„Mit ganzem Herzen dabei sein“: 20 Jahre „Herzen für eine Neue Welt e.V.“

Mit der Spende über 40.000 Euro wird die Einzäunung des Kinderdorfes erneuert, außerdem soll ein neues Fahrzeug angeschafft werden. Von links nach rechts: Dr. Walter Leidinger, 2. Vereinsvorsitzender der „Herzen“, Dr. Norbert Reiß (Zweiter von rechts) mit einem Kollegen aus dem Verein „Zahnärzte helfen“ und Gerhard Benner, 1. Vereinsvorsitzender der „Herzen“.
Fotos: Krüger

Königstein (sk) – Zwanzig Jahre Projektarbeit liegen mittlerweile hinter dem gemeinnützigen Verein „Herzen für eine Neue Welt e.V.“ Gegründet wurde er 1998 in Königstein von Dr. Dieter Arnold mit sieben Freunden und dem Ziel, die Lebensbedingungen der Landbevölkerung und insbesondere die der häufig in Not lebenden Kinder in den Hochanden Perus nachhaltig zu verbessern.

Nach nunmehr zwei Jahrzehnten unermüdlichen Engagements und enormer Herzensarbeit von zahlreichen Ehrenamtlichen, Freiwilligen, Spendern, Sponsoren, Hilfsorganisationen und einer Vielzahl von engagierten Herzenshelfern vor Ort präsentiert sich der Verein als vorbildliches Sozialprojekt, das sich die Auszeichnung des Landes Hessen zur „Stiftung des Jahres 2015“ zweifellos verdient hat.

Paten- und Informationsabend

Vergangenes Wochenende fand aus Anlass des zwanzigjährigen Bestehens ein Paten- und Informationsabend im Bürgerhaus in Falkenstein statt. Rote Herz-Luftballons und kleine rote Papierherzen auf den hübsch dekorierten Tischreihen empfingen die Gäste mit herzlicher Wohlfühlatmosphäre. Der Saal war gut besucht und die vielen ehrenamtlichen Unterstützer beseelt von dem Spruch „Tu Gutes und es kommt Gutes zurück!“

Eine junge Peruanerin, selbst in Peru geboren, dort aufgewachsen und im Alter von 17 Jahren nach Frankfurt gekommen, erzählte beispielsweise, dass sie erst seit acht Monaten Patin des Herzen-Vereins und dankbar dafür sei, dadurch einen Weg gefunden zu haben, etwas von dem zurückzugeben, was sie selbst bekommen habe, nämlich eine gute Schulbildung mit gesicherten Zukunftschancen. Genau das ist eines der vielen Projekte, für die sich der Verein stark macht – bessere Bildungschancen und Bildungszugänge: „Denn der nachhaltigste Weg aus der Armut ist der Schulweg“, wie ein ehrenamtlicher Unterstützer das Engagement des Vereins treffend formulierte.

20 vertrauensvolle Jahre

Der erste Vereinsvorsitzende, Gerhard Benner, moderierte den Projektabend. Er spannte in seinem Bericht über die 20-jährige Vereinsarbeit einen informativen Bogen von den Gründungsjahren bis zur heutigen Erfolgsgeschichte des Vereins und wagte sogar einen Blick in die Zukunft. Im Gedenken an den 2014 verstorbenen Gründer Dr. Arnold, resümierte der Vorsitzende dessen Ideen und Visionen, die in der Vereinsarbeit fortgeführt und weiter entwickelt werden.

Mit Stolz erfülle ihn, dass alle Paten, Sponsoren und Förderer dem Verein treu geblieben seien und damit zum Ausdruck brächten, dass die Arbeit des Vereins vertrauenserweckend und verantwortungsvoll sei. Dies sei ein Verdienst aller an dem Projekt Beteiligten, die sich mit ganzem Herzen für die Menschen in Peru einbringen und jeder für sich einen unschätzbaren Wert für die Umsetzung der mittlerweile zahlreichen Projekte bedeute.

