Vernissage der „Lieblingsstücke“ im Rathaus Königstein

Friedrich Rohrbach (Mitte hinten) und seine Künstlergruppe zeigen im Oktober ihre „Lieblingsstücke“ im Rathaus Königstein. Die Arbeiten erzählen auf kreative Weise Geschichten, die den Betrachter magisch anziehen und inspirieren. Foto: Fuchs

Königstein (efx) – Von „Lieblingsstücken“, im wahrsten Sinne des Wortes, konnten sich die Besucher des Königsteiner Rathauses von der gleichnamigen Vernissage inspirieren lassen. Die Werke-Bilder, Glasarbeiten und Figuren – mit viel Liebe zu künstlerischem Schaffen kreiert, demonstrieren den tiefen inneren Antrieb der Künstler für ihre individuellen Arbeiten. Gabi Balitzki, Gerti Kours, Christa Murk, Friedrich Rohrbach und Edelgard Vermehren waren auch während der Eröffnungsfeierlichkeit anwesend und gaben den Besuchern einen Einblick in ihre „Schatzkiste“. So sind die schönsten Arbeiten, also Schätze der Künstlergruppe, in den kommenden drei Wochen im Rathaus zu bestaunen. Die Eröffnung der Vernissage durch Walter Krimmel, den Ersten Stadtrat Königsteins, war denn auch besonders herzlich. Ihm gefallen die Kunstwerke und er erklärt: „Immer wenn man die Bilder sieht, gefällt einem das wunderbar.“ Auch aus diesem Grund unterstützt er die Idee des „offenen Rathauses“ in Königstein, welches jeden Monat einer neuen kreativen Ausstellung die Pforten öffnet. In zwölf unterschiedlichen Ausstellungen pro Jahr können verschiedenste Künstler ihre Werke unentgeldlich zeigen. Dabei erhalten sie die Möglichkeit, sich zu präsentieren. Krimmel weiß, dass „die Leute wegen anderer Angelegenheiten ins Rathaus kommen, aber dabei auch eben die Kunst sehen, was einen guten Synergieeffekt bringt.“ Dieser Aspekt hat sich in Künstlerkreisen mittlerweile herumgesprochen, so dass das Rathaus manchmal bereits zwei Jahre im Voraus ausgebucht ist. Dass in diesem Monat fünf ganz unterschiedliche Künstler mit multiplen Techniken, Lebenswegen und Inspirationen ihre Werke gemeinsam ausstellen, fasziniert auch Gregor Maier, Bereichsleiter des Fachbereichs Kultur des Hochtaunuskreises. Er ist extra zur Ausstellung angereist und lobt das kunstoffene Rathaus in Königstein. „Alle Werke haben etwas zu erzählen, sie geben Geschichten, haben ihre eigene Sprache“, erklärt er. Dabei kann der Betrachter die Anwesenheit der Künstler nutzen und sie nach den individuellen Erlebnissen und Ideen für die Gestaltung der Kunstwerke befragen. Man erhält aber auch die Möglichkeit, individuell in die Bilder einzutauchen und so ganz eigene Sichtweisen und Fantasien zu erleben. Dabei sind nach Maier „Missverständnisse nicht möglich, es gibt kein richtig oder falsch. Es gibt nur den Betrachter und das Bild, welches verschiedene Assoziationen hervorruft.“ Wie die Künstler zur Malerei gekommen sind, ist ebenso unterschiedlich wie deren Stilrichtungen. Gabi Balitzki beispielsweise entschloss sich vor ungefähr 20 Jahren, einen Kurs für Pastellmalerei zu belegen. Positives Denken, warme Farben, ansprechende Menschen oder berührende Themen sind die Essenzen für ihre Werke. Sie möchte Freude schenken, aber auch zum Nachdenken anregen. Ihre Malanleitungen erscheinen seit circa zehn Jahren in mehreren Bänden im Englisch-Verlag. Während Gerti Kours als Autodidaktin mit ihrer Malerei Vielseitigkeit und Lebensfreude gekonnt zum Ausdruck bringt, hat Christa Murk das Kunsthandwerk von der Pike auf gelernt. Als ausgebildete Kunstglaserin vereint sie geschickt das Element Glas, dessen Gebrechlichkeit und Visualisierung, mit verschiedensten Kunsttechniken wie zum Beispiel der Collage. Dabei erlebt jeder Betrachter seine ganz eigene abenteuerliche Reise in die Dreidimensionalität, während er in den Arbeiten förmlich versinkt und immerwährend Neues entdeckt. Eine ganz andere Passion steckt hinter den Werken Friedrich Rohrbachs. Er hat auf eine eher ungewöhnliche Weise Zugang zur Kunst erfahren. Aus dem Berufsbereich der elektronischen Datenverarbeitung kommend, erreicht er die Menschen mit digitalen Arbeiten emotional, ansprechend und ästhetisch. Gekonnt leichtfüßig und geradezu in fließender Aquarelltechnik anmutend, erzeugt er seine Werke am Computer. Die klassische Aquarellmalerei hingegen ist die Stilrichtung, die Edelgard Vermehren perfekt umsetzt. Fließende Übergänge zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion sind bezeichnend für ihre Arbeiten. Besonders wichtig ist Vermehren, mit ihren Bildern und Keramik-Figuren Gefühle beim Betrachter zu wecken. Jeder der Künstler arbeitet nach seiner persönlichen Leidenschaft und doch eint sie alle der tiefere Sinn ihres Schaffens: Die Liebe und Leidenschaft. Nicht der Beruf steht im Vordergrund, sondern die Berufung. Und so möchten die Künstler auf ganz eigene Weise „die Welt zeigen, in der wir leben“, wie Friedrich Rohrbach erläutert. „Die Inspirationen kommen dabei häufig auf Reisen, über ein Foto oder eine Farbe. Plötzlich denkt man, das müsste man malen“, erklärt Gerti Kours. Ein wahrer Schatz offenbart sich dem Betrachter denn auch in ihrem Bild, das großformatig mit satten Acrylfarben den Amazonas, seine Ausuferungen und dunklen Ecken zeigt. Vollmundig fließt das Wasser förmlich aus dem Bildrand hinaus, wird aber doch wieder im wilden Schattenspiel verschlungen.

