Königstein (js) – Eine Stadt im bayerischen Ausnahmezustand. Ganz und gar nicht hessisch ging es für einen halben Tag lang am verkaufsoffenen Sonntag zu, wo statt „Appelwoi“ und „Gri Soß“ flüssiges Weizen, bayerische Trachten und die Wiesn die Innenstadt regierten. Alle Jahre wieder trifft hier ein verkaufsoffener Sonntag auf ein Stück bayerisches Kulturgut, was in dieser hoch explosiven Kombination einfach ein echter Stimmungsgarant ist, kommen doch Partyfreunde und Shoppingverrückte gleichermaßen auf ihre Kosten. Doch das ist bei weitem jedoch nicht der einzige Grund für den Oktoberfest-Import in die heimischen Gefilde. Ein durchaus noch viel schlagenderes Argument ist, dass die Königsteiner, genau wie das Freistaatvölkchen, mit ganz viel Herzblut bei der Sache sind, was auch bei der diesjährigen Wiesngaudi wieder zu bemerken war. Denn auch dieses Mal wurde nichts dem Zufall überlassen. Bereits Tage zuvor konnte man in vielen Schaufenstern liebevoll arrangierte Oktoberfestdeko erblicken, durch die sich schon mal jeder auf das bevorstehende Ereignis einstimmen konnte.
„Jeder soll heute Spaß haben und vor allem das herrliche Wetter genießen. Alles ist hier sehenswert“, so Ingrid Fettweis, Vorsitzende des Handwerker- und Gewerbevereins (HGK), die mit der Stimmung sehr zufrieden war. Schade sei nur, so die Vorsitzende enttäuscht, dass sich die Limburger Straße auch in diesem Jahr wieder komplett bedeckt gehalten hätte. Doch auch davon ließ man sich freilich keinesfalls die Freude an den vielen spannenden Attraktionen verderben. Für beste Unterhaltung sorgte allemal der wandelnde Musikantentrupp, der mit seiner „Dickebackenmusik“ und den Lederhosen für beste Stimmung „uff de Gass“ sorgte.
Zu bestaunen gab es aber nicht nur die strammen Waden der strammen Buam, sondern auch eine kleine, aber erlesene Traktorensammlung, die gerade bei den Herren der Schöpfung die Herzen höherschlagen ließ. Da konnten die Damen dann ganz gelassen zum Fotoshooting marschieren und vor der Kamera posieren, wobei man hier auch noch gleich an zwei Shootings teilnehmen konnte. Zum einen gab es natürlich wieder den so legendären Trachtenwettbewerb, bei dem selbstverständlich auch die Herren gern gesehene Teilnehmer waren, zum anderen gab es aber auch noch ein separates Shooting, das von der Modeboutique „Expression“ erstmalig in diesem Jahr angeboten wurde und in der Tat großen Anklang fand. „Wir versuchen jedes Mal eine neue, spannende Aktion anzubieten“, erklärte Anna Kos, Modeberaterin bei „Expression“. Anders beim Dirndlwettbewerb konnte man zwar hier keine Preise abstauben, aber alle Teilnehmer werden als Dank auf der Homepage des Geschäftes zu finden sein und zu einem Preis von fünf Euro konnte man außerdem noch ein Erinnerungsfoto mit nach Hause nehmen.
Hauptattraktion war zweifellos wieder unangefochten der Trachtenwettbewerb unter dem Motto „Tracht goes Fashion“, der vor allem die Madln sehr zum Mitmachen reizte, während die Buam doch lieber eine ordentliche Maß in dem vom Königsteiner Narrenclub zur Verfügung gestellten Festzelt genossen. Teilnehmen konnte jeder, der den Mut aufbrachte, in Dirndl oder Lederhose zu erscheinen und dem es außerdem nichts ausmachte, sich in seiner wunderbaren bayerischen Tracht inmitten der Fußgängerzone ablichten zu lassen und dazu noch einem breiten Publikum zu präsentieren. Schließlich brachten auch einige der leider dieses Mal nur spärlich gesäten Dirndlträgerinnen den Mut auf, alleine oder auch in Begleitung ihrer Sprösslinge vor die Kamera zu treten, wobei das Posieren auch noch unter Umständen tüchtig belohnt wurde. Tolle Preise in Form von diversen Einkaufsgutscheinen, je im Wert von 150 Euro, die der HGK gesponsert hatte, gab es auch dieses Mal wieder in Hülle und Fülle abzusahnen. Ein absolutes „Must-have“, das garantiert jedes „bayerische Madl“ gerne ergattert hätte, waren die bezaubernden, von Juwelier Classic Design, allerdings nur in begrenzter Zahl ,als Gewinn zur Verfügung gestellten „Oktoberfest-Armbänder“.
