Traditionelles Heringsessen der FDP Thema: „Bildung für alle“

Referent des Abends war Wolfgang Greilich (MdL , Landespolitischer Sprecher der FDP für die Themen Innen- und Schulpolitik) während Alexander Freiherr von Bethmann (Stadtverordnetenvorsteher und stellvertretender Vorsitzender der Königsteiner FDP andächtig zuhört. Foto: Scholl

Königstein (gs) – Anlässlich ihres traditionellen Heringsessens am Aschermittwoch hatte die FDP Königstein in diesem Jahr Wolfgang Greilich (MdL) eingeladen, um über das zentrale Thema „Bestmögliche Bildung für alle in Deutschland ist unverzichtbare Grundlage für unsere Zukunft“ zu referieren. Hinter diesem etwas sperrigen Titel verbarg sich jedoch eine fundierte Betrachtung zu den Themen Bildungschancen und Fördermaßnahmen sowie die alles überragende Frage „Wo setzen wir als Gesellschaft und Politik an, um Ungleichheiten auszugleichen?“. Bereits in seiner Eröffnungsrede beschäftigte sich Alexander Freiherr von Bethmann, Stadtverordnetenvorsteher und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP, mit den 2017 anstehenden Wahlen in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Seine Sorge galt in diesem Bezug dem Wahlverhalten der vermeintlich „abgehängten“ Bürger unseres Landes und Europas, die vielleicht zur Wahl rechts- oder linksradikaler Gruppen tendieren und dessen Ursache möglicherweise in einer verfehlten Bildungspolitik liegt. Wünschenswert wäre eine Stärkung der politischen Mitte, wobei er für die FDP einen durchweg positiven Trend erkennen konnte und keinen Zweifel an einem Wahlerfolg bei der Bundestagswahl aufkommen ließ. Mit Traurigkeit erfüllte ihn jedoch der Blick nach Frankreich und in die Niederlande, wo sich im Wahlkampf prominente Kandidaten mit rechtsgerichteten, nationalistischen und anti-europäischen Programmen in Position bringen. Freiherr von Bethmann wurde nicht müde, die Notwendigkeit eines geeinten Europas zu fordern, was sich im Übrigen auch in der Tischdekoration niederschlug. Hier standen die Fähnchen der FDP in schönster optischer Eintracht neben der Flagge Europas. In seinen Gedankenskizzen zu den zentralen Themen der Partei, die neben dem eigenverantwortlichen Handeln jedes Einzelnen, dem Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft, dem Innovationsstreben und der Forderung nach einem starken Rechtsstaat auch die Forderung nach bestmöglicher Bildung für jeden Einzelnen beinhalteten, machte von Bethmann deutlich, welchen großen Stellenwert das Thema „Bildung“ in der Zukunft haben würde. Für den anschließenden Vortrag über Bildungsgerechtigkeit konnte kein Geringerer als der innen- und schulpolitische Sprecher der FDP, Wolfgang Greilich, gewonnen werden. Im Jahr 1954 geboren und von Beruf Rechtsanwalt und Notar, ist Greilich seit 2008 Mitglied des Landtages und verfügt über ein fundiertes Wissen zu Themen der Bildungspolitik. Der Tenor seines Vortrages war die Maxime, dass bestmögliche Bildung für alle Menschen in Deutschland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe wäre. Diese Aufgabe würde schwierig, mühsam und aufwendig, jedoch stehe Deutschland im Wettbewerb um die besten Köpfe und könne es sich eigentlich nicht leisten, auf das Potenzial seiner Bürger zu verzichten. Greilich: „Wir können, wollen und sollten niemanden zurücklassen oder vernachlässigen.“ Dies bedeute jedoch nicht, dass automatisch alle Schulabsolventen über den gleichen Bildungsabschluss verfügen müssten. Vielmehr wäre es wichtig, die Stärken jedes Einzelnen zu erkennen und zu fördern. Unterschiede sollten durchaus erwünscht sein und Chancengleichheit sieht Greilich nicht in der oft geforderten Abschaffung der Schulnoten, sondern in der Akzeptanz des Einzelnen und seiner individuellen Betrachtung. Hierfür, so Greilich, müsse die Chancengleichheit von Beginn an gewährleistet werden. Dies gehe jedoch nur, wenn die Voraussetzungen für alle (Kinder) gleich wären. So forderte er ein qualifiziertes Modell für den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. Die frühkindliche Bildung müsse verbessert werden, und das ohne Abhängigkeit von den finanziellen Möglichkeiten der einzelnen Familien. Das Konzept, zu dem der kostenfreie Besuch des Kindergartens für alle Kinder gehöre, wäre sehr kostenintensiv und bräuchte Zeit, aber der so geschaffene gesellschaftliche Mehrwert wäre laut Greilich überproportional groß. Neben der frühkindlichen Bildung sei auch die Grundschule momentan ein Stiefkind der hessischen Schulpolitik. Es gäbe momentan zu wenig Lehramtsabsolventen für die Grundschule, so dass oftmals ein personeller Mangel an den Schulen herrsche, der sich schon aufgrund steigender Schülerzahlen vor drei Jahren abzeichnete. Auch hier zeige sich, dass der Primärbildung zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt werde und dass höhere Investitionen in den primären Bildungssektor fließen müssen. Ein weiteres, großes Sorgenkind ist für Wolfgang Greilich die Lehrerausbildung. Obwohl hier schon nachgebessert wurde, müsse eine verstärkte praktische Ausbildung der zukünftigen Pädagogen angestrebt werden. Es könne nicht sein, dass Lehrer unterrichten dürften, „deren Stärke nicht unbedingt im Umgang mit Kindern und Jugendlichen liegt.“ Dies produziere Frust bei den Schülern, die „diese Lehrer aushalten müssen“ und ebenso bei den Lehrern, die, derart frustriert, oft krank würden (Stichwort: Burn out). Hier gelte es, eine Änderung herbeizuführen, die beiden Seiten hilft. Große Sorgen bereitete Greilich auch die wirtschaftliche und politische Bildung der nachfolgenden Generation. Der Brexit, bei dessen Abstimmung die jungen Menschen der Urne fernblieben und deren bitteres Erwachen die Folge war, wäre ein gutes Beispiel, wie es nicht laufen sollte.

