Das neue Burgfräulein heißt Malva I.

Eine große Burgfest-Familie: Zur Inthronisierung von Malva I. (Mitte, mit Krone) und Enthronisierung ihrer Vorgängerin Jessica I. (rechts daneben) kamen die Freunde und Förderer des Burgvereins (rechts Präsidentin Birgit Becker) im Haus der Begegnung zusammen. Foto: Schramm

Königstein (as) – Königstein hat am Samstag den ersten echten Feiertag des Jahres erlebt. Freilich einen inoffiziellen, der in der Bedeutung für die Stadt aber weit über den Neujahrstag hinausgeht. Denn der Burgverein hat bei einer feierlichen Inthronisierungsfeier im Foyer des Hauses der Begegnung ein neues Burgfräulein in sein hohes Amt eingeführt. Malva I., mit bürgerlichem Namen Malva van der Heijden, tritt die Nachfolge von Jessica I. (Jessica Dyhringer) an. Die 20-Jährige wird für ein Jahr die höchste Hoheit der Stadt sein und viele repräsentative Aufgaben übernehmen dürfen, ehe sie beim Höhepunkt des Jahres 2025, dem 72. Burgfest vom 22. bis 24. August, selbst die Schlüssel der Burg und die weltliche Macht über die Stadt übernehmen darf.

Bis der Vorhang über das traditionell bestgehütete Geheimnis der Stadt gelüftet wurde und Malva I. zusammen mit ihrem Hofstaat und dem Fanfarencorps Königstein das Haus betreten durfte, gab es natürlich Zeit zum Spekulieren. Aus den Reihen der Historischen Festungsgarde der Plaschis (Karnevalsverein „Die Plasterschisser“) könnte sie vielleicht kommen, die neue Hoheit, lautete eine der geäußerten Spekulationen unter den rund 150 – zum Teil gewandeten – Gästen, unter ihnen Fürstin Caroline zu Stolberg-Roßla, die Frau des Schirmherrn des Burgfestes. Eine Vermutung, die sich dann auch als ziemlich zutreffend erweisen sollte.

Die Zeit des Wartens wurde an dem Nachmittag aber trefflich überbrückt von Burgverein-Präsidentin Birgit Becker und von „Zeremonienmeister“ und Moderator Uli Stadler. Zunächst mit den obligatorischen Dankesworten Beckers an alle Mitwirkenden des Burgvereins samt der Hohen Burgfrauen und des Ateliers sowie der Mitarbeiter des HdB, die alle zusammen die Veranstaltung möglich gemacht hatten. Gefolgt von einer interessanten Erklärung, warum man nun schon zum zweiten Mal zu diesem Termin und an diesem Ort für die Ent- und Inthronisierung zusammenkommen durfte. Denn eigentlich hatte der Burgverein ja den Plan gehabt, zur Tradition der Vor-Corona-Zeit zurückzukehren und das neue Burgfräulein erst zum Auftakt des Burgfestes auszurufen. „Es sollte eigentlich einmalig sein, aber wir haben so viele positive Rückmeldungen erhalten, dass wir uns entschieden haben, es wieder hier zu feiern“. Eine dieser Rückmeldungen hatte Jessica I. im vergangenen Jahr selbst geliefert – dass sie sich mit einem Vorlauf von einem halben Jahr und den öffentlichen Auftritten vorab sehr viel besser auf ihre Aufgaben und die Erwartungen beim Burgfest selbst habe vorbereiten können, anstatt dort ins kalte Wasser geworfen zu werden. Nun war sie auf gewisse Weise die Leidtragende, denn ihre Amtszeit endete damit früher als erwartet.

