Kleinod am Rande des Woogtals: Der Pulverbrunnen sprudelt wieder

Stadt und Woogtaldialog haben gemeinsam den Neubau des Pulverbrunnens möglich gemacht (v.l.): Heinrich Alter, Hartmut Paulsen, Beatrice Schenk-Motzko, Gerd Böhmig, Markus Klein, Manfred Colloseus, Bärbel von Römer-Seel und Steimetz Gunnar Uhlemann. Foto: Schramm

Königstein (as) – Herzogin Adelheid Marie würde den neuen Pulverbrunnen am nördlichen Hang des Woogtals kaum wiedererkennen. Doch sie wäre sicher glücklich, dass das Wasser wieder sanft sprudelt im neuen sechseckigen Becken aus Lavabasalt, das von den Planern und dem ausführenden Steinmetz Gunnar Uhlemann bewusst nicht historisierend gestaltete wurde. Das Wasser nutzte die Herzogin, die über mehr als 50 Jahre nach Königstein kam und ihre letzten Lebensjahre Anfang des 20. Jahrhunderts fest im Luxemburger Schloss lebte, zum Teekochen. Das Quellwasser wies eine mit der Nepomukquelle vergleichbare Qualität auf. Der Pulverbrunnen ist also ein geschichtsträchtiger Ort (mehr dazu im Infokasten), der jetzt mit der offiziellen Wiedereröffnung am vergangenen Samstag der Bevölkerung zurückgegeben worden ist. Möglich gemacht haben es die gemeinsame Initiative des Bündnisses Woogtaldialog, die Stadtverwaltung Königstein, die für die Kosten von derzeit noch geschätzten 25.000 bis 30.000 Euro aufkommt, und Steinmetz Uhlemann aus Kronberg. 365 Tage im Jahr soll der Brunnen plätschern und wieder einen Ort mit Aufenthaltsqualität auf der Hangseite des Ölmühlwegs mit Blick zur Burg werden. Und auch wenn das Wasser an Qualität wohl nicht wesentlich eingebüßt hat, wird demnächst neben einem Mülleimer noch ein Schild mit der Aufschrift „Kein Trinkwasser“ aufgestellt, kündigte Gerd Böhmig an, Leiter des Fachbereichs Bauen, Planen und Umwelt, der den Neubau koordinierte. Denn für die Wasserqualität kann natürlich niemand garantieren.

Keine Angriffsfläche zu bieten, ist auf gewisse Weise auch ein wichtiges Thema beim Wiederaufbau gewesen, dessen konkrete Planung vor fünf Jahren begann und der in den beiden vergangenen Jahren – für Spaziergänger sichtbar hinter einem Bauzaun – ausgeführt wurde. Denn die jüngste Vergangenheit des Pulverbrunnens ist nicht so romantisch wie seine Geschichte, im Jahr 2016 wurde der Holzpavillon von Vandalen angezündet und auch das historische Sandsteinbecken irreparabel zerstört. Und das, nachdem der Heimatverein 1998 und der Verein für Denkmalpflege 2013 das Kleinod zweimal saniert hatten. Diesem Risiko wollte sich der Woogtaldialog bei seinem zweiten großen Projekt nach der Säuberung und Einbau einer Sauerstoffanlage im Woogtalweiher nicht aussetzen. Deshalb ist der Pulverbrunnen nicht wieder überdacht worden. Die beiden jungen Dachplatanen, die für die Königsteiner Höfe gegenüber dem Eingang zum Haus der Begegnung herausgenommen werden mussten und nun den Brunnen seitlich eingrenzen, sollen flachgezogen bald ein natürliches Dach bilden.

Und die Materialien, die beim neuen Brunnen eingesetzt wurden, sind mechanisch sehr belastbar und könnten auch gereinigt werden. Außer der Sechseckmauer aus Ziegelstein, der Steinplatten aus Taunus-Serizit vorgeblendet sind, die frisch verfugt wurden, ist alles neu am Brunnen. Während das offene Becken aus dunklem Lavagestein aus Mendig in der Eifel ist, wurde für den hellen Bodenbelag rund um das Becken belastbarer Alta-Quarzit aus Norwegen gewählt, den Uhlemann vom Natursteinwerk Rompf in Mammolshain beziehen konnte. Sie sind mit einem Quarz-Anteil von 80 bis 90 Prozent äußerst belastbar. Nur die Betonwerksteine, die die Randmauer abdecken und vor Witterungseinflüssen schützen, sind keine Natursteine.

