Königstein (pu) – Anlass zur großen Freude gab es beim seit 1992 bestehenden Förderverein Kinderneurologie Königstein, dessen rund 60 Mitglieder eine Sorge weniger, dafür einen Mehrwert in der Therapie neurologisch beeinträchtigter Kinder haben. Dank einer großzügigen finanziellen Unterstützung durch die Stiftung der Mainova AG konnte ein zweites Galileo Trainings- und Therapiegerät (Vibrationsplatte) angeschafft werden. Zur offiziellen Spendenübergabe durch den Mainova-Leiter Kommunalmanagement, Francisco Rodriguez, schaute auch Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) trotz engem Terminkalender kurz vorbei.
Das Training auf dieser Platte zählt mittlerweile zu den etablierten Bausteinen in der Behandlung von Kindern mit frühkindlichen Hirnschädigungen durch die Konduktive Förderung, einem komplexen Fördersystem, das vom ungarischen Arzt András Petö (1893 bis 1967) ursprünglich für Kinder und Jugendliche mit cerebralen Bewegungsstörungen und Erwachsene mit Parkinson-Syndrom oder nach Apoplex unter der Bezeichnung Konduktive Erziehung und Konduktive Pädagogik entwickelt wurde.
Petö führte in der Konduktiven Förderung Erziehung, Bildung, Therapie und Pflege zusammen (lateinisch conducere), um Kindern mit neurologischen Krankheitsbildern ein selbstbestimmtes Leben und die Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen. Ziele des ganzheitlichen Konzepts sind das Erlernen von Sitzen, Stehen und Gehen sowie die Förderung der geistigen Fähigkeiten und die Verbesserung der Sprache.
Die Vibrationsplatte kommt als zentrales Element ins Spiel durch die Beeinflussung der Muskulatur über hochfrequente Schwingungen (seitenalternierte Bewegungen) auf den Körper, der wiederum mit reflexartigen Muskelkontraktionen reagiert. Diese Reflexe laufen so schnell und gleichmäßig ab, dass ein ständiger Wechsel zwischen An- und Entspannung stattfindet. Je nach Auswahl der Frequenz kann die Muskulatur unterschiedlich trainiert werden. Verbessert werden Kraft, Leistung, Koordination, Reaktionsfähigkeit, Sensorik und die Durchblutung der Muskeln, was eine Regulierung der Spannungszustände des Körpers bewirkt. Hohe Wiederholungszahlen sind ein wichtiger Faktor für das Erlernen neuer Bewegungsmuster und garantieren einen deutlich schnelleren Lern- und Trainingserfolg.
„Wir sehen die Fortschritte ganz deutlich im Alltag, Standvermögen und Gleichgewichtssinn verändern sich zum Positiven“, erzählte Vorstandsmitglied Dr. med. Isabel Sicking, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und Spendenquittungen, die mit ihrem vierjährigen Sohn aktuell mit der „Petö-Woche“ in den farbenfroh gestalteten Räumlichkeiten an der Reihe ist. Aller erkannter und belegter Wirksamkeit zum Trotz werden die Kosten der verhältnismäßig teuren Geräte in der Regel bisher nicht von den Krankenkassen übernommen, umso glücklicher ist der Förderverein Kinderneurologie Königstein über die Zuwendung der Mainova-Stiftung, wodurch zwei Kinder gleichzeitig trainieren können oder Mitglieder das Gerät auch einmal für zu Hause ausleihen können. Eine deutliche Erleichterung bei rund 45 Kindern, die derzeit dabei sind.
Die Konduktive Förderung für Kinder und Jugendliche zwischen 2 und 15 Jahren findet in Abhängigkeit vom Kindesalter und kindlichen Fähigkeiten in Blockeinheiten von ein bis zwei Wochen viermal jährlich statt. Die Eltern werden aktiv in die Förderung einbezogen und individuell dazu angeleitet, das Erlernte mit ihren Kindern zu Hause umzusetzen und weiter auszubauen. So greifen Förderung in der Kleingruppe, individuelle und die zu Hause ineinander; die Therapie ist nicht vom Alltag losgelöst, sondern damit verflochten: einer der Gründe für den großen Erfolg der Konduktiven Förderung.
Aufgrund der großen Entwicklungsschritte, die die Kinder durch die Petö-Förderung machen, wächst das Interesse auch über das Rhein-Main-Gebiet hinaus. Das Einzugsgebiet erstreckt sich mittlerweile über Gießen, Frankfurt, Aschaffenburg, Mainz, Usingen, Rüsselsheim, Bad Nauheim, Friedrichsdorf und Hofheim.
Dennoch wissen die Vorstandsmitglieder um das neue Führungsduo Manuela Grott und Sabrina Lange, das erst kürzlich die langjährige Vorsitzende Monika Benz ablöste, sowie die neben Dr. med. Isabel Sicking weiteren Vorstandsmitglieder Doris Schneider-Konopatzki und Stefan Rüegg (Kassenwart), dass der seit mittlerweile 28 Jahren bestehende Förderverein Kinderneurologie Königstein vielen dennoch unbekannt ist. „Erst vor kurzem erreichte mich der Anruf einer Mutter eines elfjährigen betroffenen Sohns aus einem der Nachbarorte, die keine derartige Hilfe kannte, weshalb viel wertvolle Therapiezeit verloren gegangen ist“, nannte Sicking ein Beispiel.
Die ehrenamtlichen Leistungen des Vereins umfassen die Organisation der Förderblöcke sowie die Beratung und Betreuung von betroffenen Familien, die Vermittlung individueller Fördermöglichkeiten für einkommensschwache Familien, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und die Durchführung von internen und externen Vortrags- und Informationsveranstaltungen (beispielsweise Vorträge „Konduktive Förderung nach Petö“ oder „Testament und Erbrecht für ein behindertes Kind“). Um dies alles zu stemmen, kann der im 2. Stock in der Kirchstraße 9 beheimatete Förderverein Kinderneurologie Königstein jede Unterstützung gebrauchen, sei es durch Sponsoren oder Privatleute, die beispielsweise anlässlich runder Geburtstage für den guten Zweck sammeln. Das Spendenkonto lautet: Deutsche Bank Königstein, IBAN DE82 5007 0024 0477 7074 00, BIC DEUTDEDBFRA. Weitere Informationen zum Verein unter www.petoe-koenigstein.de.