Dann war der erste große Moment des Tages gekommen: Der Fanfarencorps geleitete sein aktives Mitglied Jessica I. mit Hofstaat zu ihrer Entthronisierung. Diese dankte in ihrer Rede mit persönlichen Worten nicht nur ihrer Hofdame Nina und ihren Junkern Niklas und Justin (ihrem jüngeren Bruder), sondern auch ihren Eltern Anke und Thomas Dyhringer, Mitglieder der Ritter von Königstein, ihrem Freund Tim, ihrem älteren Bruder Robin und Christian Albrecht für Unterstützung und Begleitung in jeder Lebenslage eines Burgfräuleins. Alle durften sich dafür den Burgvereinsorden umhängen lassen. Dann ließ sie die Gäste noch einmal an ihren wichtigsten Auftritten teilhaben, von ihrem ersten Auftritt bei der Kinderfastnacht der Plaschis über den Hoheiten-Besuch beim hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein, die verschiedenen Besuche bei anderen Traditionsfesten der Region (von denen einige Hoheiten an diesem Tag anwesend waren), den Besuch beim Fest der Weißen Dame in der polnischen Partnerstadt Kórnik bis hin zum Burgfest selbst. Ein besonderer Dank ging dabei an Holger und Biggi Hunkel, die ihr den Burgfest-Samstag gerettet hätten. Und zwar in ihrem Wohnzimmer, das Jessica I. auch gleich zum „Keller des Herzens“ ernannte, denn ein Unwetter hatte das Feiern in den Burgkellern an jenem Abend allzu früh beendet. „Ich habe alles in vollen Zügen genossen, denn die Zeit geht so schnell vorbei. Und ich liebe mein Kleid wie am ersten Tag, ich fühle mich unglaublich wohl darin“, so die abschließenden Worte Jessicas I.

„Du hast den Burgverein engagiert, fröhlich und würdevoll vertreten; besonders dein liebevolles Auftreten bei Begegnungen mit Kindern haben mich beeindruckt“, würdigte Birgit Becker das scheidende Burgfräulein und die künftige Hohe Burgfrau, die dann im Tausch gegen die Insignien der Macht – die Krone und den Mantel der schützenden Gewalt – einige Geschenke entgegennehmen durfte. Darunter war eine Abschrift aus dem Goldenen Buch der Stadt mit der Seite, auf der sie sich beim Burgfest selbst hatte eintragen dürfen, aus den Händen von Bürgermeisterin Beatrice Schenk-Motzko, die ebenfalls die Amtszeit von Jessica I. würdigte: „Du hast mit Herz und Seele Dein Ehrenamt ausgeübt und unsere Stadt international repräsentiert.“

Und dann war der Moment gekommen, das Geheimnis zu lüften: „Ich stelle vor: Malva I. mit Gefolge“, kündigte Birgit Becker den Einzug des neuen Burgfräuleins an: Malva von Heijden ist eine echte Königsteinerin, die in die Kita Wirbelwind und in die Grundschule gegangen ist, 2022 an der Bischof-Neumann-Schule ihr Abitur gemacht hat, an der Frankfurter Goethe-Universität Archäologie studiert, in ihrer Freizeit Gitarre spielt, Kampfsport betreibt und gerne reist. Das macht sie oft gemeinsam mit ihrer Hofdame Victoria Meser (18), die aus Falkenstein stammt und dieses Jahr ihr Abi machen möchte. Ihre zweite Hofdame Alessia Biebus (28) kennt Malva durch die Freundschaft der Eltern bereits seit deren Geburt, ist so etwas wie die große Schwester und bringt als Gebärdendolmetscherin eine Novität in die Geschichte des Burgfestes ein. Sie wird die Ansprachen des Burgfräuleins in Gebärdensprache übersetzen. Ebenso interessant sind die Junker an der Seite von Malva I. Neben ihrem Bruder Paul von der Heijden, der Musikwissenschaften studiert und einen eigenen Eintracht-Frankfurt-Fanclub gegründet hat, ist Junker Nicholas Lohlein ein echter Import. Er ist auch der „Herzbube“ des Burgfräuleins. Der 21-Jährige ist Engländer, hat zwar deutsche Vorfahren – sogar mit Verbindung nach Königstein –, lebt aber in der Grafschaft Kent, wo er und Malva sich auch kennengelernt haben. „Er wird nicht bei allen Auftritten dabei sein können, aber es ist eine tolle Möglichkeit, dass wir uns häufiger sehen als normal“, so das Burgfräulein, dessen Großeltern aus vier verschiedenen Nationen stammen und das damit die Internationalität des Burgfestes und der gesamten Stadt Königstein in seinem Amt so sehr repräsentieren wird wie vermutlich noch keine seiner Vorgängerinnen.

Mit guten Wünschen und Geschenken wurde sie sofort in ihr Amt getragen: Dazu zählten ein Erste-Hilfe-Set für Burgfräuleins, übergeben von Jessica I., und ein Autogrammbuch für die Begegnungen, die Malva I. als Burgfräulein machen wird, sowie – das ist neu – ein Geschenkgutschein über 500 Euro bei der KuSi für repräsentative Zwecke und Geschenke während der Amtszeit, beides übergeben von der Bürgermeisterin.