Bildung, Gesundheit, Umwelt

Der zweite Vereinsvorsitzende, Dr. Walter Leidinger, informierte die Gäste über die einzelnen Projekte in der landschaftlich einzigartigen und wunderschönen Region Cusco, die von zahlreichen Stätten der Inka umgeben ist und von vielen Touristen auf ihrem Weg zu den Ruinen von Machu Picchu durchreist wird. „Unsere Organisation fußt auf den drei großen Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales sowie Umwelt und Ökologe“, erklärte Dr. Leidinger.

Das Kinderdorf

Das Herzstück der Hilfsorganisation ist das Kinderdorf Munaychay auf einer Höhe von 3.200 Meter am Fuße des Chicòn-Gletschers. 70 teils verwaiste Kinder werden dort liebevoll im Einklang mit ihrer landeseigenen Kultur von Hausmüttern, Sozialassistenten, Psychologen, Köchinnen und etwa 15 Freiwilligen betreut, die dort ihr Soziales Jahr absolvieren. Neben Erziehung und medizinischer Versorgung, einer guten Schulbildung und ausgewogener Ernährung erhalten die Kinder vor allem familiäre Zuwendung und Liebe als Fundament für eine bessere Zukunft.

Die lediglich durch Spenden finanzierte Renovierung und Aufstockung des Gemeinschaftshauses in Munaychay sei inzwischen abgeschlossen und von der deutschen Konsulin eingeweiht worden, betonte Dr. Leidinger mit Stolz. Eine Zahnarztpraxis und sogar ein MINT-Raum mit zahlreichen Mikroskopen konnten dort untergebracht werden. Das nächste Etappen-Ziel werde eine stabile Internetverbindung sein.

Jugendhaus, Krippe, Schulnetzwerk

In Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) unterstützt der Herzen-Verein durch sein Schulnetzwerk die regionalen Schulen, indem Schulspeisungsprogramme, Lehrer und Schulmaterial finanziert werden. Das Projekt „Lernen mit Herz“ ermöglicht es vielen bedürftigen Familien, ihre Kinder durch die finanzielle Familienförderung auf weiterführende Schulen zu schicken. „Hier müssen wir viel Aufklärungsarbeit leisten, weil der weiterführende Schulbesuch für die Kinder und insbesondere ihre Eltern überhaupt nicht wichtig ist“, so Dr. Leidinger.

In der 2011 eröffneten Kinderkrippe werden Babys und Kleinkinder ab dem siebten Lebensmonat betreut. Dies erleichtere den jungen, teils allein erziehenden Müttern den Alltag und auch den Wiedereinstieg in ihren Beruf, erklärte der Vorsitzende.

Ehemalige Kinderdorf-Kinder können in einem eigenen Haus während ihrer Ausbildung oder ihres Studiums zusammen selbstständig leben ohne auf die familiäre Eingliederung und Unterstützung verzichten zu müssen. Zudem sei das Agrarzentrum, das dem Anbau eines Großteils der im Kinderdorf benötigten Lebensmittel zur Selbstversorgung dient, weiter ausgebaut worden zu einem Bildungs- und Informationszentrum mit eigener Schreinerei, freute sich Dr. Leidinger.

Medizinische Grundversorgung

„In zwei Gesundheitszentren können wir eine Basis-Grundversorgung sicherstellen“, informierte der zweite Vereinsvorsitzende. Mit dem gemeinnützigen Verein „Zahnärzte helfen e.V.“ habe man einen soliden Partner an der Seite, der jedes Jahr etwa 30 Zahnärzte in die Region verschicke, die alle umsonst arbeiteten und auf eigene Kosten anreisten.

Dr. Norbert Reiß, Vereinsvorsitzender und Chef der zahnärztlichen Vereinigung Dieburg – mittlerweile im Ruhestand, aber seit vielen Jahren immer wieder vor Ort aktiv – referierte mitreißend über die aktuellsten Erfolge in der zahnmedizinischen Versorgung. Er berichtete stolz über die kompetente Zahnärztin vor Ort, die den neu installierten Behandlungsstuhl bestens im Griff habe und verlässlich die vielen Löcher in den Zähnen der kleinen und großen Patienten fülle.

