Königstein (as) – Königstein (as) – Was lange währt, scheint tatsächlich auch in diesem Fall gut zu werden. Beim Richtfest für den neuen Kindergarten „Wirbelwind“ am Hardtberg konnten sich am vergangenen Samstag viele Interessierte aus Politik und Bürgerschaft – zu denen erfreulicherweise auch zahlreiche Kindergartenkinder gehörten – ein erstes Bild von dem rund 16 Millionen Euro teuren Neubau machen, der das Bestandsgebäude in der Eppsteiner Straße ersetzen soll. Bis hier die Betreuerinnen und ihre bis zu 130 Schützlinge der Altersklassen Ü3 und künftig auch U3 einziehen werden, dürfte es aber Anfang 2026 werden. Die Fertigstellung und Übergabe des Gebäudes, das die Form eines liegenden U hat, an die Stadt Königstein soll im vierten Quartal 2025 erfolgen – rund 15 Jahre nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung und zehn Jahre nach Beginn der Planungen an diesem Standort. Ursprünglich war das Jahr 2023 als Bezugstermin geplant, aber politischer Streit und schließlich die Corona-Krise, verbunden mit dem nachfolgenden Handwerker- und Baustoffmangel, hatten für die – bei Großprojekten mittlerweile üblichen – Verzögerungen gesorgt. Das Wort „endlich“ war so auch in manchen Statements am Samstag zu vernehmen.
Was im Konzept und in den Bauplänen zu ersehen ist und im Rohbau besichtigt werden konnte, hat sogar mehr als das finale „gut“ verdient. „Hervorragend“ ist schlicht die treffendere Beschreibung für das bauliche Konzept, das Christian Prokesch, Geschäftsführer des federführenden Darmstädter Büros Herzig Architekten, präsentierte. Es beginnt mit der Lage am Hang des Hardtbergs zwischen KVB-Klinik und Villengegend mit unverstelltem Blick auf die beiden Königsteiner Burgen und den Feldberg. Doppelsinnig sagte Prokesch: „Es ist das weitsichtigste Projekt, das wir seit vielen Jahren betreuen durften.“ Weitsichtig auch deshalb, weil für die Zukunft – unsere Kinder – gebaut wurde. Und zwar „mit nicht alltäglichen Standards“, so der Architekt.
Dazu zählt die Holzhybrid-Bauweise der Kita. Die tragenden Wände, Stützen und Decken sind aus Beton, die Außenwände sind in Holzrahmenbauweise mit Holzverschalung gehalten. Diese fertigen Elemente mit Fenstern sind in einem Stück gefertigt, was den Rohbau ohne die üblichen Fensterlöcher – was auch für den Innenausbau im kommenden Winter wichtig ist – sofort warm macht. Die Hybridbauweise hat zudem 400 Tonnen Kohlendioxid eingespart. Eine extensive Dachbegrünung, Photovoltaik-Paneele über dem größten Teil der Dachfläche sorgen dafür, dass das Kita-Gebäude mit einer Brutto-Geschossfläche von 2.750 Quadratmetern auf drei Ebenen Passivhausstandard erreicht.
Beheizt wird es entweder per Anschluss an ein Fernwärmenetz per Blockheizkraftwerk oder autark durch eine Wärmepumpe, was noch zu entscheiden sein wird. Die gesamte Gebäude- und Lüftungstechnik wird sich „unsichtbar“ in abgehängten „Deckenkoffern“ befinden. In die Estrichböden wird die sich über das gesamte Gebäude erstreckende Fußbodenheizung eingebracht, der belastbare Bodenbelag der Wahl ist das zu 100 Prozent aus natürlichen Rohstoffen bestehende Linoleum. Die Wände werden zum Teil aus Sichtbeton bestehen, zum Teil auch mit aus Holz verkleidet, „haltbare Materialien und was zum Dranpacken“, sagt Prokesch. Die rund 2.060 Quadratmeter große Außenspielfläche in der Hanglage wird über mehrere Spielebenen verfügen. Matschanlage, Hexenhaus, Burg, Nestschaukel und eine ausgewiesene Bobbycar-Rennstrecke werden den kleinen „Wirbelwinden“ jede Menge Freunde bereiten.
Helle Innenräume
Das Raumkonzept ist klar durchdacht. Im 1. Obergeschoss (die Ebene des Haupteingangs) und im 2. Obergeschoss wird es Platz geben für je zwei Ü3-Gruppen für die Drei- bis Sechsjährigen. Der Flur vor den Gruppenräumen ist nicht nur zum Ankommen gedacht, sondern auch als Spielflur, auf dem es lauter zugeht. Die hellen Gruppenräume mit großen Flächenfenstern sind da so etwas wie das „Wohnzimmer“ der Gruppe, wo eher etwas ruhiger gespielt und gewerkt wird, wo also gezielter pädagogisch gearbeitet werden kann. Zwischen den beiden Gruppenräumen liegt jeweils ein Extraraum, den sich die beiden Gruppen teilen und der zum Beispiel für Pausen, spezielle Betreuungskonzepte oder auch zum Essen genutzt werden kann. Von jedem Gruppenraum aus wird es – auch als zweiten Fluchtweg – einen Ausgang zum Außengelände geben.
