Luthers Thesen unter dem Hammer

Luthers Ablassthesen sind nun Gegenstand einer Auktion. Foto: privat

Königstein – Ob Martin Luther seine 95 Thesen zum Ablasshandel am 31. Oktober 1517 wirklich eigenhändig an das Portal der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen hat, ist heute unter den Historikern umstritten. Doch gleich ob der Reformator selbst zum Hammer gegriffen hat oder ob es der Pedell der Universität war, der das Thesenblatt an der Kirchentür anbrachte – unstrittig ist, dass ihre Veröffentlichung den Beginn der Reformation und damit einen der großen Wendepunkte der Weltgeschichte darstellt.

500 Jahre nach dem Thesenanschlag kommen die Ablassthesen nun unter den Hammer des Auktionators. Das Königsteiner Auktionshaus Reiss & Sohn bietet in seiner kommenden Frühjahrsauktion am 16. Mai 2017 die erste Buchausgabe der unter dem lateinischen Titel „Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum“ erschienenen Thesen an. Dieser überaus seltene Druck ist 1517 bei Adam Petri in Basel, wohl nicht einmal zwei Wochen nach dem Thesenanschlag, erschienen und im Handel praktisch unauffindbar. Zur Versteigerung kommt eines der wenigen noch in privater Hand befindlichen Exemplare.

Einst als Dublette der Basler Universitätsbibliothek veräußert, ging es in die Sammlung des großen Bibliophilen und Kenners altdeutschen Schrifttums Ferdinand Baron von Neufforge, dann 1960 über einen Katalog des Berliner Antiquars Gerd Rosen in eine private Sammlung, bevor es erstmalig 1985 im Auktionshaus Reiss versteigert wurde. Nun kehrt der Thesendruck aus privatem Besitz wieder in den Handel zurück. Der Schätzpreis liegt bei 150.000 Euro.

Neben Luthers Ablassthesen bietet das Auktionshaus etwa 100 weitere seltene Drucke der Reformationszeit an, darunter die erste Ausgabe von Luthers Manifest „An den Christlichen Adel deutscher Nation“ aus dem Jahr 1520 (Schätzpreis 10.000 Euro) und der Erstdruck der 1521 unter dem Titel „Passional Christi und Antichristi“ erschienenen Spottblätter aus der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren. Die vielfach nachgedruckte, von Texten Luthers und Melanchthons begleitete Holzschnittfolge stellt mit ihren derb kritischen Bildern die dem Papst vorgeworfenen Verfehlungen der ursprünglichen Botschaft Jesu gegenüber (Schätzpreis 50.000 Euro). Luthers bedeutendster Mitstreiter Philipp Melanchthon ist auch mit einer Ausgabe seines „Corpus doctrinae Christianae“, der ersten evangelischen Dogmatik, vertreten. Die 1570 in Wittenberg gedruckte Ausgabe zeichnet sich durch ihren prachtvollen Einband aus, der 1579 vom Wittenberger Buchbinder Paul Droscher gefertigt wurde und dessen Deckel mit farbig gefassten Porträts von Luther und Melanchthon geschmückt sind (Schätzpreis 75.000 Euro). Martin Luther, Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum, Basel 1517 (Detail).

Zur Auktion erscheint ein reich illustrierter Katalog.



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