Darmstadt (rp) – Auch im Jahr 2015 hat das Regierungspräsidium Darmstadt etwa jede zehnte Einbürgerung deutschlandweit vorgenommen. Wie sich aus den aktuell veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes ergibt, liegt Hessen mit 11.845 Einbürgerungen an vierter Stelle aller Einbürgerungen im Bundesgebiet – nach Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern.
9.033 aller hessischen Einbürgerungsurkunden hat das Regierungspräsidium Darmstadt ausgestellt und ist damit erneut die größte Einbürgerungsbehörde in Deutschland.
Mit 11.321 Einbürgerungsanträgen ist die Anzahl gegenüber dem Vorjahr (10.257) um 10 Prozent angestiegen. Dieser Anstieg und die Tatsache, dass sich Verfahren zum Teil über Jahre hinziehen, wenn eine Entlassung aus der Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes für die Einbürgerung notwendig ist, haben dazu geführt, dass die Verfahrensdauer sich gegenüber 2015 verlängert hat. Auch ist der Bearbeitungsaufwand durch höhere Anforderungen der Rechtsprechung größer geworden. Die Erfolgsquote ist weiterhin sehr hoch; 92 Prozent aller abgeschlossenen Verfahren wurden positiv entschieden. 8 Prozent der Verfahren wurden entweder durch Ablehnung oder auf sonstige Weise beendet, etwa durch Antragsrücknahme oder Wegzug der Antragsteller. Die meisten Einbürgerungsbewerberinnen und -bewerber stammten 2015 aus den folgenden zehn Ländern: Türkei (14,05%), Marokko (5,74%), Polen (5,18%), Afghanistan (4,71%), Serbien (4,58%), Pakistan (4,03 %), Kroatien (3,61%), Italien (3,52%), Iran- Islam. Rep. (2,95%), und Griechenland (2,72%). Starke Veränderungen gegenüber dem Vorjahr haben sich hier nicht ergeben.
Insgesamt 30 Prozent der Eingebürgerten stammen aus EU-Mitgliedsstaaten. Auch an diesem Verhältnis hat sich gegenüber dem Vorjahr nichts Wesentliches geändert.
Einbürgerungsanträge von britischen Staatsangehörigen und doppelte Staatsangehörigkeit: Bei Einbürgerungsanträgen von britischen Staatsangehörigen zeichnet sich allerdings eine deutlich steigende Tendenz ab. Waren es 2014 nur 64 und 2015 nur 99 Anträge von Briten, so setzte sich der im letzten Quartal 2015 beginnende Anstieg in diesem Jahr fort: Bis heute sind 163 Anträge eingegangen. Allein seit dem Referendum im Juni dieses Jahres wurden 49 Anträge gestellt.
Als EU-Bürger können Briten bislang unter erleichterten Bedingungen eingebürgert werden: Aufgrund der Freizügigkeit in der EU genügt die Vorlage ihres britischen Passes zum Nachweis, dass sie ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland haben. Außerdem gilt für sie das grundsätzliche Verbot der Mehrstaatigkeit nicht. Das heißt, sie dürfen ihre britische Staatsangehörigkeit behalten, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten.
Seit dem Referendum zum „Brexit“ gehen im RP Darmstadt täglich Anfragen von britischen Staatsangehörigen ein, die sich über die Einbürgerungsvoraussetzungen erkundigen. Da die Fragen sich gleichen, weist das Regierungspräsidium darauf hin, dass die Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit solange möglich ist, wie Großbritannien noch EU-Mitgliedsstaat ist. Selbst wenn Großbritannien gemäß § 50 des EU-Vertrages beschließt, freiwillig aus der EU auszutreten, ändert diese Ankündigung zunächst nichts an der Rechtslage. Erst wenn tatsächlich der Austritt erfolgt ist, gilt die bisherige Privilegierung im Hinblick auf die Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit nicht mehr. Wer allerdings bis dahin eingebürgert worden ist, kann seine doppelte Staatsangehörigkeit behalten. Wenn man unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert wurde, gilt dies nach deutschem Recht dauerhaft.
Durch die Rechtsprechung haben sich in den vergangenen Jahren erhöhte Anforderungen an die Einbürgerung ergeben. So muss seit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 2011 die Identität des Einbürgerungsbewerbers eingehend geprüft werden. Nur wenn die Einbürgerungsbehörde davon überzeugt ist, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller auch tatsächlich die Person ist, wie im Antrag angegeben, darf die Einbürgerung erfolgen. Des Weiteren muss die Behörde prüfen, ob die Antragstellerin oder der Antragsteller den Unterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienmitglieder ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II und XII bestreiten kann oder die Inanspruchnahme solcher Leistungen nicht zu vertreten hat. Bei diesen Bewertungen ist nicht nur auf die aktuelle Situation abzustellen, sondern häufig ein längerer Zeitraum zu betrachten. So fordert die Rechtsprechung, dass der Unterhalt nachhaltig gesichert sein muss. Bei dieser Nachhaltigkeitsbewertung müssen alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden, insbesondere die Erwerbsbiographie (hat der Antragsteller über viele Jahre SGB II bezogen haben und erst kurz vor Antragstellung oder im Laufe des Verfahrens eine Arbeit aufgenommen?) sowie der Berufschancen.
Soweit der Einbürgerungsbehörde Anhaltspunkte vorliegen, dass die Deutschkenntnisse von Einbürgerungsbewerbern nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, (zum Beispiel durch Hinweise der unteren Verwaltungsbehörden oder Erkenntnisse über Sprachschulen, die möglicherweise Deutschzertifikate unrechtmäßig ausstellen), so muss sie dem nachgehen und die Antragsteller zu Überprüfungen vorladen.
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