Kelkheim sollte die Aktion nach Vorstellung von Jürgen Moog, Polizeidirektor im Ruhestand und ehemaliger Geschäftsführer des MTK-Präventionsrates, auch wieder vermehrt an Schulen und Familienzentren gebracht werden. Bis jetzt hatte nur das Richter Gymnasium zwei Veranstaltungen für seine Schüler durchgeführt, „es wäre aber schön, wenn auch die anderen weiterführenden Schulen auf dieses Angebot zurückgreifen würden“, wünscht sich Moog. Denn: Aufklärung ist Familiensache – und beginnt oft schon beim Frühstück mit Oma und Opa.
Auch Bürgermeister Albrecht Kündiger unterstützt das Projekt: „Das ist gelebte Generationenverbindung. Die Jungen helfen den Älteren – und am Ende profitieren alle. Das ist moderne Prävention.“
Aufklären, erklären, bestärken
Das Kelkheimer Beraterteam ist auf Wochenmärkten, in Senioreneinrichtungen oder bei Veranstaltungen unterwegs. Sie informieren zu Schockanrufen, falschen Polizeibeamten, WhatsApp-Betrug, Taschendiebstahl oder Gefahren am Bankautomaten. „Wir möchten kein Misstrauen säen – aber gesunden Menschenverstand schärfen“, sagt Urban Egert Geschäftsführer vom Präventionsrat. Sein Amtskollege Andreas Suda ergänzt: „Das ist keine Panikmache – das ist Fürsorge.“
Vertrauen schaffen, wo Misstrauen gesät wird
Wer Interesse an einem Vortrag, Gespräch oder einer Einschätzung hat, kann sich an das Rathaus wenden: Tel. 06195-803 820 oder per Mail an soziales[at]kelkheim[dot]de. Die Seniorensicherheitsberater sind einmal im Monat an einem Samstag auf dem Wochenmarkt anzutreffen. Dort beraten sie ausführlich zu Betrugsmaschen und geben alltagstaugliche Tipps.
Denn gerade im Alter ist das Gefühl von Sicherheit unbezahlbar – und es beginnt oft mit einem offenen Ohr, einem ehrlichen Wort und dem Mut, nicht zu schweigen.