Die größte Veränderung gegenüber dem historischen Brunnen ist der Wasserauslauf. Während die Quelle einst aus der Randmauer ins Freie trat und sich damit auch gut Aquariumbecken (und eben Trinkbecher) füllen ließen, sprudelt sie nun von unten durch ein Röhrchen direkt ins Brunnenbecken. Unter dem Ablauf vor dem Becken befindet sich der erhalten gebliebene versteckte Schacht, von wo aus mit zwei Schrauben der Wasserdurchlauf reguliert werden kann. Die Schüttung ist nach wie vor so stark, dass es bei Tests eine Überschwemmung gegeben habe, berichtet Böhmig, daher wird der Wasserstand durch einen im Becken eingebauten Überlauf kontrolliert. Über den Rand tretendes Wasser wäre gerade im Winter wegen der Gefahr der Eisbildung und der möglichen Schäden für Mauerwerk und Fugen ein Problem. So läuft das Wasser kontrolliert unterirdisch ab, tritt auf dem abschüssigen Wiesenhang an die Oberfläche und versickert dort. Theoretisch läuft der Brunnen 365 Tage im Jahr, er kann bei Notwendigkeit aber oberirdisch stillgelegt und sogar eingehaust werden, erklärt Gerd Böhmig

Davon ist aber derzeit keine Rede, man ist ja froh, den schönen Brunnen zeigen zu können, der optisch durchaus ein wenig an ein Kneipp-Becken erinnert. Ein solches ist in der Stadt zwar ein Thema, aber nicht an dieser Stelle, dafür wäre der Pulverbrunnen auch deutlich unterdimensioniert.

„Ein echter Dialog“

Glücklich zeigten sich auch die Mitglieder des Woogtaldialogs über die neueste Attraktion im schönen Königsteiner Wiesental. „Es ist ein besonderer Tag, heute etwas zum Abschluss zu bringen in diesem wunderbaren Naherholungsgebiet“, sagte Markus Klein beim Dank an alle Mitstreiter. Und Bärbel von Römer-Seel betonte die überparteiliche Zusammenarbeit in der Initiative und den „echten Dialog, um Lösungsempfehlungen zu erarbeiten, die wir in die Verwaltung zurücktragen“. Was auch der Bürgermeisterin nur Recht sein kann: „Das Woogtal ist auch einer meiner Lieblingsplätze. Der Brunnen ist einmal mehr ein Grund, hierher zu kommen.“

Wo der Name herkommt

Der Pulverbrunnen ist ein Artefakt der Rüstungsindustrie, weiß Bauamtsleiter Gerd Böhmig. Als auf der Festung mehr Schießpulver benötigt wurde, lagerten die Ritter die Produktion auf die gegenüberliegende Seite der Burgbergs aus, denn das Handwerk war mit Risiko verbunden. So entstand im 16. Jahrhundert eine Pulvermühle mit Wohnhaus. Da diese Mühle mehrfach in die Luft flog, wurde sie Ende des 18. Jahrhunderts nicht mehr aufgebaut und verfiel. Was übrig blieb, war die Quelle. Nachdem die Nassauische Regierung diese an die Stadt verkauft hatte, wurde sie im entstehenden Kurwesen unter Gerhard Pingler wiederbelebt und zu einem erbaulichen Ort des Kurbetriebs. Der neue Brunnen mit seinen Sitzmöglichkeiten auf den niedrigen Mauern des Sechsecks hat jetzt wieder die Qualität, Menschen auf ihrem Spaziergang oder einer Wanderung durchs Woogtal einen schönen Pausenplatz im Heilklima zu offerieren.

Weitere Artikelbilder



X