1.800 Jugendliche wandern zum Feldberg – für die Kinderrechte in Nepal

Wie bei einem Rockkonzert sah es aus, als die Big Band des Taunusgymnasiums auf der Bühne auftrat. Die Spendenwanderung zugunsten der Kinder in Nepal, organisiert von Childaid Network, mobilisierte rund 1.800 Schüler des TGK und der Altkönigschule. Foto: Schramm

Königstein/Hochtaunus (as) – Es ist ein imposantes Bild, das sich auf dem Feldbergplateau im Schatten des mächtigen Fernmeldeturms bietet. Rund 1.800 Jugendliche bevölkern die große Wiese und gruppieren sich um eine Veranstaltungsbühne, die auf halbem Weg zum Brunhildisfelsen aufgebaut worden ist. Wandertag, Sportfest, Musikfestival – von allem ein bisschen etwas vielleicht, aber vor allem ist es ein guter Zweck, der an diesem recht zugigen Dienstagvormittag diese noch nie auf dem höchsten Taunusgipfel gesehene Anzahl junger Menschen in die Höhe von 880 Metern gelockt hat. Die Hilfsorganisation Childaid Network hatte zur Spendenwanderung auf den Großen Feldberg aufgerufen, und die beiden „Partnerschulen“ – die Altkönigschule Kronberg mit den älteren Jahrgängen und das Taunusgymnasium Königstein geschlossen mit allen rund 1.400 Schülerinnen und Schülern von der fünften bis zur 13. Klasse – waren dem Aufruf gerne gefolgt. Zudem halfen einige Ehemalige aus der Amguri-AG der TGK beim Aufbau mit – das Thema verbindet die Schulgemeinschaft.

Dass man sich gestaffelt nach Altersklassen Strecken von drei bis sieben Kilometern vorgenommen hatte – die Klassen der Mittelstufe starteten direkt von der Schule aus –, hatte einen tieferen Grund. Es ging darum, in etwa den Weg zurückzulegen, den ein Schulkind in Nepal tagtäglich auf sich nehmen muss, um eine Schule besuchen zu können – wenn es denn überhaupt die Möglichkeit dazu hat ... und es ging darum, mit dem Marsch Solidarität zu zeigen, auf Bildungsgerechtigkeit hinzuweisen und generell für die Kinderrechte in dem asiatischen Land einzutreten.

Zudem hatten die Jugendlichen aus dem Taunus in ihrem privaten Umfeld vorab Spenden für ein Kinderrechtsprojekt von Childaid Network in Nepal gesammelt – oft waren es um die 20 bis 30 Euro, teilweise aber sogar bis zu 150 Euro, die da pro Kopf zusammenkamen. Mit der schönen, sicher fünfstelligen Summe sollen in entlegenen Bergregionen Kinderschutzsysteme aufgebaut, Schulen gestärkt und soll Kindern der Zugang zu guter Bildung ermöglicht werden.

Los ging es für einige bereits vor 8 Uhr. „Es ist schon eine Herausforderung, 1.400 Schüler koordiniert zur gleichen Zeit zum gleichen Ziel zu bringen“, erzählte TGK-Lehrer Ingo Meinikmann kurz nach der Ankunft um 9.30 Uhr, noch etwas außer Atem von dem steilen letzten Kilometer vom Windeck hinauf zur Falknerei. Die Motivation sei in seinem Abi-Jahrgang – anders als bei manchem normalen Wandertag – aber sehr hoch gewesen. Um 10 Uhr waren dann auch die Letzten eingetroffen, manche dick eingepackt mit Regenjacke, andere in kurzer Hose, und es bot sich das imposante Bild auf dem Gipfel.

„Da sieht man, was Childaid alles möglich machen kann“, sagte der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises, Norbert Altenkamp, dessen Tochter Sarah als Mitglied des E-Jahrgangs am TGK auch mitgewandert war und der sich als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag von Berufs wegen um die Thematik kümmert.

Um 10.15 Uhr – die Sonne wagte sich auch immer mehr hinter den Wolken hervor – begann das von Nicola Schaefer von Childaid spannend und locker moderierte zweistündige Bühnenprogramm. „Ich bin sehr stolz darauf, dass Ihr angekommen seid. Genießt den Tag“, begrüßte TGK-Rektorin Beate Herbst. Sie selbst war mit dem E-Bike zum Roten Kreuz gestrampelt und von dort mit einer der jüngeren Klassen zum Gipfelmarsch gestartet. „Die Jugendlichen motivieren sich gegenseitig“, hatte sie beobachtet, das sei etwas ganz anderes als bei einem Wandertag, den sie früher auch „gehasst“ habe.

Für das Taunusgymnasium, das bereits seit 20 Jahren mit Childaid „unterwegs“ ist, sei es eine „Selbstverständlichkeit“ gewesen, mitzumachen.

„Wir wissen, wenn Dr. Kasper ruft, dann ist alles perfekt organisiert – und wir sind froh, dass wir eine solche Hilfsorganisation als Flaggschiff haben“, lobte Herbst den ehrenamtlich arbeitenden Childaid-Vorstand Dr. Martin Kasper.

