Königstein (jk) – Direktkandidatin von Volt für die Bundestagswahl im Wahlkreis Main-Taunus, mit Königstein, Kronberg und Steinbach und Mitarbeiterin im Familienunternehmen für Bestattung – die 35-jährige Fiona Byrne bringt beides in ihrem Alltag unter. Doch beide Tätigkeiten hat sie erst seit neuestem aufgenommen, davor war sie 15 Jahre im Ausland. Nach ihrem Abitur an der Sankt-Angela-Schule verließ sie mit 19 Jahren Königstein und studierte Politik, Philosophie und Recht in Heidelberg, St. Petersburg und Dublin, wo sie auch bei einem internationalen Technologie-Konzern arbeitete, ehe sie in Belfast am Trinity College noch einen Abschluss in Human Rights Law machte, bevor sie sich entschloss in ihre Heimatstadt zurückzukehren.
Hier stieg sie wieder in das von ihrer Mutter und ihrem Onkel geführte Familienunternehmen ein. Anfangs war das nur als Zwischenstopp gedacht, doch schnell merkte die Akademikerin, dass auch dieser Job spannend und die Lebensqualität höher als in Irland ist. Das war nicht das einzige, was ihr nach ihrer Rückkehr auffiel. Hier sei noch viel zu tun, sagte sie über die politische Lage im Land, und schnell stand fest, dass sie sich engagieren will. Die junge Politikerin bezeichnet sich als „Idealistin“ und möchte nicht mehr nur mit ihrem Kreuz auf dem Wahlzettel etwas bewegen, sondern ihr gesammeltes Wissen und ihre Erfahrungen der letzten Jahre nutzen. Als Konfliktforscherin und Mediatorin wollte sie „mehr als nur analysieren und über die Politik meckern, sondern selbst etwas bewegen“. Sie entschied sich in der Parteipolitik aktiv zu werden, unter anderem weil ihr wichtig ist, dass dort Menschen aus allen Lebensbereichen und „mit einem normalen Job“ vertreten sind.
Paneuropäischer Ansatz
„Wo kann man sich am besten einbringen?“ hat sie sich gefragt und kam auf Volt. Sie verfolgt die Partei schon seit 2018, kurz nach der Gründung, und kennt die Volt-Politikerin und Frankfurter Stadträtin Eileen O’Sullivan schon seit ihrer Jugend. Die Grundsätze der jungen paneuropäischen Partei Volt stimmten mit ihren als „Europäerin“ mit irischem Vater überein, und die flachen Strukturen ermöglichten ihr, sich schnell einbringen zu können. Der Transfer vom Supranationalen zum Lokalen war ein Ansatz der Partei, der ihr auf Anhieb zusagte.
Anfangs schien die Kommunalwahl im Jahr 2026 das erste Ziel von Fiona Byrne zu werden, doch nichts kam wie geplant, und mit der vorgezogenen Bundestagswahl änderten sich die Prioritäten. Nach ihrem Parteieintritt im Juni 2024 ist sie nur ein halbes Jahr später bereits Kandidatin für den Wahlkreis 180. Sie ist die einzige Bewerberin, die im Hochtaunuskreis lebt, während die anderen sieben Direktkandidaten im Main-Taunus-Kreis zu verorten sind. Die Entscheidung, sich aufstellen zu lassen, sei ihr aber nicht leichtgefallen, gibt sie zu. Noch immer findet Fiona Byrne es ungewohnt, sich auf den Wahlplakaten zu sehen, doch sie wollte über ihren Schatten springen. „Etwas bewegen, sich engagieren und die Demokratie schätzen“, waren Antrieb genug, sich der Herausforderung zu stellen. Auch Eileen O’Sullivan unterstütze sie erneut bei dieser Entscheidung. Vertreten und sichtbar zu sein, sei in der Politik eben wichtig, stellte Byrne selbst fest. Ohne wirkliche Chance auf das Direktmandat hängt sie sich in die Arbeit rein und kämpft für die Ziele ihrer Partei. Erste Aufgabe war, die 2000 Unterschriften zu sammeln, um in Hessen für die Bundestagswahl zugelassen zu werden. Mit gutem Engagement hatte Volt die Unterschriften „schneller als gedacht“ zusammen, freut sich die 35-Jährige. Und nicht nur in Hessen kam die Partei auf über 2000 Unterschriften: Sie ist sogar eine von nur drei Kleinparteien, die diese Hürde in allen Bundesländern übersprungen hat.
Aktuell kann man das ehemalige Burgfräulein oft an Infoständen antreffen, unter anderem auch schon am Königsteiner Wochenmarkt. Doch nicht jeder Bürger weiß Bescheid über ihre Partei. „Volt, verkauft ihr Strom?“, wurde sie bereits gefragt. Strom verkaufen sie nicht, aber die Energie der Zukunft, grüne Technologien sind Grundziele der Volt-Politik. Innovationsentwicklung („Da haben wir Aufholbedarf“), die Etablierung der EU als Innovationsmotor, mehr Bürgerpartizipation und Investitionen ins Bildungssystem – alles nachhaltig und auf die junge Generation ausgerichtet, das ist Volt wichtig.
Ihr persönlich liegt auch die Familienpolitik und die Sozialpolitik sehr am Herzen, besonders Frauenrechte und die Probleme einer jungen Frau mit Karrierewünschen. Fiona Byrne beschäftigt sich selbst mit der Familienplanung und kennt von Gleichaltrigen, die bereits Kinder haben, die Hindernisse wie zum Beispiel die nicht gewollte Teilzeit. Förderprogramme für Frauen und mehr Transparenz beim Gender-Pay-Gap schlägt sie neben einem besseren Kündigungsschutz vor, um den Karriereweg parallel zum Familienleben zu erleichtern.
„Keine einfachen Antworten“
Die Politik-Einsteigerin möchte im Bezug auf das aktuell heißeste Wahlkampfthema auch klarstellen, dass sie es nicht für zielführend hält, Grenzen dichtzumachen. „Es gibt keine einfachen Antworten auf komplexe Probleme. Wir wollen vermitteln, dass es sich lohnt, weiterzuarbeiten, um den Problemen wirklich zu begegnen.“ Deshalb schaut sie auch mit Vorfreude auf ihre ersten anstehenden Podiumsdiskussionen mit den anderen Wahlkreiskandidaten in Hofheim und in der Sankt-Angela-Schule am Freitag. Sie glaubt, dass sie sich trotz „null Erfahrung“ im Kreis der Berufspolitiker Gehör verschaffen kann.
„Wir haben durchaus etwas zu sagen und haben auf kommunaler Ebene schon bewiesen, dass wir was draufhaben“ sagt die junge Frau und verweist darauf, dass Volt auch in Wiesbaden und Darmstadt im Magistrat vertreten ist. Die Europawahl 2024 mit drei Abgeordneten in Straßburg habe der Partei „Schub gegeben“, glaubt Fiona Byrne. Deswegen gibt sie sich auch in Bezug auf das ambitionierte Wahlziel fünf Prozent „realistisch hoffnungsvoll“.