Königstein (as) – Es ist vielleicht nicht von allen geliebt, aber es ist ein Ereignis, das Menschen aus der ganzen Welt nach Königstein und auf die Burgruine, die zur Gruselruine wird, lockt. Deshalb ist es auch ohne Frage, und ohne die Traditionsfeste in Königstein damit zu beschneiden, das Ereignis des Jahres in der Burgstadt. Die Rede ist natürlich vom Halloween-Festival, das nach der Schließung von Burg Frankenstein im Odenwald in Königstein eine neue Heimat sucht, und das am Freitag in vier Wochen, am 18. Oktober, ab 19 Uhr die erste von zehn Veranstaltungen erleben wird. Am vergangenen Wochenende brachten die Helfer der Halloween Veranstaltung GmbH die ersten Deko-Materialien auf die Burg, die im Übrigen während des zweieinhalbwöchigen Spektakels (bis 3. November) abgesehen von den Eventzeiten frei zugänglich bleiben wird.
Über den Stand der Vorbereitungen, Aktionen und auch das – in der Königsteiner Bürgerschaft und Politik lange Zeit heiß diskutierte – Sicherheits- und Verkehrskonzept informierte Halloween-Veranstaltungschef Ralph Eberhardt am Dienstag in einem Pressegespräch bei Galeria im Main-Taunus-Zentrum. Die Örtlichkeit war natürlich kein Zufall, denn das Warenhaus verfügt nach Angaben von Filialgeschäftsführer Nicolas Köhler demnächst wieder über die größte Abteilung für Halloween-Kostüme und -Accessoires in der Region. Solche Synergien will man nutzen. Die Halloween-Tickets werden über Rabatt-Coupons für diese Abteilung verfügen, zudem sind an einem Galeria-Stand auf der Burg zahlreiche Aktionen und Events geplant. „Wir schlagen zusammen ein neues Kapitel auf“, so Ralph Eberhardt in Anlehnung an den Slogan der Gruselveranstaltung am neuen Standort: „A new Chapter of Fear“. Und Köhler ergänzte – es klang wie ein Scherz, aber man kennt den ernsten Hintergrund – dass man bei der krisengeplagten Warenhausgruppe solche Kapitel ja gewohnt sei.
Pure Vorfreude auf den neuen Veranstaltungsort mit vielen neuen Möglichkeiten betont Veranstalter Eberhardt an diesem Tag, an dem die Stadt Königstein nicht auf dem Podium vertreten war. Und er macht mit vielen Argumenten glaubhaft, dass er alle Bedenken aus der Burgstadt abgearbeitet hat. Die erforderlichen Genehmigungen seitens der Stadt und des Hochtaunuskreises hat er ohnehin seit Wochen in der Tasche. Wesentlich mehr als 2000 Besucher würden pro Tag nicht auf die Burg kommen, von verschiedenen Zeitslots während der vierstündigen Veranstaltung könne keine Rede sein. Rund 5000 Tickets für die zehn Veranstaltungstage sind bisher an den Halloween-Fan gebracht. Wegen des verspäteten Verkaufsstarts liege man damit noch hinter den Zahlen des Vorjahrs, im September seien aber zehn Prozent mehr Karten abgesetzt worden als üblich. Für den Veranstaltungstag am 26. Oktober werde es bereits eng.
Das soll es in der Innenstadt nicht werden. Die Herausforderung, die Autos der Besucher aus Königstein herauszuhalten, sieht Eberhardt als gelöst an. Neben dem Angebot des RMV-Kombitickets werden vom Waldparkplatz des Opel-Zoos Pendelbusse zur Konrad-Adenauer-Anlage verkehren. Für die Nachmittagsveranstaltungen an den drei Sonntagen, wo der Zoo selbst viele Gäste hat, wird der Parkplatz von Procter & Gamble in Kronberg zur Verfügung stehen. Die Busse würden im Kreis fahren, mehr als zehn Minuten Wartezeit soll es nicht geben. Die Toilettensituation – viele Königsteiner fürchten die beim Burgfest berüchtigten Verrichtungen in ihre Vorgärten – sei ebenfalls bedacht. Es wird Toiletten an den Park&Ride-Parkplätzen ebenso geben wie „Angst-Pippihäuschen“ (Eberhardt) im Kurpark. Auf die defektanfällige Anlage am Kapuzinerplatz will er sich nicht verlassen.