Gewinner waren sowohl die Erwachsenenals auch die Mini-Trachtenträger. Beim Lions Club durften die Kinder kräftig am Glücksrad drehen. Abzustauben gab es Spielzeug aller Art und ganz nebenbei unterstützte man noch mit dem Kauf einer zusätzlich angebotenen Waffel oder „Brezen“ bedürftige Königsteiner Kinder. Hier war praktisch fast jeder Treffer ein Sieg und wenn es doch einmal nicht gereicht hatte, bestand trotzdem noch Aussicht auf einen kleinen Trostpreis. Zusätzlich gab es reichlich spannende Aktionen, speziell für den Trachtenträgernachwuchs. Immer wieder großer Beliebtheit erfreut sich unangefochten die Pferdekutsche, die ihre unzähligen Runden auch dieses Mal wieder durch die City drehte. Der Vorteil ist hier, dass dies sowohl Erwachsenen als auch Kindern gleichermaßen großen Spaß bereitet, insbesondere dann, wenn das Wetter so toll mitspielt wie am vergangenen Sonntag, wo der Andrang dementsprechend hoch war. „So eine Kutschfahrt ist doch etwas Herrliches, wenn die Füße wund gelaufen sind“, meinte eine etwas entnervte Mutti begeistert, nachdem sie zusammen mit ihrer Tochter der Kutsche entstiegen war.
Wollten die Eltern einmal wirklich ganz in Ruhe ohne gelangweilten Nachwuchs einkaufen, so blieb immer noch die Möglichkeit, sie zu dem Spielprogramm von „Elektro Alter“ zu schicken, wo die Kleinen beim spannenden Kartoffellauf nicht nur mächtig Spaß haben konnten, sondern auch gut versorgt waren, auch was das leibliche Wohl anging, denn es gab köstliche Kartoffelsuppe. „Wir sind dieses Mal zusammen mit den Pfadfindern mal Zugpferd“, äußerte eine Mitarbeiterin, die aufgrund der Tatsache, dass die „Musik“ erstmalig weiter vorne spielte, ein wenig den sonst regeren Besucherzustrom vermisste.
Doch auch wenn der Hauptfestakt, nämlich die Dirndlprämierung, seit diesem Jahr nicht mehr in der Kirchstraße stattfindet, so gab es dennoch viele gute Gründe, diese Straße, die bedauerlicherweise ein wenig die Schlusslichtposition innehatte, zu besuchen. Denn hier wartete die süßeste Versuchung aller Zeiten, an der definitiv keiner vorbei kam, schon allein aus dem Grund nicht, weil Bäckermeister Emil Hees die goldbraunen Teigkugeln, die auch unter dem Namen Quarkteigbällchen in aller Munde sind, stets vor aller Augen zubereitet. Wer einer richtigen Stärkung bedurfte, hatte aber auch noch zahlreiche andere Möglichkeiten, seinem Gaumen kulinarische Freuden zu bereiten. Ein echter Geheimtipp für wahre Suppenfans war die von Kochprofis vom Team „City Event“ zubereitete Kürbiskernsuppe, bei der einem schon beim Zuschauen das Wasser im Munde zusammenlief. Weitaus deftigere Geschütze hingegen fuhren die „Mammolshainer Füchse“ mit ihrem Spanferkel und Rollbraten auf. Geradezu wie gerufen kam da doch die Gelegenheit, nach all den zünftigen Leckerbissen, eines der Spinningräder von Ascara Spa (Kempinski Falkenstein) direkt einmal auszutesten, wovon auch einige regen Gebrauch machten. Deutlich unangenehmer war der Schritt zur Waage, worauf die meisten verständlicherweise auch gut verzichten konnten. Denn wer will sich schon an solch einem herrlichen Nachmittag die gute Laune verderben lassen? Bombastische Stimmung und Gaudi, die sich gewaschen hat, gab es im Festzelt des Narrenrings, wo ein Sitzplatz um die Mittagszeit schon hart umkämpft war. Dafür floss das Bier umso kräftiger, wie es sich nun einmal für eine echt- bayerische Wiesngaudi gehört. „Mir haom halt anfach Spaß“, grölte ein gutgelaunter Oktoberfestbegeisterter. Dabei kam selbstverständlich auch das Unterhaltungsprogramm nicht zu kurz. Mit Blaskapelle und einem Tanzprogramm der Tanzschule „Kratz“ unter der Leitung von Norbert Schmid, die u.a. ganz famose Stepptänzer präsentierte, wurde es alles nur nicht langweilig.