Praktikum eröffnet jungen Menschen neue Lebenswelten

Königstein – „Es ist faszinierend zu erleben, was mit diesen Menschen geschieht“, sagt Charlotte Ruth aus Kronberg. Die 16-Jährige meint Menschen mit fortschreitender Demenz. Die Schülerin der Altkönigschule macht gerade ein Sozialpraktikum in der Königsteiner Seniorenresodenz Villa Kursana. In der zweiten Etage besucht sie die Bewohner mit stärkerer Demenz. „Manche sprechen gar nicht mehr, aber man kann trotzdem Kontakt aufnehmen.“ Und dann setzt sie sich mit den Senioren in einen Kreis und sie spielen mit einem Ball.

Anderen Bewohnern liest Charlotte nach dem Frühstück im Speisesaal in der Zeitungsrunde vor und spricht mit ihnen über die Nachrichten des Tages. Mittags hilft sie mit beim Anreichen des Essens und dann schreibt sie etwas für den „Hauskurier“.

Die Idee, zusätzlich zum Betriebspraktikum des 8. Schuljahrs für die 16- bis 17-Jährigen ein Sozialpraktikum anzubieten, hat Birke Schmidt vom Evangelischen Dekanat Kronberg zusammen mit Religionslehrern der Schule entwickelt. Die Referentin für Bildung spricht vom „Auftrag der Kirche, jungen Menschen Lebenswelten zu eröffnen, die sonst in der Schule nicht vorkommen“. Die kirchlichen Mitarbeiter der Schulsozialarbeit haben die Schüler auf ihre speziellen Einsatzgebiete vorbereitet. Vom Altenpflegeheim bis zum Hospiz und von der Kindertagesstätte bis zur Diakoniestation erleben die 22 Schüler ein weites Spektrum sozialer Arbeit im Hochtaunus- und im Main-Taunus-Kreis sowie in Frankfurt. „Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler wissen, was sie erwartet,“ sagt Birke Schmidt.

In der Testphase in diesem und im nächsten Jahr ist das Sozialpraktikum freiwillig. Aber schon jetzt gab es mehr Interessenten als freie Plätze. Einige Schüler bleiben zu Praxistagen in der Schule, andere sind auf Klassenfahrt nach Australien. Am Ende des zweiwöchigen Sozialpraktikums fahren die Schüler für drei Tage auf die Jugendburg Hohensolms, um in den „Reflexions- und Orientierungstagen“ über ihre Erlebnisse zu sprechen und neue Wege für ihr Leben zu entdecken. Charlotte tauscht sich schon jetzt mit ihren Freundinnen über das Erlebte aus. Ihrer Mentorin, Gitte Schorn, tut es leid, dass sie wieder geht, denn „sie ist bei uns ganz dicht dran, sie lässt sich darauf ein“.

Aus der Zeitung vorlesen und mit einer Bewohnerin darüber zu sprechen, auch das gehört zu den Aufgaben von Charlotte Ruth.

Foto: Genthe



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