Ein Besuch von Freunden in Brasilien löste in Kours das Verlangen, sich mit dem großen Strom im nördlichen Südamerika zu beschäftigen. Die Künstler kennen sich aus gemeinsamen Aktivitäten und Ausstellungen. Drei von ihnen gehören der Künstlergruppe „Artelino“ an. Sie treffen sich, um sich gegenseitig auszutauschen und weiterzuentwickeln. Denn die unterschiedlichen Ansätze, mit denen jeder von ihnen arbeitet, geben neue Ideen und erweitern die Fähigkeiten des Einzelnen. Deshalb sind die Arbeiten der Künstler auch nicht personenbezogen geordnet, sondern bunt gemischt im Rathaus verteilt. So treten nicht nur die Künstler, sondern auch die von ihnen ausgehende Kunst in einen gegenseitigen Dialog. Dass die hinter einer solchen Vernissage stehenden organisatorischen Gesichtspunkte auch optimal und für den Besucher unauffällig ablaufen, darum kümmert sich im Rathaus Jutta Hufler und ihre Kollegen. Die monatlich wechselnden Ausstellungen werden von ihr gekonnt in die Räumlichkeiten integriert. Die verschiedenen Ausstellungen liegen auch Bürgermeister Leonhard Helm am Herzen. Er ist kunstinteressiert und mischt sich unter die Gäste. Auch ihm gibt „der regelmäßige Tapetenwechsel“ Inspiration. Er und die Mitarbeiter im Rathaus freuen sich dabei jedes Mal auf die Werke der Künstler. Durch die wechselnden Themen und Arbeiten erhält man nach Helm „auch immer wieder eine neue Sichtweise auf die Welt.“ Die Kreativität lebt jeder Künstler auf seine Weise aus. Für Johann Wolfgang von Goethe war „die Kunst Vermittlerin des Unaussprechlichen.“ Wer in den Genuss des Unaussprechlichen der „Lieblingsstücke“ kommen möchte, kann die Ausstellung noch bis zum 27. Oktober während der Öffnungszeiten des Rathauses im Burgweg 5 besuchen.



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