Vor 100 Jahren starb Großherzogin Adelheid Marie

Mitten im ersten Weltkrieg (1914-1918) verdrängten im November 1916 an zwei aufeinander folgenden Tagen die Todesmeldungen zweier Persönlichkeiten die Kriegsmeldungen von der ersten Seite der Taunuszeitung: Am 23. November 1916 wurde ganzseitig der Tod von Kaiser Franz Josef von Österreich, der das Ende eines mehr als 50-jährigen Zeitalters markierte, bekannt gegeben.

Einen Tag später, am Freitag, 24. November 1916, war es der am frühen Morgen desselben Tages erfolgte Tod der Großherzogin Adelheid Marie, der die Titelseite in Anspruch nahm und die Königsteiner Bevölkerung zutiefst erschütterte.

Die im Jahr 1833 geborene Prinzessin von Anhalt-Dessau kam nach ihrer Hochzeit mit Herzog Adolph von Nassau (1817-1905) bereits auf der Hochzeitsreise 1851 nach Königstein und stieg hier im Hotel „Stadt Amsterdam“ in der Hauptstraße 15, auch als „Hotel Colloseus“ bekannt, ab. Offensichtlich gefiel es beiden in der Taunusstadt so gut, dass Herzog Adolph 1858 das ehemalige kurmainzische Amtshaus als Sommervilla für die Familie erwarb. Als Preußen nach dem Sieg im deutsch-deutschen Krieg um die Vorherrschaft im Reich 1866 das Herzogtum Nassau annektierte, kehrte die herzogliche Familie nur nach Königstein als einzigem Ort im ehemaligen Herzogtum Nassau zurück. In den Jahren 1873 bis 1877 wurde die Sommervilla renoviert und zu einem kleinen Schloss unter der Leitung des belgischen Architekten Bordiau umgebaut.

Auf Grund von nassauischen Erbfolgeregelungen wurde Herzog Adolph 1890 im Alter von 73 Jahren noch Großherzog von Luxemburg. Vor allem war es Großherzogin Adelheid Marie, die regelmäßig nach Königstein kam und hier auch oft von ihren sechs Enkelinnen besucht wurde. Auch war oft deutscher und europäischer Hochadel zu Besuch. Dies war natürlich als gute Werbung für den aufstrebenden Kurort Königstein zu sehen.

Für Königstein hatten die großherzoglichen Sommeraufenthalte große Bedeutung. Die hiesigen Gewerbetreibenden, ob Handwerker, Lieferanten oder auch Fotografen, erhielten so manchen Auftrag. Einige erhielten auf Antrag später die Genehmigung, ihrer Berufsbezeichnung den Titel „Großherzoglicher Hof …“ voranzustellen. Zu ihnen ist auch der „Großherzogliche Hoffotograf“ Franz Schilling zu zählen. Für die betreffenden Gewerbetreibenden war dies sehr werbewirksam. Die Anwesenheit der Großherzogin und ihrer Familie wurde in der wöchentlich erscheinenden Kurliste vermerkt, auch dies trug zum guten Ruf Königsteins als Kurort und Sommerfrische bei.

Von großer Bedeutung war das wohltätige Wirken von Adelheid Marie. Vor allem die evangelische Kirchengemeinde erhielt reichliche Gaben und „Platzgeschenke“, also Grundstücke. Damit wurde der evangelischen Gemeinde der Bau von Kirche (1888), Pfarrhaus (1908) und Gemeinde- und Schwesternhaus (Herzogin-Adelheid-Stift, 1912) ermöglicht. Ebenso erhielt das katholische, 1912 erbaute Krankenhaus Spenden, auch übernahm die Großherzogin die Kosten eines Fonds für ein „Freibett“, das unbemittelten Kranken jeder Konfession zur Verfügung gestellt werden sollte. Sie hatte ebenfalls das Protektorat über zahlreiche Wohltätigkeitsveranstaltungen inne, so dann auch seit 1914 über die Kriegsfürsorge.

Adelheid Marie hatte Kontakt zur Kronberger Malerkolonie und malte auch selbst. In Königstein zeugen heute noch Verzierungen in der evangelischen Immanuelkirche von ihrem künstlerischem Wirken. 1915 erhielten die Königsteiner die Möglichkeit, ihre im heutigen Rathaus ausgestellten Werke zu besichtigen.

Noch mit 80 Jahren ritt Adelheid Marie durch den das Schloss umgebenden Park. Seit Frühjahr 1916 hielt sie sich in Königstein auf, im Spätsommer wurden Meldungen über ihren schlechten Gesundheitszustand bekannt. Mit 83 Jahren verstarb sie am 24. November 1916, die Taunuszeitung schrieb dazu: „Unser Königstein selbst dürfte die Fürstin am meisten vermissen“. In den Tagen danach wurde die Leiche in der evangelischen Kirche öffentlich aufgebahrt, Hunderte von Menschen zogen an ihr vorbei. Am vierten Tag nach ihrem Tod wurde der Sarg nach der von Hofprediger Karl Bender durchgeführten Trauerfeier von der Kirche durch die schwarz beflaggten Straßen zum Bahnhof geleitet, die Glocken der beiden Kirchen läuteten hierzu.

Von Königstein aus erfolgte die Überführung mit dem Zug nach Weilburg an der Lahn, wo Großherzogin Adelheid Marie in der Fürstengruft der Nassauer beigesetzt wurde.

„Vom Burgberg unter den Ruinen der alten Veste grüßte das jetzt vereinsamte Schloss, an dem die nassauischen Farben niedergeholt wurden, seit des Landes letzte Herzogin die Augen zu ewigem Schlummer schloss“, schrieb die Zeitung nach der Bestattung der Großherzogin und umschrieb mit diesen Worten auch das Ende einer Epoche.

Beate Großmann-Hofmann, Stadtarchiv

Großherzogin Adelheid Marie.



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