Er sammelt unbeirrt Spenden für die Prophylaxe-Arbeit, die Ausbildung der Zahnheilkunde vor Ort und die notwendige zahnärztliche Grundversorgung. Mit einer Spende über 40.000 Euro honorierte er im Namen des Vereins „Zahnärzte helfen e.V.“ die verlässliche Zusammenarbeit mit dem Hilfsprojekt „Herzen für eine Neue Welt“.

Finanzierung der Projektkosten

Die Büroleiterin des Vereins, Angelika Kilb, erläuterte das solide Finanzkonstrukt der Projektarbeit. Die laufenden Projektkosten von jährlich etwa 500.000 Euro werden hauptsächlich durch die rund 400 Patenschaften, die Spenden und durch die Erlöse aus dem Verkauf von Alpaka-Strickwaren und landestypischen Handarbeiten aufgebracht. In diesem Jahr hat der Verein bereits über 640.000 Euro eingenommen. Und seit Bestehen des Vereins (1998) konnten bereits über 7 Millionen Euro in Projekte des Vereins investiert werden. Dabei belaufen sich die Verwaltungskosten auf knapp 13 Prozent des Spendenaufkommens.

Junge Freiwillige als Stütze

Einen besonders erwähnenswerten Anteil an dem Gelingen der Projektarbeit vor Ort haben die jungen Erwachsenen, die als sogenannte Freiwillige ihr Soziales Jahr in den einzelnen Projekten vor Ort absolvieren. „Sie sind eine unverzichtbare Stütze für unsere Projektarbeit“, lobte Gerhard Benner den Einsatz der Freiwilligen, die in Peru kein Fünf-Sterne-Urlaub erwartet, sondern die – weit weg von ihrem Zuhause und ihren gewohnten Lebensumständen – teilweise eiskalte Bedingungen in einfachsten Unterkünften vorfinden und nicht selten von unschönen Parasiten heimgesucht werden.

Die rund 50 ehemaligen und künftigen Freiwilligen, die den Projektabend begleiteten, waren bester Stimmung. Einige von ihnen waren erst im Juli dieses Jahres aus Peru zurückgekommen. Das Glänzen in ihren Augen war noch deutlich sichtbar und die Freude, alte Bekannte wieder zu sehen oder die Aufregung, ihre Erfahrungen mit den noch unwissenden, künftigen Freiwilligen und einem größeren Publikum im Bürgerhaus zu teilen, verbreitete auf dem Projektabend eine ausgelassene Stimmung.

Noch mit großem Respekt vor den Aufgaben, die sie in Peru zu bewältigen haben, sind die Freiwilligen vergangenes Jahr in ihr Herzens-Abenteuer gestartet. Und nun sind sie mit dem sicheren Gefühl des Erfolges, die Herausforderungen eines solchen Sozialen Jahres gemeistert zu haben, wieder heimgekehrt, mit unschätzbar wertvollen Erfahrungen und Erkenntnissen, die ihre nahe Zukunft zweifelsohne beeinflussen werden. Die kaum zu beschreibende, zugleich glückliche und enorm motivierte Ausstrahlung der jungen Schulabgänger ist berührend. Und spätestens nach der Bildpräsentation von Carolin und Konrad über ihren Alltag im Kinderdorf stellte sich bei dem einen oder anderen Gast der Wunsch ein, etwas von dem abzugeben, was teils im Überfluss vorhanden ist.

„Uns geht es allen so gut!“, lautete deshalb auch das Fazit von Gerhard Benner, das mit Blick auf die einzelnen Schicksale der Kinder in den Hochanden Perus von keinem der anwesenden Gäste in Zweifel gezogen wurde. Die Webseite des Vereins www.herzenhelfen.de bietet vielfältige Informationen und Möglichkeiten, den Verein zu unterstützen, beispielsweise durch eine Patenschaft, durch Spenden oder ehrenamtliche Mitwirkung.

Gestalteten einen ganzen Teil des Programms: Ehemalige und zukünftige Freiwillige, die sich für ein Soziales Jahr in Peru mit dem Herzens-Verein entschieden haben.

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