Königstein vor 100 Jahren: Kein Tag ohne Einbrüche, Anschlag auf die Bahn

Wenn im Grand Hotel Königsteiner Hof nicht gerade Hausrat gestohlen wurde, ließ sich dort gut leben – mit Ausnahme der störenden Geräusche vom Schießplatz der Besatzungstruppen zu seinen Füßen. Repro: Stadtarchiv

Königstein (kw) – In loser Folge veröffentlichen wir in der KöWo den Beitrag, den Ex-Stadtarchivarin Beate Großmann-Hofmann ursprünglich für das Burgfest-Buch verfasst hat, aufgeteilt als Serie.

Diebe aus der Nachbarschaft

Im Februar 1920 berichtete die Zeitung von beinahe täglich eingehenden Diebstahlsanzeigen. Lebensmittel und nützliche Haushaltsgegenstände waren sehr begehrt und wurden oftmals recht schnell weiterveräußert. Die Diebe kamen häufig aus benachbarten Gemeinden. Nachfolgend einige Vorkommnisse, die auch indirekt Kunde über die Not der damaligen Zeit ablegen:

In einer zeitweise unbewohnten Villa am Ölmühlweg wurden Küchengeschirr, Spiegel, Vorhänge, Silbergegenstände, Kleidung, Wein und drei „wertvolle“ Gemälde im Wert von mehreren tausend Mark entwendet.

Vom städtischen Lagerplatz am Bahnhof „verschwanden“ gusseiserne Rohre und altes Eisen. In diesem Fall konnten drei Schneidhainer als Täter ermittelt werden. Eisen war überhaupt sehr gefragt: So wurden Kinder beobachtet, die altes Eisen Althändlern anboten. Außerdem wurden auch aus den städtischen Anlagen Eisenteile gestohlen.

Der Täter ist immer ...

Ein Königsteiner Gärtner wurde wegen Entwendung einer Speckseite aus den Beständen des Kreislebensmittelamtes Königstein zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.

Eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten erhielt ein im Hotel „Königsteiner Hof“ beschäftigter Biebricher, der Pferdegeschirre im Wert von 3.000 Mark gestohlen und diese recht schnell einem Königsteiner Gastwirt weitergereicht hatte. Der Gastwirt musste seinerseits die Hehlerei mit 14 Tagen Gefängnis büßen.

Fünf Jugendliche aus Mammolshain waren verantwortlich für einen Schweinediebstahl bei Obergärtner Laue (Villa Sulzbach). Wohl weniger aus Not, sondern vielmehr aus Vergnügungssucht wurde aus einem Königsteiner Haushalt Wäsche im Wert von 1.000 Mark gestohlen und einem Händler in Höchst weiterverkauft. Die Täter konnten überführt werden: Es waren der Sohn (!) der bestohlenen Familie und ein Arbeiter. Von dem Verkaufserlös hatten die beiden sich ein Grammophon „geleistet“ und brachten das restliche Geld, wie nachgewiesen wurde, auf einer Kirchweih durch.

Anschlag auf die Bahn

Dem Maurermeister Franz Pfaff wurden aus seiner Remise kurz vor Weihnachten 13 Hühner, ein Hahn und zwei Hasen entwendet. Da die Remise von der Straße aus nicht einsehbar war, wurden Ortskundige als Täter vermutet. Eine Frau aus Königstein, der dieser Vorfall sehr zu Herzen ging, „machte sich auf und erstand bei Menschenfreunden Ersatz des größten Teils des gestohlenen Gutes“. Die Zeitung bezeichnete am 27. Dezember 1920 diese Geste als „Weihnachtsüberraschung“ für Herrn Pfaff.

Nur wenige Wochen nach einem gescheiterten Einbruchsversuch in die Schneidhainer Kirche versuchten zwei unbekannte Täter, in die katholische Kirche St. Marien in Königstein einzubrechen. Durch das Bellen eines wachsamen Hundes in der Nachbarschaft aufmerksam geworden, konnte der städtische Bürodiener Moullier nur noch zwei Gestalten über die Friedhofsmauer entschwinden sehen, obwohl er, wie es hieß, „von seiner Schußwaffe Gebrauch machte“
.

Eine besondere kriminelle Energie entwickelten schließlich unbekannte Täter, die am 13. Februar 1920 versuchten, einen Zug auf der Strecke zwischen Hornau und Schneidhain zur Entgleisung zu bringen. Im Abstand von 50 bis 100 Metern wurden in drei Fällen „Eisenbahnoberbaumaterialien“ auf den Schienen befestigt. Glücklicherweise konnte der Zug rechtzeitig zum Halten gebracht werden und niemand wurde verletzt.

Fortsetzung folgt.



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