Und auch die Spekulation der Eingeweihten war richtig. Mutter Ela von der Heijden ist in der Königsteiner Fastnacht hoch engagiert und bei den Plaschis unter anderem auch für das Protokoll zuständig. Und sie arbeitet seit einiger Zeit beim Atelier des Burgvereins mit und hatte für das Kleid der Tochter, das in silbergrauer Grundfarbe mit Ornamenten und einem schwarzen Samtumhang äußerst edel wirkt, selbst Schere und Nähfaden in die Hand genommen. Und so gehörte zur ersten Rede der Tochter als Malva I. natürlich auch die Würdigung dieser handwerklichen Kunst: „Vielen Dank, Mama, dass Du mir dieses traumhafte Kleid geschneidert hast.“ Damit kann der Traum, ein Jahr Burgfräulein zu sein, jetzt richtig beginnen für Ihre Hoheit Malva I.

 

Drei Fragen an Jessica I.

Wie ist jetzt Ihr Gefühl nach dem Ende Ihrer Amtszeit?

Ich bin auf der einen Seite erleichtert, weil es doch auch anstrengend war und ich einige Male über mich hinauswachsen musste. Auf der anderen Seite bin ich unfassbar traurig. Gut, dass ich noch die MuShoBa, die Hohen Burgfrauen und den Kreis der Hoheiten habe, sonst wüsste ich gar nicht, was ich mit meiner Freizeit anfangen soll.

Was war das schönste Erlebnis für Sie als Jessica I.?

Es waren zwei: Der Besuch in Kórnik war ein besonderes Erlebnis, wo ich versucht habe, die Menschen auf Polnisch zu begrüßen. Ich weiß nicht, ob sie es verstanden haben, aber sie haben sich auf alle Fälle darüber gefreut. Und der Aufbau meines Festwagens hat großen Spaß gemacht. Das haben wir mit 15 Leuten über Wochen hinweg alles selbst gemacht, und wir sind am allerletzten Tag mit dem Blumenschmuck fertig geworden. Wir haben lange ein Geheimnis daraus gemacht. Ihn dann beim Umzug präsentieren zu können, war etwas ganz Besonderes.

Und was war Ihre größte Überraschung in diesem Jahr?

Ich denke, das war ganz zu Beginn bei der Großen Plaschi-Sitzung, wo ich als frisch gewähltes Burgfräulein etwas präsentieren sollte. Ich wusste nicht, ob ich Trompete spiele oder etwas anderes mache. Dass die MuShoBa dann lange nach ihrem Auftritt noch mal reingekommen ist und mich begleitet hat, war etwas ganz Besonderes. Auf die MuShoBa und meinen Bruder (Robin ist ebenfalls Mitglied, d. Red.) ist immer Verlass. Auch wenn ich im Frühjahr mit meinem Freund nach Butzbach umziehen werde, trage ich Königstein immer im Herzen und werde die Vereine hier auf keinen Fall aufgeben.

 

Drei Fragen an Malva I.

Wie ist Ihre Verbindung zur Burg und zum Burgfest entstanden?

Ich bin von Kindesbeinen an mit meinem Opa um den Burghain gestreift. Wir haben die Stufen auf den Burgturm gezählt. Auf dem Burgfest selbst war ich wegen Corona und meines Auslandsaufenthalts tatsächlich erst einmal 2019. Ich bin jetzt sehr gespannt darauf, es genauer kennenzulernen und zu sehen, was auf mich zukommt.

War es auch bei Ihnen ein Jugendtraum, einmal Burgfräulein zu werden?

Ja! Ich bin früher mit der Garde der Plaschis selbst beim Umzug mitgelaufen und habe das Burgfräulein schon als kleines Mädchen gesehen und bewundert. Ich fand die Samtkleider immer besonders schön.

Und wie ist dieser Traum Realität geworden?

Bevor es Jessica geworden ist, hatte meine Mutter bereits mein Interesse geäußert. So bin nach einem Gespräch mit dem Burgverein in den Bewerberinnen-Pool aufgenommen worden. Ende letzten Jahres hat man sich dann für mich entschieden worden, weil es dieses Jahr auch zeitlich sehr gut gepasst hat mit meinem Studium. So sehe ich meinen Freund (der als Junker zum Hofstaat gehört und für die wichtigen Termine aus England anreist, d. Red.) auch häufiger.

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