Königstein (hhf) – Als engagierter Politiker beherrscht Alexander Freiherr von Bethmann nicht nur klare Worte, sondern auch die passende Mimik dazu. Aus diesem Repertoire huschte ein ganz spezielles hintergründiges Lächeln über sein Gesicht, als er sein Grüppchen am Kassenhäuschen im Burgeingang anmeldete: „Wir sind ja alles Königsteiner“, und damit vom Eintrittsgeld befreit, so steht es in der Schenkungsurkunde der letzten Burgbesitzerin an die Stadt Königstein festgeschrieben.
Das hintergründige Lächeln bezog sich auf die Tatsache, dass diese Zugehörigkeit seiner Gefolgschaft nicht unbedingt auf den ersten Blick anzusehen war, und tatsächlich sind die Asylbewerber auch noch nicht sehr lange im Taunusort gemeldet, also Neubürger, die sich auch mit der Sprache noch etwas schwertun. Dennoch hat der ehemalige Stadtverordnetenvorsteher den erfreulich hohen Intergationsgrad im Ort wohl etwas unterschätzt, scholl es doch aus dem Kassenhäuschen zurück: „Ja, klar, ich weiß. Wollt Ihr‘nen Lolli für unterwegs?“
Natürlich liegt das auch daran, dass die jungen Männer auf der Burg keine Unbekannten mehr sind, auf Vermittlung des Freundeskreises Asyl, der an diesem Tag von Dieter Otto vertreten war, hatten sie nämlich ihren Teil zum Gelingen des Burgfestes beigesteuert und die Zäune der Security auf- und wieder abgebaut. Damit haben sie dem Burgverein eine Menge Geld gespart, immerhin handelte es sich um etwas mehr als 200 Elemente und die dazugehörigen Betonfüße, man darf hier sicherlich von „Knochenarbeit“ sprechen.
Selbstverständlich hatte es dafür auch Freikarten für das Burgfest gegeben, plus fachkundige Begleitung durch das bunte Treiben, doch stellte sich dabei heraus, dass der „Kulturschock“ eines so großen Festes, auf dem der in manchen Religionen verpönte Alkohol keine geringe Rolle spielt, vielleicht doch etwas zu stark war. Umgekehrt zeigte sich aber Interesse an einem Besuch der Burg in Ruhe, um den geschichtlichen Hintergrund besser und auch in englischer Sprache plus Hände und Füße besser zu erfassen.
Genau das hatte der Burgverein daraufhin versprochen und nun lösten Alexander von Bethmann und Dagmar Reuter dieses Versprechen ein. Eis essen stand auch noch auf dem Programm, aber zuerst ging es in fröhlicher Runde durch die alten Gemäuer. Höhepunkt war schließlich – wie sollte es anders sein – der Gang auf den Turm, wo sich nicht nur die wunderbare Aussicht bewundern ließ, sondern auch ein Blick auf die Heimatstadt, gepaart mit der Frage: „Wo wohne ich eigentlich?“
Dieses Verfahren sei an dieser Stelle übrigens allen Neuzugezogenen empfohlen.
Empfehlen kann man auch die Mithilfe beim „Freundeskreis Asyl“, das Engagement dieser Gruppe sei hier einmal ausdrücklich gelobt und mancher anderen Gemeinde zur Nachahmung vorgeschlagen. Interessant ist auch die Einbindung der Flüchtlinge in das Vereinsleben, sicherlich ein „Win-Win-Geschäft“, denn nicht umsonst gelten Vereine auch als Kontaktbörsen. Für die Neuankömmlinge also ein ideales Angebot, um vor Ort Fuß zu fassen und ihre freie Zeit sinnvoll zu verbringen, für die Vereine aber auch wertvolle Hilfskräfte, denn ehrenamtlicher Einsatz ist Asylanten im Gegensatz zu Berufstätigkeit nicht verboten. Ein Abendessen auf Vereinskosten übrigens auch nicht, aber das spart schon wieder etwas vom knappen Geld.
Besonders prädestiniert ist hier natürlich der Sport, wo man Sprachprobleme weitgehend ausklammern kann. Auch hier „funktioniert es“ in Königstein schon recht gut, wie Horst-Günther Falkenhan im Namen des Freundeskreises Asyl vor kurzem mitteilte: „Besonders dankbar bin ich dafür, dass sieben junge Asylsuchende einmal pro Woche am Fußballtraining der SG Blau-Weiß Schneidhain teilnehmen können. Der ganze Vorstand hat sich sehr verdient gemacht für dieses Gelingen, vor allem der Abteilungsleiter Marc Schindling und die für Finanzen zuständige Ruth Still.“ Letzteres ist durchaus erwähnenswert, denn Vereinsbeiträge können Asylbewerber kaum bezahlen, müssen aber zum Beispiel über den Verein versichert werden oder eben auch anteilig Beiträge für Hallen oder nagelneue Sportplätze abführen. Und natürlich für fachkundige Betreuung, nicht nur seitens der Trainer: „Auch Herr Pöschl vom FC Königstein, der dies vermittelte, war eine große Hilfe“, fährt Falkenhan fort, denn Jörg Pöschl war aufgefallen, dass die jungen Männer, die zunächst wohnungsnah in Königstein mitspielten, mit dem „Leistungsgefälle“ zu der in höherer Liga spielenden Mannschaft zu kämpfen hatten, was wiederum den Spaßfaktor etwas verringerte.
Gerade hier zeigt sich, wie wichtig für alle Menschen die individuelle Betreuung ist, und damit ergibt sich auch das wichtige Argument für eine dezentrale Unterbringung, sofern dies irgendwie möglich ist. Die Betreuung der zahlenmäßig zu bewältigenden ersten „Welle“ von Asylbewerbern ist in Königstein und Stadtteilen sicher gut gelaufen, woran auch die Stadtverwaltung, namentlich Suzanne Müller-Hess, ihren festen Anteil hat. Ob dies bei einer größeren Menge in Zukunft auch gelingen kann, wird sich zeigen, aber vielleicht erwächst ja auch ungeahnte Hilfe, denn die bisher gut integrierten Flüchtlinge könnten ihren Leidensgenossen sicherlich bei den ersten Schritten im unbekannten Königstein auch schon wieder zur Seite stehen.
Schon wieder steht ein Geländer im Vordergrund, aber diesmal ist es nicht zum Tragen: Dagmar Reuter (links) und Alexander Freiherr von Bethmann (rechts) bedankten sich bei den Asylbewerbern für ihre Hilfe am Burgfest mit einer Burgführung und einem Eis.
Foto: Friedel