Friedrich Stoltze – Gedichte und Geschichten zu den Jahreszeiten

Königstein (bh) – Vor allem seine bekanntesten Verse aus dem Frankfurt-Gedicht – „die Einheimischen“ kennen sie gut und kaum einer der Zugezogenen hat sie nicht zumindest schon gehört: „…un es will merr net in mein Kopp enei, wie kann nor e Mensch net von Frankfort sei! …“ – sind meistens das Erste, was mit Friedrich Stoltze in Verbindung gebracht wird. Deshalb hatte sich der Falkensteiner Stoltze-Experte Hermann Groß etwas Besonderes ausgedacht; es ging schließlich um nichts Geringeres, als den nach Goethe wohl bekanntesten Frankfurter Dichter und Schriftsteller zu seinem 200. Geburtstag zu ehren. Und sehr viele Gäste kamen in die Stadtbibliothek – zusätzliche Stühle mussten noch beigebracht werden –, um sich mitnehmen zu lassen von Hermann Groß zu „einem Gang durch das Jahr mit Friedrich Stoltze“. „Quer durch die Jahreszeiten“ habe er die Gedichte und die Prosa ausgesucht, die an vielen Stellen „nicht nur vom Leben Stoltzes erzählten, sondern auch dessen Sympathien für eine republikanische Demokratie immer wieder aufblitzen ließen“, führte Groß in das Thema des Abends ein. Vieles schrieb Stoltze in Mundart, denn „die Mundart liebt Verkleinerung, wie zum Beispiel die Meedscher und die Blümscher, und Stoltze liebte sie daher ganz besonders“, so Groß und man spürte, dass er diese Liebe selbst auch teilte. Der Rundgang durch das Jahr begann mit dem von passenden Bildern begleiteten Vortrag am Jahresanfang, im Winter. Mit dem Gedicht „Die Heiligen Drei Könige“ brachte Groß gleich ein charakteristisches Beispiel für den Jubilar: „Es fängt harmlos an, dann kommt der typische Stoltze heraus, es wird also auch politisch.“ Auszüge aus der autobiografischen Novelle „Die Flucht aus Königstein“ erzählten dann von Stoltzes Kuraufenthalt in dem Taunusstädtchen, er litt unter Angstzuständen und Schlaflosigkeit, und seiner Behandlung durch den Medizinalrat Pingler in dessen Kaltwasseranstalt am Ölmühlweg. Untergebracht im Hotel Pfaff am heutigen Parkplatz unterzog sich Stoltze auf Verordnung Pinglers einer Rosskur mit Neptungürtel genannten kalten Körperwickeln und Wanderungen durch den fußhoch liegenden Schnee, die dieser mit Hilfe seiner Frau Marie durchstand und die der Schlaflosigkeit dann auch ein Ende bereiteten. „Mit dem Schlaf kam auch allmählich das Vertrauen zu mir selbst wieder“, schrieb Stoltze und berichtete von dem gemeinsam mit Dr. Georg Pingler bestandenen Abenteuer im Winter 1860, im Schneesturm zwischen dem Kreisel und dem heutigen Opel-Zoo: Der Beginn einer lebenslangen Freundschaft zwischen Stoltze und seinem Leibarzt.

Das hochdeutsche Gedicht „Wieder Winter“ schloss den ersten Abschnitt auf der Wanderung durch das Jahr ab und mit der „Frühlingsankunft“ kamen die Zuhörerinnen und Zuhörer in den Genuss einer von Stoltzes so eigenen Wahrheiten: „…wenn er auch im März net kimmt, kimmt er später, ganz bestimmt.“ Gefolgt von den zwei Frühlingsliedern des Dichters, eines in Hochdeutsch, eines in Mundart – und zu Letzterem verriet Hermann Groß, dass dieses der Anstoß für ihn gewesen war, sich mit Stoltze zu beschäftigen. Mit dem Gedicht Eppstein aus der Serie Taunusbilder brachte er zudem ein Beispiel für dessen auch sehr romantische Sprache „…des Eises Perle schmolz zur Freudenzähre…“ und mit „Verrzeh Döchter“ wieder eines der bekannteren Werke.

Weiter ging es durch das Jahr mit dem Übergang zum Sommer am „Pfingstdienstag in Frankfurt am Main“, dem Wäldchestag: „…In Wald, da muss heut Jedes, zu Kutsch, zu Pferd, per Eisebah, zu Nache un per Pedes.“ Das nachfolgende Gedicht „Sommerabschied“ untermalte Hermann Groß mit so wunderschönen Aufnahmen aus dem Taunus, dass diese bereits einen Besuch dieses Vortragsabends wert gewesen wären.

Zu den Zitaten aus „Herbst“ und den Martinsgänsen, gefüllt mit Kastanien und Äpfeln, vermutet Groß, dass Stoltze die häufig in seinen Gedichten erwähnte Speise „des fröhlich Martinifest“ anscheinend besonders gemocht hatte. Nach der Prosa in Frankfurter Mundart „Die Geschischt vom ‚Parre Kännche‘“, ein recht trinkfester Frankfurter Pfarrer, der seine Bekanntheit Stoltze verdankt, schloss sich der Jahreszeitenzyklus mit „Wieder Winter“ und der Vortrag des Lokalhistorikers Groß mit Stoltzes Gedichten „Stöffche hat Zauberkraft“ und „Aanich“ (einig).

Simone Hesse, Leiterin der Stadtbibliothek, dankte Hermann Groß für seine Begleitung durch das Stoltze-Jahr und lud mit Bezug auf die soeben verkündete Zauberkraft des hessischen Nationalgetränks alle Zuhörerinnen und Zuhörer auf einen abschließenden Umtrunk mit dessen heißer Variante ein. Jedoch nicht ohne vorher den Termin mit Hermann Groß für das kommende Jahr bekannt zu geben: „Die Heiligen Drei Könige – in Geschichte, Literatur und Kunst“ – am 24. Januar 2017 in der Stadtbibliothek. Es dürfen dann sicher wieder viele Stühle bereitgestellt werden.

Der bekannte Mundartspezialist Hermann Groß war mit Friedrich Stoltze spürbar und hörbar „in seinem Element“.

Foto: Heute



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