Königstei
n – Bei der Lektüre alter Zeitungen fällt auf, dass auch schon vor hundert Jahren die Geschäfte mit Weihnachtsangeboten warben. Schade & Füllgrabe in der Hauptstraße 35, vielen Königsteinern noch heute ein Begriff, bot Weihnachtsgänse an, das Pfund kostete 74 Pfennig. Ein Pfund „Festtagskaffee“ kostete 1,60 Mark. Orangen und Mandarinen wurden stückweise angeboten, so betrug der Preis für eine Mandarine 5 Pfennig.
Martin Keutner in der Hauptstraße 13 bot erstklassige Lederwaren an: Taschen, Etuis, Portemonnaies und Schultornister. Die Konditorei Kowald, die sich in der Hauptstraße 14 befand, annoncierte „Makronen-Nikoläuse“ und Weihnachtsgebäck in vorzüglicher Qualität. In ihrer Weihnachtsausstellung empfahl die Firma Jean Alter Nähmaschinen, „Beleuchtungskörper“ und Haartrockenapparate.
Am 24. Dezember 1913 feierte Großherzoginmutter Adelheid Marie, Herzogin von Nassau, ihren 80. Geburtstag. Sie verbrachte den „runden“ Geburtstag in Karlsruhe bei ihrer Tochter Hilda und ihrem Schwiegersohn, Großherzog Friedrich von Baden. Die Stadt Königstein schenkte der beliebten früheren Landesmutter ein Aquarellbild, das von Professor Carl Nebel vom Städel-Institut gefertigt worden war und eine Ansicht der Stadt mit dem Herzog-Adolph-Denkmal im Vordergrund zeigte. Dazu gab es eine Grußadresse der Stadt, die in einer weißen mit Gold ausgestatteten Mappe lag. Die evangelische Kirchengemeinde schenkte ihrer großen Wohltäterin eine Vase, die aus nassauischem Marmor gefertigt worden war. Trotz der Abwesenheit der Großherzogin an Weihnachten und Geburtstag wurde an den Häusern Königsteins geflaggt.
Zwei Tage zuvor trafen sich die Mitglieder des Krieger- und Militärvereins zu einer Feier im Gasthaus „Zum Hirsch“, auf der Lehrer Stillger eine Laudatio auf das nassauische Fürstenhaus und insbesondere Adelheid Marie hielt.
Der älteste Bürger Königsteins damals war Christoph Krank, der am 15. Dezember 1913 seinen 89. Geburtstag begehen konnte.
Im Dezember 1913 trafen sich an den Abenden viele Vereine zu Versammlungen. Es gab auch Weihnachtsfeiern, die von den wohlhabenden Familien für Kinder aus ärmeren Familien unterstützt wurden. Ähnlich wie heute, ist auch vor einhundert Jahren in der Vorweihnachtszeit eine erhöhte Spendenbereitschaft zu verzeichnen.
Mitte Dezember 1913 gab es einen Vortrag zum Thema „Balkan“. Im Hotel Procasky wies der Redner, Dr. Ernst Vatter aus Frankfurt, darauf hin, dass „es nicht von der Hand zu weisen sei, dass neue Unruhen die Halbinsel heimsuchen dürften.“ Die Unruhen, die dann m Sommer 1914 entstanden, sollten sich nicht nur auf den Balkan beschränken, sondern zum ersten Weltkrieg führen.
Am 2. Weihnachtsfeiertag lud der Turnverein Königstein zu einen Ball im Hotel Georg ein. Der Ball, in dessen Tanzpausen „turnerische Übungen“ vorgeführt wurden, war die einzig größere öffentliche Veranstaltung – damals auch „Lustbarkeit“ genannt – während der Feiertage.
Am 28. Dezember führte der katholische Marienverein Königstein im Hotel Procasky seine „Weihnachtsvorstellung“ erneut auf. Die Vorstellung bestand aus der Aufführung verschiedener Sketche, die Titel wie „Dienstmädchen wider Willen“ oder „Syra oder die christliche Sklavin“ trugen.
Das „Grand Hotel“ (heute Klinik für Gefäßkrankheiten) warb mit einer „Weihnachtswoche“, die am 26. Dezember mit einem Ball begann. Am 27. und 30. Dezember sollten mit „Kinematografischen Uraufführungen“ Besucher angelockt werden. Am 28.Dezember konnte erneut getanzt werden. Der folgende Tag, 29. Dezember, wartete dann - das mag uns heute verwundern - mit einem großen Weihnachtsmarkt, verbunden mit einem Schlachtfest auf. Wer Silvester im „Grand Hotel“ feiern wollte, den erwartete ein Festsouper, dem sich ein Ball und um Mitternacht ein Feuerwerk anschloss. Karten für die aufgezählten Veranstaltungen konnten beim Portier erworben werden.
Ein Thema, das immer bewegt, ist das Wetter, so auch in früheren Zeiten. Der erste Schnee im Winter 1913/14 fiel am 5. Dezember. Kurz vor Weihnachten war der Große Feldberg mit einer dünnen Schicht festgefrorenen Schnees bedeckt und Bäume und Sträucher mit Raureif überzogen. An den Weihnachtsfeiertagen gab es allerdings viel Schneefall mit Sturm und Schneewehen. Auf dem Feldberg wurden jetzt 60 cm Schnee gemessen. Zahlreiche Besucher, viele davon Skiläufer, kamen nach Königstein. Die Rodelbahn am Romberg war Ende Dezember „tadellos in Schuss“.
Das Jahr ging ruhig zu Ende. So gab es in der Silvesternacht keine besonderen Vorkommnisse. Es hieß lediglich, dass weniger Feuerwerkskörper als im Vorjahr abgebrannt wurden. Dies war vermutlich wegen der großen Kälte so, die Aufenthalte im freien auf das Notwendigste beschränkte. Um Mitternacht läuteten die Glocken der beiden Königsteiner Kirchen.
Zahlreiche Königsteiner Geschäftsleute übermittelten ihren Kunden „die herzlichsten Glückwünsche zum Neuen Jahr!“ in einer Zeitungsanzeige. Sieben Monate später brachte der Ausbruch des ersten Weltkrieges auch in das Leben der Königsteiner tiefe Einschnitte.
Winterfreuden vor dem Falkenstein Grand Hotel in vergangenen Zeiten.
Auch schon vor 100 Jahren warteten die Zeitungen mit Annoncen um die Weihnachtszeit auf.
Quelle: Stadtarchiv Königstein