Trächtiges Reh im Naturschutzgebiet Reichenbachtal gerissen

Falkenstein (hhf) – Passend zum Meinungsaustausch in Sachen Badeverbot für Hunde am Forellenweiher ging in der Redaktion noch ein Bericht ein, der zu denken gibt – die beigelegten Bilder ersparen wir Ihnen lieber, sie wären sicher lehrreich, aber die KöWo soll ja auch für Kinder und Jugendliche zugänglich sein...

Am vergangenen Freitag, während viele noch den Leserbrief auf dem Tisch liegen hatten, wurde der zuständige Jagdaufseher über ein verletztes Reh im Reichenbachtal in Falkenstein informiert – nicht weit vom Forellenweiher entfernt. Das Tier schleppte sich noch in ein Wohngebiet und musste dort erlöst werden – Dank der Jäger dafür an die couragierten Anwohner, die wenigstens unnötiges Leiden verhindert haben. Besonders tragisch war hierbei, dass die Ricke in wenigen Tagen ihre beiden Kitze zur Welt gebracht hätte, die beide ebenfalls nicht gerettet werden konnten.

„Es handelt sich bei den zahlreichen Verletzungen um Bisswunden über den ganzen Körper, hauptsächlich aber an Hals, Rücken und den beiden Hinterläufen. Es ist stark davon auszugehen, dass diese Wunden der Ricke von einem oder mehreren Hunden zugefügt wurden“, diagnostiziert Jäger Ralf Kulke, und weiter: „Wer nun glaubt, es könnte ja auch ein Wolf gewesen sein, dem sei von Fachleuten gesagt, dass Wölfe töten, um zu fressen. Das bedeutet, ein Wolf (oder mehrere) hätten nicht einfach unzählige Male in das Tier hineingebissen und es liegen gelassen, sondern hätte(n) sich auch Teile herausgerissen, um satt zu werden.“

Das Problem ist oft, dass die Menschen nicht mitbekommen, was passiert, nachdem ein Hund gejagt hat. Sie sehen nur, der Hund ist wieder da, das Reh ist entkommen – also ist ja nichts passiert. Dass das aber nicht stimmt, weil gerade jetzt die hochschwangeren Ricken ihre Babys deshalb verlieren, weiß kaum jemand. Doch es ist bei logischem Nachdenken leicht nachzuvollziehen – man stelle sich vor, eine Frau müsste hochschwanger in Todesangst rennen so schnell sie kann, weil sie verfolgt wird ...

Die Kreisjägerschaft weist ausdrücklich darauf hin, dass die Brut- und Setzzeit der Wildtiere in vollem Gange ist. Ende April, Anfang Mai beginnt das Brutgeschäft – verstärkt unter anderem auch im oberen Bereich des Woogtales – und die Zeit der Jungtiere. „Neben den Singvögeln bekommen auch die Bodenbrüter und Säugetiere wie das Rehwild oder der Feldhase ihren Nachwuchs“, erklärt Matias Richter, bestätigter Jagdaufseher und Rehwildsachverständiger des Main-Taunus-Kreises.

In der derzeitigen Brut- und Setzzeit brauchen die Wildtiere für die Aufzucht viel Ruhe, um ihre Jungen großzuziehen. Dies ist in Zeiten von Corona und den vielen Freizeitaktivitäten in Wald und Flur besonders problematisch. „Wir bitten alle verantwortungsvollen Spaziergänger, auf den Wegen zu bleiben und Hunde an der Leine zu führen“, so Richter, „leider kam es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Zwischenfällen mit tragenden Rehen durch frei laufende Hunde. Von 15 Getöteten fielen dabei acht dem Straßenverkehr zum Opfer (tagsüber – da erwächst auch ein Verdacht auf Fluchtverhalten), eines wurde von der Bahn überfahren und sechs von Hunden erlegt. Die Hundeführer unterschätzen leicht den Jagdtrieb ihrer vierbeinigen Freunde und ohne Leine ist es dann schnell passiert... Übrigens: Nach dem Hessischen Jagdgesetz droht ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro, wenn ein Wildtier zu Schaden gekommen ist. Zusätzlich kann die Ordnungsbehörde im Einzelfall Maßnahmen nach der Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden prüfen, wie Maulkorb- und Leinenzwang.



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