Schneidhain feiert Kappenfest mit Jung und Alt im Kuckucksnest

. Fotos: Friedel

Schneidhain (hhf) – Schneidhain ist eben doch der „Nabel der Welt“, wie Elferratspräsident Dr. Michael Pfeil gleich zum Einzug verkündete. Mag der Uhu in Königstein ein kümmerliches Ei auf der Burg deponiert haben, so brachten die Kuckucke gleich ein ganzes Gelege auf die Bühne der Heinrich-Dorn-Narrhalla, ein riesiges Programm, das wieder einmal überwiegend von „Eigengewächsen“ bestritten wurde. Das ging so weit, dass die Bühne zunächst nicht mehr zu sehen war, denn alle fünf Balletts empfingen das Publikum hier – da blieb kein Platz zum Tanzen mehr, leichtes Wiegen zur Musik von Sascha Jäger musste genügen.

Der Kuckuck hat‘s geseh‘n

Als nächstes verschwand der Präsident und sein Vorgänger Gerhard Heere übernahm die Moderation, denn Michael Pfeil bleibt auch nach seinem Karrieresprung im Elferrat weiter für das Protokoll zuständig – „Tradition verpflichtet“. Sogar einen Bohrkern für Bürgermeister Leonhard Helm hatte er mitgebracht, ein Dankeschön für unkomplizierte Hilfe beim Aufstellen des Kerbezeltes 2019 – aber auch Kritik, zum Beispiel für Tempokontrollen in der Sackgasse vor der Schule oder die städtische Aufforderung zur Entfernung von Plastikrasen auf Privatgrundstücken. Ob da wenigstens bald die restliche Kegelbahn als Lagerraum für den HBV freigegeben wird?

Auch die eigenen Leute bekamen ihr Fett weg, ob wegen „Apfelweinkoller“, „Pfui“-Rufen auf dem Weiberfasching oder Irrfahrten im Kofferraum nach Mammolshain, sogar Fußballspieler sollen sich vorher beim Frühschoppen in Oberems „ausgeschossen“ haben. Die Krönung war bestimmt die Fahrt nach dem Königsteiner Feuerwehrfest mit der Kleinbahn, die erst in Frankfurt-Hauptbahnhof endete und dann – wieder im Schlaf – zurück nach Königstein führte. Hätte man diesen Zug doch nur angehalten, so wie die Polizei es tat, um Randalierer zu verhaften, die „Dorfpolizist“ Kalli V. nachts beobachtet hatte!

Lollipops jagen Verbrecher

Auch im ersten Showtanz des Abends wurden Verbrecher gejagt, allerdings waren die diesmal Mitglieder der „Lollipops“, die vor ihren Kameradinnen flüchteten, obwohl diese sogar auf dunkler Bühne Suchscheinwerfer einsetzten.

Ebenfalls auf die Suche, aber eher nach Sündern, um sie wie im Protokoll anzuprangern begab sich Fasssenachts-Urgestein Heinz Eichhorn in der Rolle als Küster von St. Johannes. Um den Posten zu bekommen, musste er seine Bibelkundigkeit vom Pfarrer prüfen lassen: Jesus war Holländer, da stets mit Anhängern unterwegs, Adam und Eva dagegen sicher keine Chinesen, sonst hätten sie die Schlange gegessen. Besonderes Mitleid zeigte er aber mit dem Hund, der das Weihwasser ausgesoffen hatte: Er hatte einen Königsteiner gebissen und wurde nun den schlechten Geschmack nicht mehr los.

Sex in der Fastenzeit ist im Übrigen in Ordnung, aber nur mit der eigenen Frau, damit es keinen Spaß macht – und schon gar nicht mit der giftigen Nachbarin: „Wenn die ihren Mund aufmacht, bringt unsere Katze die Jungen in Sicherheit.“

Bambinis verstecken sich

Die Kinder der Bambinis brachten auch Katzen in Sicherheit, nämlich ihre aufwendig geschminkten Gesichter hinter Plastikmasken zum Einzug durch den Saal. Erst auf der Bühne ließen sie dann diese Hüllen fallen und ließen zu „Que Sera“ schließlich bei der Zugabe in dunkler Umgebung leuchtende Zöpfe fliegen.

Mit Daniel Preis aus Kelkheim-Hornau – besser bekannt unter seinem Künstlernamen Helmut – enterte nicht nur ein bekennender Eintracht-Fan die Bütt, sondern auch ein engagierter Karnevalist. Einzig das Problem mit den Mädchen hat er noch nicht gelöst, denn nach dem Saufen an Fasching ist das Hinterherlaufen immer so schwierig... dafür hatte er wenigstens in der Zugabe noch ein paar Trinksprüche auf Lager. Ob sich da wohl ein „wooden heart“ in seiner Brust befindet?

