Königstein (as) – Dieser Termin hat Tradition beim Königsteiner Leichtathletik-Verein. Jedes Jahr verabschiedet der Verein auf der heimischen Sportanlage „Altkönigblick“ seine Top-Athleten vor dem jeweiligen internationalen Großereignis. In diesem Jahr sind es gleich zwei Höhepunkte, die in den kommenden Tagen anstehen: zunächst die U23-Europameisterschaft im norwegischen Bergen von Donnerstag bis Sonntag dieser Woche und drei Wochen später die kontinentalen Titelkämpfe der U20 im finnischen Tampere.
Auch wenn es zwei Ereignisse sind: Der Königsteiner LV ist so stark vertreten wie noch nie, was auch seine gewachsene Bedeutung in der nationalen Leichtathletik-Szene widerspiegelt. Waren es sonst meist drei Nominierte, so sind es jetzt insgesamt acht Athleten, sieben Männer und Jana Marie Becker als dieses Mal einzige Frau, die das rote KLV-Trikot in das vorwiegend in Gold gehaltene Nationaldress eintauschen dürfen. Und ebenfalls eine schöne Tradition bei der Verabschiedung ist es, dass die Top-Athleten von Vereinschefin Judith Wagemans ein Geschenk neben den großen sportlichen Zielen mit auf den Weg bekommen. Diesmal war es eine gebrandete Schlafmaske mit der Aufschrift „Sleep well – run fast“ – sehr passend, schließlich ist es in Skandinavien im Sommer sehr lange und schon früh wieder hell, und die Sportler sollen vor ihren Wettkämpfen natürlich genügend Schlaf finden. Obendrauf gab es noch einen GPS-Tracker für den Koffer – es soll ja schon vorgekommen sein, dass Sportler ohne ihre Ausrüstung im fremden Land ankamen. Ohne die eigenen, eingelaufenen Spikes antreten zu müssen, wäre für Leichtathleten schlichtweg eine Katastrophe.
Im Flieger, der am Dienstagmorgen von Frankfurt nach Bergen abhob, saßen fünf Königsteiner: Zehnkämpfer Friedrich Schulze, die beiden 400-Meter-Hürden-Läufer Lasse Schmitt und Ove Fischer-Breiholz sowie das Duo über die 1.500 m, Christoph Schrick und Jan Dillemuth. Die Athleten werden in Bergen von einem kleinen KLV-Fanclub unterstützt, so sind nahezu alle Eltern und auch Wagemans vor Ort, um die Athleten anzufeuer. Bereits am heutigen Donnerstagmorgen, 17. Juli, beginnen die Wettkämpfe für Zehnkämpfer und die Hürdenläufer, später für die Mittelstreckler.
Während Schulze, der vor der Saison von Eintracht Frankfurt nach Königstein gewechselt hat, von „Disziplin zu Disziplin sehen möchte, was geht“, haben sich die Starter auf den Einzelstrecken alle mindestens „den Endlauf“ vorgenommen. Einer macht dabei die Ausnahme: Ove Fischer-Breiholz, der mit 48,76 sec – vor zehn Tagen bei der DM in Ulm gelaufen – die europäische Bestenliste anführt, sagt klipp und klar: „Mein Ziel ist die Goldmedaille.“ Er fügt aber gleich hinzu: „Meine Bestleistung war zwar eine Ansage, aber sie wird noch nicht für Gold reichen.“ Der 21-Jährige, der von Schwerin nach Königstein gewechselt ist, sieht einen Grund seiner Steigerung in der Unterstützung durch den Verein. „Er hilft mir in allen Aspekten. Mein Wechsel hat mich definitiv weitergebracht“, lobt er das Team um Judith Wagemans und den Sportlichen Leiter, den ehemaligen Olympiateilnehmer Jan Felix Knobel.
Aber nicht nur Fischer-Breiholz, alle Königsteiner Athleten haben zuletzt bei den Deutschen Meisterschaften bewiesen, dass sie pünktlich zum Saisonhöhepunkt ihre beste Leistung abrufen können. Wie das geht, erklärt Lasse Schmitt. „Man priorisiert die Wettkämpfe und arbeitet sich so an die Bestform heran. Dadurch, dass die DM und EM innerhalb von zwei Wochen liegen, kann man sie als zusammenhängenden Höhepunkt sehen.“
Noch etwas länger müssen Jana Becker, Piet Hoyer und Andrii Shymchuk (alle 800 m) ihre Form hochhalten, ehe es für sie in drei Wochen zur U20-EM in Tampere geht. Shymchuk, der 2022 nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine nach Königstein kam, startet dort für sein Heimatland. Becker und Hoyer werden vorher, am 27. Juli, noch einen anderen großen Auftritt haben. Jana Becker darf beim ISTAF Berlin, dem größten deutschen Stadionmeeting, erstmals im Feld der Frauen mitlaufen, immerhin ist die 19-Jährige nicht nur die mit Abstand beste Deutsche in der Klasse U20, sondern aktuell europaweit die Nummer drei. „2018 habe ich dort mit meiner Mutter bei der EM zugeschaut. Vielleicht haben ich davon geträumt, selbst mal in diesem Stadion zu laufen“, sagt Jana. Und Piet wird beim 1.500-Meter-Lauf als „Tempomacher“ nochmal eine „intensive Trainingseinheit“ einlegen.
Es hätte sogar ein noch größeres KLV-Team werden können. Doch Sarah Köcher, die über 3.000 Meter die nationale Norm erfüllt hatte, verpasste bei den Deutschen Meisterschaften die notwendige Platzierung. Und 800-m-Läufer Louis Buschbeck wiederum fehlten bei nur zwei Saisonstarts letztlich fünf Hundertstel Sekunden zur Norm.
Live dabei sein können Interessierte bei beiden Events über den Livestream von European Athletics (www.european-athletics.com).
Update am Freitag:
Ove Fischer-Breiholz ist als bester seines Vorlaufs ins Halbfinale über 400 m Hürden eingezogen. Lasse Schmitt, Jan Dillemuth und Christoph Schrick schieden in ihren Vorläufen aus.