Das gleiche Konzept gilt grundsätzlich auch für die insgesamt bis zu drei U3-Gruppen, die vom Haupteingang aus gesehen im Untergeschoss liegen, der durch die Hanglage aber als Erdgeschoss gilt und mit einem separaten Eingang von außen erreicht werden kann. Dort soll auch ein „Parkplatz“ für Kinderwägen angedockt werden. Im U3-Bereich gibt es zwei gruppenübergreifend nutzbare Räume, einen eigenen Wickel- und Feuchtraum, zwei Ruheräume sowie eine Eltern-Lounge.
In der zentralen mittleren Ebene (1. Obergeschoss) befindet sich zudem die Küche, der Besprechungs- und Pausenraum für das pädagogische Team – und das Highlight im Inneren –, der größte zusammenhängende Raum. Dieser sogenannte Bewegungsraum für Sport, Veranstaltungen und Feste, der dank der beweglichen Wand die Fläche der Mensa mitnutzen kann und dann eine Fläche von 180 Quadratmetern erreicht, ist lichtdurchflutet und bietet natürlich auch den angesprochenen Traumblick.
Viel Lob der Politik
„Die neue Kita Wirbelwind wird ein großartiger Platz für Kinder und Erwachsene werden“, gab sich Königsteins Bürgermeisterin Beatrice Schenk-Motzko (CDU), deren Vorgänger Leonhard Helm sich jahrelang für den Standort stark gemacht hatte, überzeugt: „Starke Kinder, die stabile Beziehungen aufbauen, die entdecken und erforschen, Grenzen kennenlernen und überwinden, sind unser Ziel“, sagte Schenk-Motzko. Sie dankte auch allen beteiligten Baufirmen, dem Architekturbüro, dem Hochtaunuskreis für die Unterstützung und dem städtischen Betriebshof. „Es geht darum, die Kinder bestmöglich individuell zu fördern“, stieß die aus Wiesbaden angereiste Hessische Ministerin für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales Heike Hofmann in die gleiche Richtung. insofern sei der „Kraftakt“, diese Kita zu schaffen, „aller Mühe wert und ein weiterer Meilenstein für Königstein“.
Bei den vielen Glückwünschen wurde Kita-Leiterin Carmen Perez Costa auch ein bisschen nachdenklich. „Ich freue mich natürlich darauf und würde gerne mit dem bestehenden pädagogischen Konzept hier hoch ziehen, das wir natürlich anpassen werden, da wir nicht mehr so heimelig auf einer Ebene sind.“ Bisher arbeitet die Kita mit rund 50 Kindern zwischen drei und sechs Jahren in einem teiloffenen Konzept. Inklusion und Partizipation der Kinder bei Planungs- und Entscheidungsprozessen sind wichtige Bestandteile. Kummer bereitet der Leiterin trotz der erforderlichen pädagogischen Umstellung mit der Hinzunahme der U3-Gruppen aber eher die eigene Teamgröße, die sich von derzeit drei Kräften mindestens verdreifachen müsste, um die Möglichkeiten des neuen Gebäudes auszuschöpfen und die Gesamtanzahl der betreuten Kinder sukzessive in den dreistelligen Bereich steigern zu können.
Hoffnung macht hier womöglich die praxisorientierte vergütete Ausbildung (PivA) zur Gewinnung von Erzieherinnen und Erziehern, die Ministerin Hofmann ins Gespräch brachte und die das Land Hessen auf 1000 erhöht hat, „damit mehr Menschen als Fachkraft den Weg in eine Kita finden können“.
Und Chefarchitekt Christian Prokesch, dessen Firma auf Kindergarten- und Schulbauten spezialisiert ist, bringt noch eine Perspektive, die Hoffnung macht, die raren Fachkräfte zu gewinnen. Er habe schon mehrere Richtfeste erlebt, bei denen es noch nicht gut aussah und mit dem fertigen, attraktiven Gebäude hätten sich die Sorgen aufgelöst, berichtete er. Das moderne Gebäude habe quasi einen Pull-Effekt auf die Pädagogen ausgelöst. Prokesch: „Wir haben hier ein Statement gesetzt, um diese Kita zu einem besonderen Ort zu machen.“
Hort zieht in alte Kita
Das aktuelle Kindergartengebäude in der Eppsteiner Straße will die Stadt auch nach dem Umzug der Gruppen im Jahr 2026 bis auf Weiteres als Hort bis 17 Uhr weiterbetreiben und dafür hortgerecht umbauen. Die aktuellen Hortgebäude in der Klosterstraße und der Georg-Pingler-Straße könnten dann aufgegeben werden, sagte Baufachbereichsleiter Gerd Böhmig.
Denn bis der Hort in den Grundschul-Neubau in der Jahnstraße einziehen wird – wo zudem nur Betreuungszeiten bis 15 Uhr geplant sind –, können durchaus noch einige Jahre ins Land ziehen. Es muss ja nicht so lange dauern wie am Hardtberg …