Eine grundlegende politische Bildung müsse dazu dienen, dass die Jugendlichen ihre Rechte als Staatsbürger auch wahrnähmen und Wahlen als Chance begreifen, sich politisch einzubringen. „Bildung ist der Schlüssel zu einem mündigen Bürger und der Schutz gegen ideologische Plattheit“, fasste Greilich seinen Appell in einen kurzen einprägsamen Satz. Große Zustimmung fand bei den Gästen auch das Thema „Kreidezeit im Klassenzimmer“. In Zeiten von Smartphones und Smartboards betrachtete es Greilich als Unding, dass die digitale Modernisierung der Schulen nur sehr schleppend verlaufe. Moderne Wissensvermittlung wäre jedoch wünschenswert, um die Schüler für das Lernen zu begeistern und durch eine möglichst gute Bildung zu einem freien, mündigen Bürger zu erziehen. Zum Ende seines umfassenden Vortrags entließ Wolfgang Greilich seine Zuhörer mit dem tiefgreifenden Satz: „Freiheit bedeutet Eigenverantwortung, deshalb fürchten sich viele davor.“ Alle wichtigen Fragen, die den Anwesenden am Herzen lagen, wurden im Anschluss ausführlich und fachkundig diskutiert, bevor Wolfgang Greilich zu einem weiteren Termin eilten musste und die Gäste dieses sehr informativen Abends sich dem nun eröffneten Heringsbüfett widmeten.



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