Rock auf der Burg glänzt mit steigenden Besucherzahlen

Königstein (hhf) – „Da sind einige Leute mit schlecht orientierten T-Shirts im Publikum, mit denen können wir uns nachher gerne mal unterhalten. Wir jedenfalls stehen mit unserer Musik für Nächstenliebe und Frieden ...“ Die Ansage von den Frankfurter Pop-Rockern „Dreimillionen“ brachte vieles auf den Punkt, was das Open-Air-Rock-Festival auf der Burg ausmacht und dort auch bewusst kultiviert wird.

Seit in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Idee aufkam, die Burgruine auch als Kulisse für Rockmusik zu nutzen – Loreley lässt grüßen – hat sich im Namen der städtischen Jugendpflege hier ein ganz besonderer Ort in der Rockszene etabliert, der unter echten Fans durchaus weithin bekannt ist.

Nie für Besucherrekorde ausgelegt

Von Anfang an war klar, dass „die Location“ keine Besuchermengen wie Wacken oder Woodstock zulassen würde, aber man wollte ja auch nur zwei kleine Fliegen mit einer Klappe schlagen, indem man gleichzeitig den hiesigen Jugendlichen für kleines Geld ein Festival vor die Tür stellte und den Bands aus der Umgebung eine attraktive Bühne bot, mit der Chance, etwas bekannter zu werden. Natürlich brauchte man dazu stets auch einen „Top-Act“, eine Band, die schon einen Namen hatte wie damals zum Beispiel die „Rodgau Monotones“.

Schon früh waren auch die bekannteren Musiker gleichermaßen begeistert von der Kulisse der Ruine und dem herrlichen Taunusblick, das zog sich mit der stetig wachsenden Veranstaltung bis zu Bands wie Toto oder PUR mit internationalem Renommee. Genau das bedeutete aber auch die Notbremse, denn die Burg fasste die Besucherzahlen einfach nicht mehr. „Back to the Roots“ lautete daher der neue Kurs und die Jugendpflege fing beinahe noch einmal von vorne an, kräftig unterstützt von der „Rock-AG“, in deren Reihen sich allerlei Wissen aus den schon professionellen Hoch-Zeiten gehalten hatte.

Natürlich hatten sich die Zeiten geändert, ohne Absperrgitter und mit eigenen, teils minderjährigen Ordnern wie ganz zu Anfang ging es nicht mehr – also balancierte sich die Veranstaltung auf einem neuen Level ein, höhere Grundkosten wollten durch maßvolle Ausgaben für Musik abgefangen werden, wozu eine gute Kenntnis der aktuellen Branche vonnöten ist. Natürlich zielte man auch auf Publikum von gerne 2.000 Besuchern oder etwas mehr, also war Werbung im größeren Stil angesagt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis besagte, dass es nicht mehr ganz so günstige Eintrittskarten wie früher geben konnte, dafür aber – wie mit 13 Bands in diesem Jahr – richtig viel los ist für das Geld.

Treue Fans kommen wieder

Tatsächlich wuchs das Festival seither wieder beständig und es zeigte sich ein interessanter Nebeneffekt: Viele heute schon deutlich erwachsene Besucher der früheren Jahre kommen mit Begeisterung wieder. Nicht nur, weil es eine schöne Erinnerung ist, sondern weil es gut ist. Immer noch! Denn auch, wer sich Karten für viel bekanntere Konzertereignisse leisten kann, hört hier gerne mal hinein, was der musikalische Nachwuchs aktuell so zu bieten hat.

Da punktete in diesem Jahr zum Beispiel Jugendpfleger Nils Baloun, der mit seiner Band V.E.R.S.U.S. neben allem anderen organisatorischen Einsatz auch auftrat, sogar künstlerisch bei Magistratsmitgliedern – viele unserer Kommunalpolitiker lassen sich den jährlichen Besuch auf dem Festival nämlich auch nicht nehmen. Schon gar nicht in diesem Jahr, wo die Veranstaltung parallel zu den Haushaltsdebatten im Haupt- und Finanzausschuss lag...