Martin Peppler, Rektor der Altkönigschule und offizieller Veranstaltungsleiter, zog noch einmal den so prägnanten, einprägsamen Vergleich: „Zwei Stunden habt Ihr gebraucht, das ist die Zeit, die ein Kind in Nepal im Schnitt für den Schulweg braucht – und dort ist es steiler als im Taunus.“ Norbert Altenkamp, der es genoss, mit großem Applaus begrüßt worden zu sein, meinte dazu im Gespräch mit Nicola Schaefer mit Blick auf seine Schulzeit im Westfälischen: „Und mir ist es schon auf den Zeiger gegangen, eine Stunde mit dem Bus fahren zu müssen.“ Er hob die Bedeutung der Kinderrechte hervor. Darauf baue Bildung und alles Weitere auf, etwa dass Kinder nicht früh zum Arbeiten gezwungen oder zwangsverheiratet werden, was in Nepal noch immer bei einem Drittel der unter 18-jährigen Mädchen der Fall sei. Nebenbei befragt zu den Defiziten hierzulande, kündigte der Bundestagsabgeordnete „gigantische Schulbauprojekte im Hochtaunuskreis“ an, sprach aber auch davon, die Lehrkräfte mit mehr Flexibilität im Hinblick auf den Lehrplan ausstatten zu wollen.

Julia Krügers, die Bürgermeisterin der Feldberggemeinde Schmitten, schaute mit einer Spende im Gepäck vorbei. „Ihr seid alle hier hochgewandert, um für Kinderrechte zu demonstrieren – wow, das ist beeindruckend“, rief sie den Jugendlichen zu und freute sich, einige Gesichter aus ihrem Ort in der Masse zu entdecken. Alle Redner bekamen von Schaefer im Übrigen zur Stärkung eine Tafel Schokolade von Tony’s in die Hand gedrückt – natürlich hatte auch das einen tieferen Grund, der mit Kinderrechten zu tun hat. Der Mann hinter dieser Fairtrade-Schokolade, der Niederländer Teun van de Keuken, hatte diese Marke 2005 gegründet, und zwar aus dem Grund, dass damals alle bekannten Schokoladenhersteller nichts gegen Kinderarbeit in den Kakaoplantagen unternommen hätten.

Big Band und Basketball

Dass die Thematik trotz der lockeren, unterhaltsamen Präsentation nicht zu schwer werden konnte, dafür sorgte die 25-köpfige Big Band des Taunusgymnasiums mit coolen Liedern wie „Halleluja I Love her so“ oder „Oh Johnny, hast Du kein Gewissen“ mit den starken Solo-Sängerinnen Lenka Ilic und Deri Lilian Sheppard. Begleitet am E-Klavier wurden sie vom in der vergangenen Woche noch 13-jährigen Raphael Jähnig, jüngstes Mitglied der Band, der für – den ausgerechnet an seinem Geburtstag erkrankten – Elias Lehmüller souverän einsprang. Übrigens: Wer mehr von der Jazz-Fusion-Musik der Big Band hören möchte, der kann sich das Konzert am 14. November im Theaterraum der Schule vormerken. Dafür machten die beiden Bandleiter Martin Hublow und Philip Kriegeskotte ein wenig Werbung in eigener Sache.

Die große Bühne kennt ein anderer bereits. Ein Höhepunkt des Tages war der Auftritt von Singer-Songwriter Theo Harfst aus Bad Soden. Der Finalist des ZDF-KIKA Songcontests „Dein Song“ 2025 begeisterte mit seinen Songs „Lies over Lies“ und „Für immer“ das junge Publikum. Mit seinen Texten und seiner Musik traf der 17-Jährige den Nerv der Schülerinnen und Schüler, viele riefen begeistert nach einer Zugabe. Zum Glück hatte Theo sein neustes Lied im Gepäck, das diese Woche offiziell erscheint. Mit „Sieben Schritte“ erreichte er direkt so viele Herzen, dass er hinterher sehr viele Autogramme schreiben durfte.

Und ganz ohne Sport kann es unweit der Sportanlage des traditionsreichen Feldbergfestes auch nie abgehen. Vom Basketball-Bundesligateam der Frankfurt Skyliners waren Sportdirektor Sebastian Gleim, früher in Königstein zu Hause, sowie zwei deutsche Meister in der noch recht neuen und spektakulären, seit Olympia in Paris fast allen bekannten Disziplin 3x3-Basketball, vor Ort: Philip Hecker aus Oberreifenberg (ehemaliger TGK-Schüler und MTV-Kronberg-Basketballer) und Florian Wendeler, der aus Köln stammt. Sie sind bei Turnieren weltweit unterwegs und konnten auch einiges zum Thema beisteuern. „Man bekommt in Asien viele positive Emotionen, von den negativen wird man abgeschottet“, sagte Wendler mit Blick auf die Anliegen von Childaid. Und Hecker ergänzte: „Sport kann viel von Leid ablenken.“ Danach ging es in einem kleinen Wettbewerb darum, wer innerhalb einer Minute schneller ist: die Profis, die zusammen 15 Mal in einen Basketballkorb treffen mussten, oder die Schüler mit der Aufgabe, einen überdimensionierten aufgeblasenen Ball in einen Rieswnkorb zu bugsieren. Die Profis gewannen locker, während der Ball der Schüler vom Taunuswind Auftrieb bekam und sich den Berg hinab verabschiedete. Hunderte rannten hinterher, offenbar hoch motiviert von den Ereignissen des Tages, um ihn doch noch in seinen Korb zu bugsieren. Dafür ging es dann auch mit Bussen zurück ins Tal – ein langer „Schulweg“ reicht. Und das Resümee des Tages: Ziel erreicht – für die Schüler im Taunus genauso wie für jene in Nepal.

Wer die Aktion unterstützen möchte, kann weiterhin über den folgenden Link spenden:

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