Königstein (hhf) – Es ist eigentlich eine sehr österliche Geschichte, die Geburt der Kleingartenanlage „Am stillen Hain“ steht nämlich in direktem Zusammenhang mit Ende des vorherigen Schreber-Areals. Das befand sich ausgerechnet auch noch oberhalb des Friedhofs an der Limburger Straße und musste sterben, weil eine Erweiterung des Gottesackers anstand.
Auch war die direkte Nachbarschaft nicht immer eine glückliche, es konnte schon einmal vorkommen, dass fröhliche Grillparty und Beerdigungszug sich begegneten – vielleicht kam deswegen der abgelegene Streifen Streuobstwiese zwischen Burgberg und Bahnlinie als neues Domizil ins Gespräch. In jedem Fall sah sich die Stadtverwaltung in der Pflicht, den Pächtern ihrer Gartenparzellen eine Umsiedlungsmöglichkeit zu bieten. Diese, bis dahin einzelne Geschäftspartner des Liegenschaftsamtes, sollten dafür allerdings einen Verein als größeren Ansprechpartner gründen, was sie auch umgehend taten.
Nach einigen formlosen Vorbesprechungen trafen sich am 25. April 1974 rund 25 Interessenten zur offiziellen Gründungsversammlung, darunter auch „KöWo“-Gründer Rudi Pratsch, der die damalige Geschäftsstelle in der Gerichtsstraße als Versammlungsraum zur Verfügung stellte. Keinen geringen Anteil am Geschehen hatte auch Wolfgang Bock, der als Stadtverordneter einige Wege geebnet hatte und „erster Erster Vorsitzender“ wurde. Gemeinsam mit Detlef Bock, Adolf Hess und Otto Colloseus zählt er 40 Jahre später zu den letzten noch aktiven Gründungsmitgliedern, einige andere „Gründerväter“ gehören dem Verein noch als passive Mitglieder an.
Die Definition von „Gründungsmitglied“ ist allerdings etwas schwierig, denn die Unterschriften auf der Versammlungsliste sind das Eine, der Arbeitseinsatz auf dem frisch gerodeten Vereinsgelände das Andere, weshalb der Begriff etwas verwaschen gehandhabt wird. So ist zum Beispiel Urgestein Musa Dere noch im Jahr 1974 Vereinsmitglied geworden, aber eben einige Wochen nach der Gründung, daher fehlt sein Name auf dem Dokument.
Dafür fehlt der pensionierte Postbote aber seit 40 Jahren selten im „stillen Hain“ und auch zum Pressetermin nicht. „Der Termin fällt in diesem Jahr mitten in die Osterferien, daher trifft sich nur der harte Kern“, erklärt Lothar Vogt, der aktuelle Vorsitzende, die Trennung von Jubiläum und Feier – schließlich haben viele der Freizeitgärtner Schulkinder und sind noch im Urlaub. Adolf Hess und Detlef Bock komplettieren die kleine Runde, die sich natürlich mit den Vorbereitungen für das „kleine Treffen“ am 25. beschäftigt, aber auch eifrig am Programm für das Sommerfest bastelt, das natürlich ein ganz besonderes werden soll: „Es wird ein Kinderprogramm geben, die Ehrung verdienter Mitglieder und Musikus Heinz Eichhorn ist auch schon gesetzt“, das übrige Programm bleibt aber vorläufig noch ein Geheimnis. Dennoch dürfen sich alle Leser der KöWo schon einmal den 26. Juli im Kalender einkreisen, denn nach guter alter Tradition laden die Kleingärtner wieder alle MitbürgerInnen zu ihrem Fest ein, eine Erinnerung mit genaueren Programminformationen wird es vorher noch geben.
Erinnerungen gibt es aber auch schon ab sofort bei den Kleingärtnern abzuholen, sie geben Besuchern immer gerne Auskunft, auch über ihre frühen Jahre im „stillen Hain“, der zunächst ein lauter Acker war: Ein „gepflügtes Areal“, dazu einen angelegten Weg und Wasseranschluss hatte die Stadt den Kleingärtnern überlassen, Strom und Kanalanschluss gab es nicht. „Den Strom haben wir zuerst über Masten beim Herrn Roos geholt“, erzählt Adolf Hess über nette Nachbarn – als Gegenleistung betreuten die Vereinsmitglieder den großen Garten des Anrainers fachkundig. Organisationstalent ist bis zum heutigen Tage eine wichtige Voraussetzung für das blühende Leben in der Kleingartenansiedlung, war aber in den ersten Jahren unabdingbar. So mussten nicht nur Gartenhütten und Zäune besorgt und aufgestellt, sondern auch manche Parzelle erst einmal urbar gemacht werden: „Hier müssen wohl die Steine für Burg oder Luxemburger Schloß zugehauen worden sein“, stellten einige der frischgebackenen Gartenpächter fest, „unter der Erdoberfläche sah es aus wie im Steinbruch.“ Während die Großen sich an ihre großen Aufgaben machten, wurde die Jugend mit einem „gut fünf mal fünf Meter großen Sandkasten“ beglückt, dem ersten Gemeinschaftswerk. Dazu kamen bald Parkplätze und das Vereinsheim, das dank Materialspenden und Arbeitseinsätzen mehrfach umgebaut und erweitert wurde. Viel Holz stammt übrigens von der KvB-Klinik und die Steine in der Zufahrt sind die ehemalige Pflasterung des Vorplatzes vom Hotel „Königshof“.
Nur eines hat bislang nicht funktioniert, denn der Verein träumte einige Zeit davon, die benachbarte Wiese als Erweiterungsgelände zu bekommen. Da diese jedoch nicht verkäuflich war, gibt es noch immer eine recht lange Warteliste für Garteninteressenten. Diese aber können, genauso wie Nachbarn und Freunde, besonders am Jubiläumsfest im Sommer ihre Kontakte pflegen, am Samstag, 26. Juli, ab 15 Uhr im dann wohl nicht ganz so „stillen Hain“.
Zwei Dinge sind bei den Kleingärtnern stets garantiert: Reichlich Arbeit und gute Laune. Zwecks Demonstration dieser Grundprinzipien posieren die Urgesteine Musa Dere, Lothar Vogt, Adolf Hess und Detlef Bock (von links nach rechts) ausnahmsweise im eigenen Beritt einmal als gut gewachsene Gartenzwerge.
Foto: Friedel