Königstein vor 100 Jahren: Kur in Königstein – „Herrliches Städtchen“

Zugang: Verkehrsgünstig gelegen, eröffnete das moderne „Café Söhngen“ in der Frankfurter Straße – inklusive Kinosaal. Repros: Stadtarchiv

Königstein (kw) – In loser Folge veröffentlichen wir in der KöWo den Beitrag, den Ex-Stadtarchivarin Beate Großmann-Hofmann ursprünglich für das Burgfest-Buch verfasst hat, aufgeteilt als Serie.

„Das Städtchen selbst ist herrlich“

Vor dem ersten Weltkrieg erlebte die „Königsteiner Kur“ ihren Höhepunkt. Nach Kriegsende 1918 kam der Kurbetrieb allerdings nur langsam wieder in Fahrt. So versammelten sich Ende Januar Interessenten wegen der Gründung eines Ortsvereins der Hotel-und Pensionsinhaber. Darunter befanden sich auch Fräulein Zacharias, die eine Pension am Waldrand in der Elisabethenstraße (heute Hugo-Amelung-Straße) leitete, und Hotelier Eduard Stern vom „Königsteiner Hof“, bis 1914 als „Grand Hotel“ bekannt. Letzterer beklagte sich übrigens am 28. Mai 1920 bei der Stadtverwaltung, dass die zahlreichen französischen Besatzungssoldaten viele Stammgäste abhalten würden und außerdem die Gehwege und Straßen in mangelhaftem Zustand seien.

Mit dem kulturellen Angebot für die Gäste wurde am 18. Juli 1920 wieder begonnen: Das Königsteiner Kurtheater führte das Lustspiel in drei Akten „360 Frauen“ von H. J. Wetzel im Hotel Procasky auf – Kindern unter 15 Jahren war der Eintritt verboten. Wenige Tage später beschloss der Magistrat der Stadt Königstein in seiner Sitzung am 21. Juli 1920, wieder Kurtaxe zu erheben.

Kur, Klinik, Konditor und Kino

Dem Kur- und Fremdenverkehr waren aber zwei Neueröffnungen dienlich: Ende März wies Erhard Leimeister in einer Anzeige darauf hin, dass er das Restaurant Billtalhöhe erworben habe und gute Speisen und Getränke anböte. Am 31. Juli 1920 eröffnete Heinrich Söhngen neben seinem bereits 1919 eröffneten Kino „Königsteiner Lichtspiele“ eine „Conditorei mit Café“ – eine „gänzlich neu und modern hergerichtete Lokalität“.

Dr. Ludwig Steib ließ sich in Königstein nieder und praktizierte in der Wiesbadener Straße. Viele Jahrzehnte später (1956) eröffnete er in der Adelheidstraße die heute noch bestehende Klinik Dr. Steib.

15 Schlafzimmer versteigert

Abschied nehmen hieß es von einer bekannten Institution des Vorkriegskurwesens, der Villa Raetia: Sie war unter Verwendung von Baumaterialien der ehemaligen Falkensteiner Lungenheilanstalt Dr. Dettweiler nach deren Abbruch 1906 erbaut worden. Bis 1914 war die Villa Raetia eine beliebte Kurpension, die ihren Namen nach dem Schweizer Eigentümer Retio Fornio erhalten hatte, der sie 1920 veräußerte. Am 18. Juli 1920 hatten Interessierte die Möglichkeit, Einrichtungsgegenstände in der Villa Raetia, Limburger Straße 42, zu begutachten. Denn am 19. Juli sollte hier eine große „Möbel-Versteigerung“ stattfinden. So kamen insgesamt 15 Schlafzimmer aus Mahagoni- und Eichenholz zum Angebot. Außerdem wurden noch 24 Lederstühle, ein „prachtvolles großes Büffet“, Gartenmöbel, Teppiche, Treppenläufer eine elektrische Wäscherei-Einrichtung und anderes mehr versteigert.

Loblied auf Bad Königstein

Mit ihrer Kur in Königstein offenbar sehr zufrieden war eine Patientin des Sanatoriums Dr. Amelung. Maria Späth, die mehrere Wochen in Königstein verbrachte, verfasste „Ein Loblied auf Bad Königstein“. Ihr Text, der in der Zeitung veröffentlicht wurde, war der Melodie des bekannten Liedes „Am Brunnen vor dem Tore“ angepasst. Sie beschreibt das schöne, herrliche Königstein, von dem man sich fast nicht trennen mag, die Buchenwälder, die frische und reine Luft, die stolze Ruine. Eine Strophe ist dem Arzt und seinem Sanatorium gewidmet:

„Und ganz am Wald gelegen

liegts Sanatorium

-Drin waltet seines Amtes

Sanitätsrat Amelung

Und wer schon hier gewesen

Der wird es wissen gut

Daß viele hier genesen

In Am’lungs Vaterhut“

. Fortsetzung folgt.

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