James Rizzi – Liebeserklärung an NYC

Ute Jope mit Rizzi-Kunst und Modell des Rizzi-Bird Fliegers. Foto: Scholl

Königstein (gs) – Wenn Sie ihr unbedarftes Gegenüber fragen: „Kennen Sie James Rizzi?“, dann verneinen die meisten Menschen. Beschreiben Sie aber seine farbenfrohe 3D-Kunst, so kommt als Antwort „Ach so der – klar, den kenne ich!“.

Mit dieser Feststellung eröffnet Ute Jope in der Stadtbibliothek Königstein ihren gewohnt fachkundigen Vortrag über das Leben und Werk dieses außergewöhnlichen Künstlers. Ute Jope ist ein echtes Original und sichtbar in ihrem Element, als sie beginnt, über das Leben James Rizzis zu erzählen. Schon ihr Outfit spiegelt ihre persönliche Begeisterung für den Künstler und seine Werke wider. Gekleidet ist Ute Jope an diesem Abend in echten „Pop- Art“-Farben – knallbunt und fröhlich.

Der Künstler James Rizzi, geboren am 5. Oktober 1950 in Brooklyn, New York, entstammte einem katholischen Elternhaus. Die Familie hatte sowohl italienische als auch irische Wurzeln und das Thema Bildung hatte einen hohen Stellenwert. Rizzi besuchte eine öffentliche Grundschule und schloss danach erfolgreich die High School in Brooklyn, New York, ab. Sein Interesse galt dem Sport, vornehmlich dem Baseball, und Reisen. Er war schon in jungen Jahren sehr unabhängig und verfügte über einen großen Freiheitsdrang. Als er im Alter von neun Jahren Streit mit seinem Bruder hatte, hinterließ er kurzerhand einen Abschiedsbrief, in dem er sich bitterböse über seinen Bruder beklagte und verließ sein Zuhause. Wahrscheinlich kam er nur ein paar Blocks weit, aber der Grundstein für seine Unabhängigkeit war gelegt.

Später jobbte James Rizzi Backstage im Madison Square Garden New York und kam dadurch mit den Musikgrößen seiner Zeit, z.B. den Rolling Stones, in Kontakt. Diese „wilde“ Zeit sollte ihn für sein späteres Leben prägen. James Rizzi liebte die Nationenvielfalt in New York, das bunte Treiben auf den Straßen und die wilden Partys.

Zum Studium kehrte der Künstler New York den Rücken und studierte in Gainsville/Florida zunächst Betriebswirtschaft. Hier verwirklichte er seine erste „verrückte, künstlerische Idee“. Er mietete ein Haus, nahm zwei Mitbewohnerinnen auf und „renovierte“ das Haus aus Kostengründen selbst – indem er die Wände mit eigenen Bildern bemalte. Leider wurde das Haus später abgerissen. „Stünde es noch“, so merkt Ute Jope an, „wäre es heute sicher ein Vermögen wert.“

Vielleicht war dieses Kunstprojekt sein Einstieg in die Malerei, denn James Rizzi begann, alles zu bemalen. Egal ob Wände, Schuhe, Taschen oder Geschirr. Vor Rizzis Kunst war nichts sicher. Seine Lehrer an der Universität entdeckten das außerordentliche Talent sehr früh und animierten ihn, an der Kunstklasse teilzunehmen. Neben dem BWL-Studium, das er weiterführte, studierte Rizzi Musik, Philosophie, Theaterwissenschaft und Kunst.

Sicher ist es dieser ungewöhnlichen Fächerkombination geschuldet, dass James Rizzi in der Kunst auch immer einen kommerziellen Aspekt sah. Sein Anspruch war es, dass Kunst Spaß machen sollte. Aus diesem Gedanken begründet sich auch seine Kunst auf Alltags- und Gebrauchsgegenständen, wie z.B. Porzellan, Gläsern und sogar einer deutschen Briefmarke (2008). Ein gutes Beispiel für seine zeitlose Pop-Art-Kunst auf Gebrauchsgegenständen ist das aktuelle Angebot eines großen Kaffeerösters in Form einer Kaffeemaschine im Rizzi-Design. Die Kunst sollte, nach Rizzis Philosophie, für „alle Menschen“ da sein, nicht nur für Sammler und Museen.

Im Jahr 1973, im Alter von 23 Jahren, kehrte James Rizzi nach New York zurück und bezog eine Wohnung im Künstlerviertel Soho. New York hatte sich zur Kunsthauptstadt entwickelt und Rizzi verdiente sich seinen Lebensunterhalt unter anderem mit dem Verkauf seiner Bilder auf der Straße. Eine besonders einträgliche Verkaufsstelle war die Treppe des „Metropolitan Museum of Modern Art“. Rizzi machte sich als wichtiger Vertreter der Pop-Art in der Kunstwelt einen Namen und seine Kunst zierte die Plattencover namhafter Rockbands. 1974 hatte er erstmals die Gelegenheit, seine Bilder im New Yorker Brooklyn Museum auszustellen. Schon 1973 begann James Rizzi, seine weltberühmten 3D-Bilder zu erschaffen. Diesen Bildern liegt ein aufwändiges Verfahren zugrunde. Das eigentliche Bild wird dupliziert und jedes einzelne Objekt wird haargenau ausgeschnitten. Dann werden die ausgeschnittenen Objekte mittels kleiner Styropornoppen auf dem Originalbild aufgeklebt. Dadurch entsteht ein plastisches Bild in 3D-Optik.

