Das Woogtal in Stand setzen, viel mehr der Natur überlassen

Cordula Jacubowsky vom BUND Königstein-Glashütten wohnt in der Milcheshohl in Schneidhain und wandert von dort aus gerne in die grünen Randbereiche der Kurstadt. Sie hat das Idyll, das Miklos Karlocai in der vergangenen Woche geschildert hat, leicht verändert:

Das Woogtal könnte eine Perle Königsteins werden: Früh morgens (...) erscheinen angeleinte Hunde mit ihren Frauchen, eine spontane und fröhliche Gesellschaft. Die Feldhasen nehmen es gelassen. Die ersten Sonnenstrahlen tanzen auf dem plätschernden Woogbach, am Ufer bemühen sich die Frühschwimmer Richtung Freibad. Die Rentner*innen und die Student*innen belagern die Sitzbänke, genießen das Zwitschern der Vögel und hören dem Summen der Insekten zu, während sie lesen oder lernen. Kinder spielen im Bach oder stromern auf Entdeckertour durch die Wiesen, sie suchen die seltene, geschützte Europäische Gottesanbeterin. (...) Wenn die Sonne tiefer steht, kann man die Bachforellen auf der Jagd nach kleinen Wasserflöhen und Wasserschnecken beobachten. Nach Sonnenuntergang kommen Liebespärchen und die Jugendlichen versammeln sich auf der Halbinsel rund ums Lagerfeuer. In dieser geschützten und natürlichen Umgebung fühlen sich alle wohl...

Es wäre schön, wenn das Woogtal einmal zu einem solchen echten Idyll werden würde. Es gibt aber Menschen, die sich das nicht vorstellen können oder wollen. Warum auch immer, sie wollen das Woogtal in einen aufgeräumten, ordentlichen, sauberen Park verwandeln. Wohin das führt, braucht man nicht abzuwarten: Auf den Wiesen im Woogtal blühen inzwischen fast keine Blumen mehr, die Insekten muss man suchen. Fast 80 Prozent der Insekten fehlen mittlerweile, es werden auch immer weniger Vögel. Wann hat man da zuletzt eine Lerche gehört? Das ist keine echte Natur mehr, da hat der Mensch schon fast alles zerstört. Da geht auch keiner mehr hin, der weiß, wie es sein sollte: 500 m weiter auf dem Bangert ist es schöner.

Die Natur braucht Schutz. Das beweist das undurchdacht in den 70er-Jahren gebaute ganze Woogtal, das Anfang der 2000er Jahre mit viel Geld mühevoll saniert werden musste. Der damals neu gebaute Hauptschluss, der Mühlgraben, funktioniert selten, eine dauerhafte Durchgängigkeit für z.B. die Bachforelle ist dort nicht gewährleistet. Man versuchte gegen die Natur einen Weiher anzulegen, der ohne regelmäßige teure Spezialpflege nicht überlebensfähig ist. Die Quittung hat man jetzt bekommen: Giftstoffe (PAK und Ammoniakverbindungen) im Schlamm, zum Teil vermutlich aus der alten Schlackenbefestigung der Wege oder vom Autoverkehr in den Teich geschwemmt. Was die Natur in Jahrmillionen entwickelt hat und von alleine im Gleichgewicht bleibt, zerstört der Mensch gnadenlos in kürzester Zeit und lässt es dann verrotten.

Die Menschen brauchen keinen Schutz, sie brauchen nur Erholung und das liefert die Natur, wenn man sie lässt. Der Kurpark ist ein Beispiel für „gepflegte Natur“ im Innenbereich, nett zum Ansehen, aber ohne viel Leben. Die wichtigste Rekonvaleszenzmöglichkeit des modernen Stadtmenschen ist aber die naturbelassene Natur im Außenbereich, die dem Naturschutzgesetz unterliegt: Die Wälder, der blumen- und artenreiche Bangert. Auch das Woogtal gehört dazu – wird aber aus Sehnsucht nach einer künstlichen Idylle zerstört, einer kurzsichtigen und menschenfeindlichen Idee.

Das Woogtal braucht eine Rückbesinnung auf alte Werte: nachhaltiges Wirtschaften wie in der Vergangenheit üblich. Der künstliche obere Teich wurde mangels Pflege von der Natur zurückerobert und ist nun wieder ein wunderschöne Bachaue. Der künstliche Umgehungskanal ist teuer reparaturbedürftig. Der Umbau des Weihers in ein Regenrückhaltebecken würde enorm helfen, die Jahrhundertregen, die durch den Klimawandel in Zukunft zu erwarten sind, aufzufangen und Zerstörungen im weiteren Verlauf des Liederbachs zu verhindern. Das Sickerwasser aus den Hängen kann helfen, herrliche Feuchtwiesen zu bilden – das Artensterben der Amphibien ist das höchste, es beträgt 2,5 Prozent pro Jahr, Tendenz steigend.

Am ehemaligen Weiher müsste das Wehr geöffnet und der Absturz beseitigt werden, um die Durchgängigkeit zu verbessern. Das kostet einmalig etwas, danach wäre aber das Woogtal mit ganz geringen Pflegemaßnahmen (Wiesen mähen zwei Mal pro Jahr und Pflege der Wege) eine nicht nur natürliche wunderschöne Perle Königsteins, sondern auch eine äußerst preisgünstige. Die geplanten Ausgaben für einen Kompressor und Umbauten am Teich, Zerstörungen in der Bachaue in Höhe von circa 120.000 Euro plus der Folgekosten, Tausende Euro Stromkosten pro Jahr sowie Baggerarbeiten alle paar Jahre kann man sich so sparen. Die Menschen und die Natur würde es freuen. Wenn man partout Geld ausgeben möchte, könnte man sich dem Entenweiher in der Herzog-Adolph-Anlage einmal näher widmen. Er hätte es nötig und bräuchte es auch regelmäßiger.



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