Rebekka Bakken, Cassandra Steen und David Whitley – musikalische Sternstunden in Kelkheim
Kelkheim (ju) – Es gibt Abende, die verweilen – nicht, weil sie laut oder spektakulär sind, sondern weil sie etwas in uns berühren. In der vergangenen Woche erlebte Kelkheim gleich zwei solcher Momente, in denen Musik zur Emotion, Bühne zur Begegnung und Klang zur Erinnerung wurde. Unterschiedlich in Stil und Atmosphäre, aber vereint in Gefühl und Qualität: die Konzerte von Rebekka Bakken im Schlossgarten des Schlosshotels Rettershof und von Cassandra Steen & David Whitley mit der Lumberjack Big Band in der Stadthalle Kelkheim.
Der Zauber des Rettershofs – Rebekka Bakken und die leise Schönheit der Musik
Der Donnerstagabend begann wie ein Märchen: Die Sonne senkte sich golden über die sanften Hügel rund um den Schlossgarten des Rettershofs. Alte Bäume rauschten leise, als wollten sie der Musik lauschen, die da gleich erklingen sollte. Und dann betrat sie die Bühne – Rebekka Bakken, grazil, mit dieser fast schwerelosen Präsenz, die sofort alle Aufmerksamkeit auf sich zog.
Was dann folgte, war mehr als ein Konzert. Es war ein Dialog zwischen Künstlerin und Publikum, zwischen Stimme und Landschaft, zwischen Licht und Klang. Rebekka Bakken sang nicht – sie erzählte, hauchte, lebte ihre Lieder. Ihre Stimme, diese Mischung aus Stärke und Zerbrechlichkeit, durchzog den Garten wie eine warme Brise. Mal tief wie der norwegische Fjord, mal hell wie ein Sonnenstrahl auf der Wasseroberfläche.
Besonders berührend: Wenn sie sprach, wechselte sie spielerisch zwischen Englisch und Deutsch – begann auf die eine Weise und endete auf die andere. Charmant, persönlich, fast ein bisschen schüchtern. Als sie ein norwegisches Kirchenlied anstimmte, wurde es still im Park. Sie sang es in ihrer Muttersprache, mit geschlossenen Augen – und plötzlich war da dieses Gefühl, dass jeder im Publikum in ihre Kindheit schauen durfte, dorthin, wo sie als Dreijährige in der Kirche zu singen begann.
Es war ein Abend, der nicht laut war. Aber er sprach tief. Und lange nach dem letzten Ton blieb etwas zurück – vielleicht Dankbarkeit, vielleicht Frieden, ganz sicher aber eine zarte Gänsehaut.
Rhythmus, Seele und ganz viel Spaß – Cassandra Steen, David Whitley & die Lumberjack Big Band
Der Sonntag startete mit einem kleinen Umweg – nicht im Schlossgarten, wie geplant, sondern wetterbedingt in der Stadthalle Kelkheim. Doch schon ab 17.55 Uhr war klar: Hier geht es nicht um den Ort, sondern um das, was passiert, wenn Musik Menschen zusammenbringt. „Wir sind per Du“, hieß es, und fünf Minuten später wurde das Publikum mit der Titelmelodie des „Tatorts“ in ein musikalisches Abenteuer katapultiert. Live. Voller Wumms.
Die Lumberjack Big Band, geleitet vom charismatisch-schnodderigen Bandleader Alexander Eissele, legte los – und von da an hielt es kaum jemanden auf den Sitzen. Getanzt wurde. Getwistet. Geklatscht. Gelacht. Die Musik war wie eine Welle, die durch den Saal rollte, voller Energie und Lebenslust.
Cassandra Steen, diese Ausnahmestimme, brachte einen Kontrast, der tiefer kaum sein konnte. Ihre sanften, klaren Töne berührten die Seele, besonders in Duetten mit David Whitley, dessen soulige Powerstimme das Publikum zu echten Gänsehautmomenten führte. Ob Klassiker, Covers oder Cassandras berührender Song aus Disneys „Küss den Frosch“ – jeder Song war ein kleiner Moment für sich.
Und dann diese Soli: das Saxophon, das plötzlich ganz allein sprach, die Gitarre, die in flirrende Höhen stieg, das Klavier, das erzählte, als hätte es eine eigene Stimme.
Die Stimmung? Großartig. Befreiend. Leicht. Und voller Liebe zur Musik. Die Devise des Abends lautete augenzwinkernd: „Wer es in Kelkheim schafft, schafft es überall.“
Und ja – sie haben es geschafft. Mit Bravour. Mit Herz. Mit Groove.
Zwei Abende – eine Botschaft: Musik berührt dort, wo Worte nicht mehr reichen
Was diese beiden Konzerte verband, war nicht der Stil, nicht die Bühne, nicht einmal die Sprache – es war das Gefühl. Die Nähe. Die Hingabe.
Am Donnerstag ließ uns Rebekka Bakken in ihre Seele blicken, schenkte uns leise Stärke, Poesie und Stille.
Am Sonntag entfachten Steen, Whitley und die Lumberjacks ein Feuerwerk der Lebensfreude – laut, ehrlich, voller Seele.
Und dazwischen: Kelkheim. Menschen, die zuhören, tanzen, fühlen. Zwei Nächte, die uns zeigen, was Musik vermag. Wenn sie mehr ist als Unterhaltung. Wenn sie Begegnung ist. Herzschlag. Atem.
Es war Musik für die Sinne. Und Balsam für die Seele.
Und vielleicht, ja vielleicht, bleibt dieses Gefühl noch ein bisschen länger. So wie ein Lieblingslied, das man nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Oder ein Sonnenuntergang, den man nie ganz vergisst.