Stadtarchivarin Dr. Alexandra König hat sich anlässlich von Halloween einmal mit Spuk in Königstein beschäftigt
Im Mai dieses Jahres starb der Zeichner Walter Hanel mit 93 Jahren. Über Jahrzehnte kommentierte er mit seinen treffsicheren Karikaturen in der FAZ, dem Spiegel, der Zeit und anderen Titeln das politische Geschehen. In Königstein wird eine Zeichnung aus seiner Feder verwahrt, die eine etwas skurrile Satansbraut mit Blümchenhut zeigt. Sie steuert ein Fluggefährt mit dem Antlitz des blutrünstigen Vampirs über die Burg Königstein.
Anlass genug für die Stadtarchivarin, passend zu Halloween den hiesigen Spukgeschichten einmal nachzugehen. Und siehe da, so viel gibt es trotz des fantasieanregenden Status der Burg als Ruine offenbar gar nicht. Doch einige Anknüpfungspunkte lassen sich in der Stadtgeschichte dann doch finden, ist doch der Taunus und mit ihm Königstein nicht zuletzt durch die Krimis von Nele Neuhaus eine Location, die für Spannung und Nervenkitzel steht.
Bereits 1979 schickte der bei Lesern kurzweiliger Krimikost durchaus bekannte Walter Appel im 60. Band einer Bastei-Reihe den „besten Geisterjäger von Scotland Yard“, John Sinclair, auf die Jagd. „Der Geisterfahrer“ sollte gestellt werden. Ein fliegendes Ungeheuer, Graf Dracula nicht unähnlich, erscheint dabei unweit der Königsteiner Burgruine Autofahrern und treibt sie in ihr Verderben. Die Schönheiten des Taunus-Städtchens werden in dem Groschenroman durchaus gewürdigt. Die Kurstadt bietet aber zugleich den Hintergrund für die gruseligen Ereignisse der nicht gerade als literarisches Meisterwerk geltenden Schaudergeschichte.
Schon 2019 erinnerte anlässlich von Halloween David Schahinian in der Taunus Zeitung an den schon damals 40 Jahre alten Roman. Dracula schwebt auch auf der oben erwähnten Karikatur des bekannten Frankfurter Zeichners und Karikaturisten Walter Hanel über der Burg, wobei die Bedeutung der Dame und ihres draculagesichtigen Fluggefährts recht mysteriös bleiben.
Doch wenn heute schließlich großflächig mit Frankensteins Monster für das Halloween-Ereignis auf der Königsteiner Burg geworben wird, dann lässt sich dies durchaus auch mit dem Taunus-Städtchen verbinden, wenn auch eher indirekt. So unternahm Mary Shelly, die Autorin des 1818 erschienenen Romans und Erfinderin der Figur, im Jahr 1814 eine der gerade bei Engländern so beliebten Rheinreisen. Da ist es durchaus naheliegend, dass zumindest der Name der Burg Frankenstein bei Darmstadt sie zur Bezeichnung ihrer Titelfigur inspirierte. Engere Bezüge zur namensgebenden Burg sind dagegen hoch umstritten.
Doch liefert – und nun kommen wir zu unserer Region – die Geschichte einen weiteren Anknüpfungspunkt. 1803 wurde der gefürchtete Räuber Johannes Bückler, besser bekannt als Schinderhannes, zusammen mit seinen Spießgesellen in Mainz mit der Guillotine hingerichtet. Auch in Königstein trieb er sein Unwesen. Nach lokalen Erzählungen führten ihn seine Wege immer wieder in die Burgstadt, in den Mühlen der Umgebung fand er Unterschlupf und auf den Wegen und in den Wäldern ringsum seine Opfer. Über die Verurteilung der Räuberbande war man also auch hier erleichtert.
Nach der Hinrichtung wurden die Leichen der Delinquenten aber nicht begraben, sondern Forschern zur Verfügung gestellt. Der Jurist Mark Scheibe hat sich eingehend mit den Prozessakten und den damaligen Umständen befasst. Er berichtet: Strom wurde durch die toten Körper geleitet und die lebensnahen Reaktionen beobachtet. Sogar abgetrennte Köpfe versuchte man den nicht zugehörigen Leichen aufzusetzen und Reaktionen der Körperteile zu provozieren. Es mag also durchaus sein, dass die damaligen Berichte über die unheimlichen Versuche mit der gerade entdeckten Elektrizität eine weitere Inspirationsquelle der jungen Autorin Mary Shelly waren.
Während also in verschiedensten Gattungen immer wieder schaurige Geschichten rund um die Königsteiner Burg gesponnen werden, ist zumindest der Stadtarchivarin in Königstein selbst keine Tradition von Horrorgeschichten rund um die Burgruine bekannt. Es überwiegt in der schriftlichen Überlieferung wie in den Erzählungen die Freude an dem schönen Ausblick vom Burgturm und der gefälligen Landschaft der Umgebung.
Sollten Ihnen aber, liebe Leserinnen und Leser, Sagen, Gespenstergeschichten oder passende historische Episoden bekannt sein, freut sich das Stadtarchiv Königstein auf Ihre Hinweise.