„Ich war in diesem Jahr bei allen großen Veranstaltungen in Königstein. Wenn ich als Ortsfremder komme, freue ich mich über Beschilderungen“, spricht Eberhardt das an, was er bei den Traditionsveranstaltungen auf der Burg vermisst hat. Deshalb wird es eine Wegführung für die Halloween-Besucher durch den Kurpark geben, dort werden auch Merchandise-Stände und weitere Verkaufsbuden sowie Lotsen für Helligkeit, Sicherheit und Orientierung sorgen. Die Hauptstraße soll dagegen von an- und abwandernden Gästen weitgehend unberührt bleiben. Auch den Müll will er selbst entsorgen, das sei er jahrzehntelang so gewohnt von Burg Frankenstein. „Ich möchte nicht, dass das Event für die Stadt eine Mehrbelastung wird“, sagt Eberhardt. Dafür hat er seine Mannschaft am neuen Standort vergrößert auf rund 200 insgesamt. Pro Tag rechnet er mit 120 Helfern, darunter etwa 90 Monster-Darsteller, obendrauf kommt eine externe Sicherheitsfirma für die Personenkontrollen am Eingang. Die Halloween GmbH verfüge über eine jahrelang bewährtes Sicherheitskonzept, das jetzt noch an die Vorgaben der Stadt Königstein adaptiert wurde, in einigen Punkten wie der Müllentsorgung aber sogar darüber hinausgehe.
Auf der Burg selbst werden nur die Freiflächen bespielt, auf den „dunklen Bogen“ – der zuletzt bei den kaum kritisierten städtischen Halloween-Events dazugehörte – und auf die Keller (wegen möglichen Wassereintritts und der Gefahr für Licht- und Tontechnik) verzichtet die Großveranstaltung. Auflagen der Unteren Naturschutzbehörde zum Schutz der Fledermäuse in ihrem Winterquartier haben dabei ebenfalls eine Rolle gespielt.
„Wir müssen jetzt liefern, was wir versprochen haben“, ist sich Eberhardt bewusst und verhehlt eine gewisse Nervosität ob der fehlenden Erfahrungswerte nicht. Jeden Abend wird ein Stab aus Feuerwehr, Rettungskräften, einem Vertreter der Stadt sowie des Veranstalters die Lage auf der Burg neu bewerten – das ist man von Großereignissen so gewohnt in Königstein. Und so gebe es auch „die Chance, jeden Tag oder jede Woche etwas zu verändern“, so Eberhardt.
Vollkontakt-Theater
Beim Programm selbst wird sich für die erfahrene Frankenstein-Community nichts Wesentliches ändern, natürlich wird es auch für Kenner wie immer neue Aktionen, Kostüme oder auch Stationen geben, zumal in Königstein sowieso alles anders aussehen wird. Es bleibt dabei, dass Halloween ein „Vollkontakt-Theater mit einer Mischung aus Spaß und Grusel“ (Eberhardt) ist. Aber es werde niemand beschmiert oder angeschrien. Eine Aktion eines Darstellers löse immer eine Reaktion aus, und sie sollte erwartbar sein, deshalb werde auch ein sogenanntes Monster-Training durchgeführt, erklärt der Veranstalter. Soll heißen, dass die menschlichen Monster an Halloween durchaus Empathie benötigen, um ihre „Opfer“ nicht sprichwörtlich zu Tode zu erschrecken. Insbesondere die rund 20 neuen Darsteller, die beim Monstercasting in diesem Jahr gefunden wurden, müssen durch dieses Training.
