Königstein (aks) – Am Vorabend des vierten Advents herrschte im Haus der Begegnung fröhliches Treiben. Nicht alle Tage werden dort fast 120 Musiker erwartet. Auch die zahlreichen Besucher sind gespannt und voller Vorfreude auf Händels Musik. Die berühmte Feuerwerksmusik bildet den ersten Teil, „Music for the Royal Fireworks“ mit der George II. von England nach dem Ende des österreichischen Erbfolgekriegs Händel 1749 mit der Musik für eine Friedensfeier beauftragt hatte. Während die Uraufführung im Green Park noch unter einem schlechten Stern stand: 12.000 Besucher, die über die London Bridge zum Austragungsort eilten, sorgten wohl für den ersten Londoner Verkehrskollaps, außerdem brannte vor der Aufführung ein Teil der Kulisse ab und das Feuerwerk startete zu früh. Dies alles hat dem internationalen Durchbruch Händels keinen Abbruch getan und so ertönt bis heute diese „wohl feierlichste Musik“, wie es Veranstalter Christoph Schlott formuliert, zu jedem Feuerwerk, das etwas auf sich hält – besonders an Silvester zu empfehlen, denn festlicher kann man ein neues Jahr nicht beginnen. Was es mit dem österreichischen Erbfolgekrieg auf sich hat, in dem es um die Neuordnung Europas ging, das handelt Schlott in zwölf Minuten ab, schließlich will er sein Publikum im HdB weder langweilen noch belehren. Hilfreich dabei sind die illuster gekleideten Herrscherfiguren und Frankfurter Krönungsbilder auf der Leinwand dank der Powerpoint-Präsentation an der Bühnenwand.
Der militärische Konflikt um die Herrschaft über das Herzogtum Österreich und die Erlangung der deutschen Kaiserkrone dauerte fast acht Jahre, erforderte Dutzende verlustreicher Schlachten und spielte sich unter Beteiligung der meisten europäischen Groß- und Mittelmächte wie England, Russland, Frankreich, Österreich, Schweden, Spanien etc. auf fast dem gesamten europäischen Kontinent ab. Auch die Zeil in Frankfurt, wo Karl VII., Kaiser des Römischen Reichs, residierte und im Dom gekrönt wurde, fand Erwähnung ebenso wie die Festung Königstein, die bereits in diesem ersten interkontinentalen Krieg der Neuzeit eine Rolle spielte.
Nur wenige große Musikliteratur des 18. Jahrhunderts wurde so unmittelbar aus politischem Anlass komponiert wie die „Feuerwerksmusik“ und das „Dettinger Te Deum“, das nach der Pause gespielt wurde. Dieses Te Deum, ein Lobgesang ganz im klerikalen Stil der Zeit vertonte Händel anlässlich des Sieges der englischen und österreichischen Armeen über die Franzosen am 27. Juni 1743 bei Dettingen – in nur zwei Wochen: Ein buntes musikalisches Mosaik mit pompöser Atmosphäre, prachtvoller Besetzung und freudiger Botschaft. Festlicher kann die Weihnachtszeit kaum klingen. So weit die Theorie und der historische Hintergrund...
Was dann unter der Leitung von Jan Schumacher folgte, war tatsächlich ein Feuerwerk, wie es großartiger nicht klingen könnte. Heiter und ernst, ausladend und barock, mit vielen Streichern, Bläsern und einer Pauke, die durch eine Frau ertönte.
Das war große Musik, die den Saal des HdB füllte und die Herzen erfüllte – jeder Widerstand zwecklos!
Der Dirigent, Jan Schumacher, der die Geschicke des Chors und des Orchesters des Collegium Musicum der Goethe-Universität seit 2015 leitet, war bestens disponiert und spornte sein Orchester und später den 60-köpfigen Chor zu Höchstleitungen an. Die 40 Orchester-Musiker, übrigens alles Hobby-Musiker, die meisten Studierende und Lehrende der Universität, spielten mit vollem Einsatz und großer Freude.
Im Dettinger Te Deum brillieren der große Chor der Goethe-Universität und die Solisten, allen voran Johanna Krödel, die mit ihrer tiefen und warmen Altstimme große Freude ausdrückte in der Arie „Tou art the King of glory, o Christ, the everlasting son of the father“, in die der Tenor Danilo Tepsa und Bass Sebastian Kunz in rechtem Wohlgesang einstimmten. Auch sie mit herrlichen Stimmen, die trotz Orchester und Chors gut zu hören waren.
Anbetungswürdig mit Pauken und Trompeten „Day by day we magnifiy thee“, da singt Krödel nur ein paar Vokale und es macht sich Wohlgefühl breit.
Das glorreiche Finale gehört dem Chor und dem Orchester und das Publikum ist begeistert. Schumacher bedankt sich mit dem „Hallelujah“, der typisch englischen Zugabe – „das kennen Sie ja!“ Und so kommt keiner so schnell aus der glorreichen Stimmung, die an diesem Abend Händels Musik zu neuem Leben erweckt, raus. Während man sich in London von den Plätzen erhebt, wenn das „Hallelujah“ aus dem Messias gespielt wird, bleiben die Zuschauer im HdB sitzen, genießen aber nichtsdestotrotz das gewaltige Spektakel.
Die Einladung zum Mitsingen am Schluss erinnerte an die Botschaft des Abends, der trotz vieler Kriegsgeschichten mit dem Wunsch nach Frieden endet, der mit Jesus Gestalt angenommen hat und uns hoffen lässt.
Alle stimmten ein: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; es kommt der Herr der Herrlichkeit!“ – Weihnachten kann kommen.