Da diese Kunst-Technik sehr zeit- und arbeitsaufwändig war, brauchte er Kunsthelfer. Zeitweise beschäftigte James Rizzi den Großteil seiner Familie in seinem Atelier. Trotz seiner großen Erfolge auf dem Kunstmarkt hatte James Rizzi keine Starallüren. Er war eine Frohnatur und seine Bilder transportierten seine Botschaft an die Welt: „Genießt das Leben!“ Auch in den dunklen Stunden New Yorks, am 11. September 2001 verlor James Rizzi nicht die Freude am Leben. Er zeichnete die zerstörten Zwillingstürme – grau und düster – gefüllt mit poppig bunten Blumen. Dies war sein Zeichen an New York und die Welt, den Mut nicht zu verlieren.

Rizzi war, so hat die Recherche von Ute Jope ergeben, überhaupt ein positiver, fröhlicher Mensch, der das Leben an sich und „seine“ Stadt New York liebte. Seine positive Lebenseinstellung und seine Fröhlichkeit zeigen sich auch in fast allen seinen Bildern. Manche Bilder regen den Betrachter geradewegs dazu an, Dinge zu suchen – ähnlich den Wimmelbildern. Und tatsächlich gibt es Objekte, die Rizzi immer wieder in seinen Bildern „versteckte“, wie das gelbe N.Y. Taxi oder den „Rizzibird“. Seine naive, zeitgenössische Kunst spricht viele Menschen auch heute noch an. Sie findet sich auf Geschirr, Autos (Rizzi-Beetle), dem Happy-Rizzi-Haus in Braunschweig, Schuhen, Plattencovern und – auf einem Flugzeug! Dieses Flugzeug der Fluggesellschaft Condor ist es auch, welches als Modell im Maßstab 1:50 an diesem Abend auf dem Tisch zu bewundern ist. Mitgebracht hat es das Ehepaar Schoiber aus Falkenstein. Franz Schoiber konnte den zirka 30 Gästen an diesem Abend zu diesem besonderen Objekt eine ganz wunderbare und sehr persönliche Geschichte erzählen.

Entstanden ist dieses Flugzeugmodell anlässlich des 40. Geburtstags der Fluggesellschaft Condor im Jahr 1995. Franz Schoiber gehörte in den Jahren von 1990 bis 2000 dem Vorstand der Fluggesellschaft an. Anlässlich des bevorstehenden Firmengeburtstags hatte er die Idee, ein Flugzeug von einem namhaften Künstler „bemalen“ zu lassen. Die drei Künstler Friedensreich Hundertwasser, Günther Uecker und James Rizzi bekamen unabhängig voneinander den Auftrag, je ein Modell malerisch zu gestalten. Besonders interessant war die Tatsache, dass die Künstler nichts von dem Auftrag des jeweils anderen wussten. Bei der Präsentation der Modelle vor dem eigens dazu einberufenen Aufsichtsrat des Unternehmens (der von der Idee ebenfalls im Vorfeld nichts wusste), fiel die Wahl spontan auf James Rizzi. „Wer sonst verkörpert in seiner Kunst die Fröhlichkeit und Freude, die die Kunden der Condor auf ihren Urlaubsflügen begleiten, mehr als James Rizzi“ war der Kommentar zu der Wahl des Künstlers.

James Rizzi bemalte die Boing 757 im Jahr 1995/96 und war bei deren Namenstaufe, in Anlehnung an die kleinen Vögel in seinen Bildern „Rizzi-Bird“ genannt, persönlich anwesend. In späteren Jahren besuchte Franz Schoiber Rizzi persönlich in New York und kann bestätigen, dass der Künstler in der Tat ein „fröhlicher, offener und aufgeschlossenerer Mensch“ war.

Die Inhalte von Rizzis Kunst sind heute genauso aktuell wie zu der Zeit ihrer Entstehung. Ute Jope zitiert aus einem Interview mit James Rizzi, in dem er sich zu den Wurzeln seiner Kunst äußert. James Rizzi liebte New York. „Diese Stadt ist ein Schmelztiegel der Nationen und Konfessionen. Mich fasziniert die kulturelle Vielfalt in New York. Die Menschen sollten voneinander lernen und miteinander leben, sie sollten füreinander eine Bereicherung sein.“ Diese durchweg positive Einstellung zum Leben und die Freude daran finden ihren Ausdruck in den farbenfrohen, naiven Bildern und 3D-Grafiken von James Rizzi. Seine Kunst begeistert noch immer die Menschen und auch heute gibt es viele Galerien, die die Bilder und Kunstobjekte von James Rizzi ausstellen. James Rizzi selbst kann leider nicht mehr dabei sein. Er starb in der Nacht des 26. Dezember 2011 in seinem Appartement in Soho, New York im Alter von nur 63 Jahren.



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