Erstmals im Frankfurter Raum stellt das Museum Giersch der Goethe Universität (MGGU) die Künstlerin Louise Rösler (1907–1993) in einer umfassenden Retrospektive mit über 160 Leihgaben aus. Ihr qualitätsvolles Schaffen zählt zu den interessanten und wichtigen Positionen der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts, die es zu entdecken gilt. Die Ausstellung stellt das reiche und vielseitige Werk der Künstlerin in den Fokus, darunter Gemälde, Collagen, Farb-/Filzstiftarbeiten, Aquarelle, Gouachen, Pastelle und Druckgraphiken.
Immer wieder überraschende Techniken und Materialien beeindrucken dabei ebenso wie die kraftvolle Individualität und Eigenständigkeit dieser Künstlerin. Einzelne Werke von Rösler, die auch 16 Jahre lang in Königstein lebte, waren bereits in den vergangenen Jahren im MGGU zu sehen. Dabei wurde deutlich, dass ihr Werk ein wahrer Schatz ist, dessen Fülle noch nicht vollständig gehoben wurde. Diese Erkenntnis aus den vorherigen Präsentationen im MGGU bildete den Ausgangspunkt für die Planung einer umfassenden Einzelausstellung, initiiert und kuratiert von Susanne Wartenberg. Mit einer beispiellosen Intensität tauchte sie in das Leben und Schaffen der Künstlerin ein, analysierte Fotos, Dokumente und andere archivarische Materialien. Zusätzlich durchforstete sie die erhaltenen Werke und traf schließlich eine Auswahl an Exponaten, die einen umfassenden Einblick in das Gesamtwerk sowie die Schwerpunkte von Louise Rösler bieten.
Ina Neddermeyer, die neue Museumsdirektorin, bedankte sich bei der Ausstellungseröffnung bei allen Beteiligten, die dazu beigetragen haben, dieses Ausstellungsprojekt möglich zu machen. „Es bereitet mir eine außerordentliche Freude, das vielfältige Werk von Louise Rösler hier im MGGU präsentieren zu können“, sagte sie. „Mit dieser Ausstellung leistet das Museum einen weiteren bedeutenden Beitrag dazu, Künstlerinnen und Künstler außerhalb des etablierten kunsthistorischen Kanons einem breiten Publikum zugänglich zu machen.“
Kuratorin Susanne Wartenberg sagt: „Das Werk von Louise Rösler überzeugt in seiner sinnlich-künstlerischen Qualität und ist reich an Erfindungsgeist. Es zeugt von einer lebenslangen Neugier an unterschiedlichsten Techniken und Materialien.“ Und Prof. Dr. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität Frankfurt am Main, fügte hinzu: „Eine Entdeckung dieser nahezu unbekannten Künstlerin ist lohnenswert.“
Evakuierung nach Königstein
Aus einer Künstlerfamilie stammend, durchlief Rösler ihre Ausbildung an der Privatkunstschule Hans Hofmanns in München und an den Berliner Staatschulen für freie und angewandte Kunst, hier in der Klasse von Karl Hofer. Ausgedehnte Studienaufenthalte in Paris, Südfrankreich, Spanien und Italien schlossen sich hieran an. 1933 kehrte sie nach Deutschland zurück und ließ sich in Berlin nieder. Die Großstadt wurde in dieser Zeit zum bestimmenden Motiv in Röslers Malerei und zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Werk.
1943 wurde Louise Rösler mit ihrer kleinen Tochter nach Königstein im Taunus evakuiert, nachdem die Atelierwohnung der Familie durch einen Bombenangriff komplett zerstört worden war. Ihr Mann Walter Kröhnke war bereits 1939 zur Wehrmacht einberufen worden und galt seit 1944 in Russland als vermisst. Trotz der äußerst schwierigen Umstände gelang Rösler in Königstein die Wiederaufnahme ihrer künstlerischen Tätigkeit. Ihre vormals gegenständlich geprägten Malereien wurden nun zunehmend abstrakter, Farbe und Form entfalteten sich autonom.
Zudem entdeckte die Künstlerin die Collage als neue Ausdrucksform. Gefundene Materialien des städtischen Alltagslebens, wie z.B. Bonbonpapier, Blisterpackungen sowie plastische Teile aus Holz, Metall und Plastik fanden nun Eingang in ihre Bildkompositionen.
1959 kehrte Louise Rösler nach 16 Jahren in der Rhein-Main-Region zurück in ihre Heimatstadt Berlin und setzte dort ihre künstlerische Tätigkeit teils in noch freierer Form, teils wieder mehr gegenstandsbezogen fort. Bis kurz vor ihrem Tod 1993 war sie künstlerisch tätig.
Die Ausstellung im MGGU (Schaumainkai 83) in Frankfurt ist noch bis zum 25. August zu sehen. Eintritt: Erwachsene 7 Euro, ermäßigt 5 Euro. Freier Eintritt für Personen unter 18 Jahren und Schulklassen. Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr, Sa, So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr.
Louise Rösler vor ihrem Gemälde „Rummelplatz im Juni“ im August 1988 (aus dem Nachlass Louise RöslerFoto: Birgit Kleber
In der Ausstellung im Museum GierschFoto: MGGU