Harmonisch und entspannt

Rock muss schon laut sein, aber nicht schmutzig oder gar bösartig, das beweist „Rock auf der Burg“ jedes Jahr aufs Neue. Sicherlich gibt es auch hier unangenehme Randerscheinungen, so hat es ein Jugendlicher auch in diesem Jahr geschafft, nach reichlich Genuss von Dosenbier „über Bord zu gehen“, das aber noch weit vor der Einlasskontrolle, an der er ohnehin keine Chance gehabt hätte. Gerade hier bot sich – mit Verlaub – ein wesentlich entspannteres Bild als noch am Burgfest.

Auf der Fest(ival)wiese tobten Kinder mit Ohrenschützern, während es von der Bühne schallte „zusammen sind die Nächte lang“, derweil es aus den Gemächern, in denen die „Kellerbühne“ stand, gelegentlich unheimlich grummelte. Denn im Zeughauskeller sind traditionsgemäß die etwas härteren Bands zugange, diesmal unter anderem „Fatzke“, „Breitenbach“ aber auch Liedermacherin „Salma mit Sahne“.

Nach Informationen des Aufbauteams gibt es in Königstein zwar einen Pizzalieferanten, der die Burg nicht gefunden hat, doch hätte er während des Festivals gegen „Eis-Coffees-Crêpes“ oder den Handkäs-Shop („Alles andere ist Worscht“) ohnehin keine Chance gehabt. Das Angebot an Speisen und Getränken stand in den vielen kleinen Zelten der Vielfalt an Band-Devotionalien in nichts nach und verstärkte das Wohlgefühl der Gäste.

Deren Zahl war – nach bereits 800 verkauften Karten im Vorverkauf – letztendlich auf rund 1.300 gestiegen, das schönste Lob für die rund 100 ehrenamtlich engagierten Helfer, zu denen auch etliche Mitarbeiter der Stadtverwaltung zählten.

Rock-AG sucht Mitglieder

„Schön, dass wir jetzt wieder zwei Jugendpfleger haben“, freuen sich die Co-Organisatoren von der Rock-AG, die sich auch selbst einem stetigen Wandel unterzogen sehen. Technisch zum Beispiel mit einem elektronischen System zur Erfassung der Eintrittskarten, die auch über das Internet zu bekommen sind und künstlerisch natürlich beinahe jeden Tag, wenn sich wieder neue Bands bewerben – die Planungsphase erstreckt sich über das ganze Jahr.

Da ist dann auch genug Zeit, sich mit den zwei Jugendpflegern wieder einmal über neue Aufgabenverteilungen Gedanken zu machen, denn die Rock-AG wird einige frisch gebackene Eltern aus ihren aktiven Reihen einbüßen. Doch das ist gleichzeitig – wie schon seit Jahrzehnten – die Chance für Neueinsteiger in den Rock’n’Roll-Zirkus. Und Mit-Macher dürften sich voll entfalten können, schließlich gibt es schon ein Langzeit-Ziel, das über den nächsten Konzerttermin hinausgeht: „Wir wollen DAS Festival im Taunus werden!“

Wird er springen? Anlauf hat der Sänger von „Dreimillionen“ genug genommen, die Energie dann aber doch in Schallwellen umgesetzt. Bei insgesamt 1.300 Besuchern wäre ein „Stage Diving“ zu fortgeschrittener Stunde aber nicht ausgeschlossen gewesen.
Fotos: Friedel

Ein Umstand, den Publikum und Bands gleichermaßen schätzen, ist der kaum vorhandene Abstand zwischen beiden – manche Musiker wechseln nach ihrem Auftritt auch die Seiten und hören sich noch die Kollegen an.

Auf der Burg macht sich einmal im Jahr nicht nur echte Festivalstimmung breit, der grandiose Ausblick – hier von den höheren Rängen aus betrachtet – lässt sogar Vergleiche mit wesentlich bekannteren Veranstaltungsorten zu.

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