Und sie werden auch nicht sofort allein auf das Volk losgelassen, wie Sander Wendt erklärt, der aus Nieder-Ramstadt am Fuße der Burg Frankenstein kommt, dieses Jahr zum zehnten Mal mitspielt und so etwas wie der „Clown-Papa“ ist. „Wir achten sehr darauf, dass keine Grenzen überschritten werden“, sagt er. Dieses „notwendige Einfühlungsvermögen“ bestätigt Monster-Kollegin Anna-Maria Fischer aus Langen. Und sie erklärt die Faszination für Halloween und warum bei dieser Veranstaltung eine dreistellige Zahl von Angehörigen der verschiedensten Berufsgruppen in gruselige Kostüme springt, um anderen einen Schrecken einzujagen: „Es ist die Spiel-Leidenschaft und die Möglichkeit, jemand anderes zu sein.“
Dennoch, wenn Wendt mit seiner Silikonmaske mit messerscharfen Zähnen (wogegen der Clown Pennywise aus „Es“ harmlos aussieht) in der hellerleuchteten Galeria daher kommt und dann noch von seiner blutverschmierten Axt – wenn auch aus LARP-Kunststoff – erzählt, dann ist eigentlich jedem klar, dass die Veranstaltung auf der Burg nichts für Zartbesaitete ist. Die Abendveranstaltungen sind allein schon durch die Lichtstimmung und das plötzliche Auftauchen der Monster gruseliger, deswegen sind sie auch erst ab 16 Jahren empfohlen. „Aber die Eltern sind allein verantwortlich, was sie ihren Kindern antun“, sagt Eberhardt deutlich. Die Kinderveranstaltungen am Sonntagnachmittag sollen dagegen mit „vergnüglichem Grusel statt Horror“ schon ab sechs Jahren geeignet sein. Dann sind die Kostüme und die Masken auch nicht so furchteinflößend, die Clowns kommen nicht blutbeschmiert, sondern rot-weiß kariert daher.
Während abends im oberen Teil der Burg und im Burghof die Untoten, Werwölfe und Vampire ihr Unwesen treiben werden, wird die Festwiese mit der Hauptbühne monsterfrei sein. Hier sind wiederkehrende Tänze zu „Thriller“ und „Ghost“ zu erleben, auch Frankenstein soll auf die Bühne kommen. Dort findet nach 22 Uhr auch die Demaskierung der Monster statt, gegen 23 Uhr soll die Burg dann leer sein – und alle können wieder ruhig schlafen!
Synergien möglich
Im Hinblick auf das neue Halloween-Kapitel in Königstein fallen am Dienstag nur noch noch positive Worte. Man sei „voller Vorfreude und Spannung“, so Sprecher Benjamin Metz. Eberhardt hebt die „schöne Perspektive“, die die Königsteiner Burg bietet, die doppelt bis dreimal so groß wie Burg Frankenstein ist, hervor. Und er betont auch die möglichen Synergien mit den Veranstaltern des Ritterturniers, des Burgfestes und „Rock auf der Burg“. „Warum wollen wird die Bauzäune nicht mal zusammen anschaffen, statt sie immer zu mieten?“ Man will als Königsteiner Veranstalter einfach „greifbar“ sein, vielleicht auch mit der umfunktionierten Hexenhütte als Lebkuchenhaus auf dem Weihnachtsmarkt dabei sein. Die Skepsis aus Königstein wird dem Veranstalter aus der überregionalen Perspektive ohnehin nicht gespiegelt. RTL will groß berichten, Hit Radio FFH beteiligt sich an der Lasershow zur Eröffnung und ZDF neo plant verschiedene Einstellungen seiner Vampir-Serie „Love sucks“ währen des Halloween-Events auf der Burg zu drehen. Auch wenn drei Viertel der Besucher aus der Region kommen, werden auch wieder Halloween-Fans aus Australien, Kanada, Japan und den USA anreisen. Das United States Office in Kaiserlautern hat schon Kontingente für seine Army-Angehörigen angefragt, immerhin waren es diese, die das älteste und größte Halloween-Event auf deutschen Boden 1977 gründeten. Die Vorfreude steigt überall – vielleicht auch noch am Ort des Geschehens.