Elvis in Gestalt von Gerald Dinis jedenfalls schwor, kein solches zu haben, wollte aber so gar nicht zum Städtele hinaus, sondern sang sich in bewährter Weise durch das Publikum, küsste hier und kletterte dort auf einen Stuhl, bis nach diversen Zugaben sogar Präsident Pfeil seinen „Thron“ verließ, um ihm auf offener Bühne das Versprechen abzunehmen, im nächsten Jahr wiederzukommen.

Goldkettchen von Jägermeister

Nach einer Pause voll Spießbraten, Schnitzel, Frikadellen und Mett – alles im Brötchen – und Jägermeister-Runden bis zum Gewinn eines stahlechten Goldkettchens oder einer Flasche „Fusion“ (Schiefer trifft Muschelkalk) aus dem Weingut Hofmann plumpsten „Die drei lustigen Vier“ auf die Bühne. Zu Fünft gaben sich die Vollblutmusiker diesmal als Funkenmariechen aus, wenngleich noch nicht recht zufrieden mit ihren Leistungen bei der Generalprobe. Kurzfristige Abhilfe schaffte hier eine verkleidete Tänzerin, doch der Schwindel flog bald auf, als die ebenso zickige wie unrasierte „Jacqueline“ den Auftritt noch einmal wiederholen sollte. Da half auch die Bemerkung nicht, sie habe schon in der Alten Oper den Heinz Schenk getanzt: „Einer von uns beiden ist klüger als du!“

Attila und der Hausmeister

Geschickt ausgedacht waren die Siegermodelle der Kostümprämierung, die es seit 2019 im Rahmen der Kappensitzung gibt. Der grüne Hulk im zerrissenen Hemd belegte den ersten Platz bei den Herren vor Obelix, in der Damen-Klasse lag Bambi aus Wildsachsen knapp vor den Zahnfeen. Dazu kam noch allerlei Geflügel, namentlich der Gockel aus Frankfurt und Eintracht-Adler Attila samt Gattin Aquila, aber auch viele andere im Saal waren dem Podest nur knapp entgangen, da tummelten sich zum Beispiel Popcorn-Prinzessinnen, Panzerknacker, Scheiche und Hirsche, Wikinger, ein Pestarzt und sogar die Weihnachtsfrau.

So viel Unordnung war natürlich ein Dorn im Auge von Hausmeister Moritz Grafe, der seinem Unmut sogleich in der Bütt Luft machte: Vor allem die Bedienung der Strichliste auf der Toilette lag ihm am Herzen, wegen der Abrechnung mit der Toilettenfrau nachher. Privat lief es bei ihm nicht so gut („Die Bütt wird von Jahr zu Jahr enger“), neulich hatte er sogar beim Sex 3:1 gegen seine Frau verloren – das konnte auch durch ein 1:4 beim Auswärtsspiel nicht mehr aufgeholt werden. Dafür konnte er wenigstens die Polizei zum Narren halten, die ihn beim Wildpinkeln erwischte und forderte: „Aufhören und einpacken!“ – „Eingepackt hab ich, aber net uffgehört...“ Sicher wäre alles nicht so gekommen, wenn er dank der Drehtür nicht immer wieder in derselben Kneipe gelandet wäre.

Sweet Angels und schlechte Presse

Drehen ja, aber Tür eher weniger – die Sweet Angels zeigten mit parallel im Wechsel geschlagenen Rädern und sauber synchronen Sprüngen, was Tanzkunst ist und trieben zunächst die jungen Herren auf die Tische. Dann folgte Ralf von Cleef und hatte ein Problem, denn er hatte seine Frau auf die Palme gebracht. Eigentlich hatte er sich im letzten Jahr ja ob ihres Alkoholkonsums auf der Bühne sicher gefühlt und reichlich aus dem Nähkästchen geplaudert, da sie es nicht mehr mitbekam. Dann stand es aber in der KöWo zu lesen und es ging ihm schlecht, wofür nun der grundsätzlich prachtvolle Bart des zuständigen Redakteurs in sein Visier geriet.

Nun gut, dem rasierten Rheinländer kann geholfen werden, diesmal steht dann eben was über ihn selbst in der Zeitung: Er ist eben ein bisschen dämlich. Hat er zumindest so gesungen und betont: „Ich bin so blöd, ich könnte Präsident der Vereinigten Staaten werden...“ Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht, mit seiner gekonnten Mischung aus Kalauern, guten Witzen und umgetexteten Liedern zur Gitarre ist er in Kuckuckshausen zur festen Größe avanciert: „Schneidhainer Fassenacht ist wie Kölner Karneval – nur mit Stimmung!“ Geradezu philosophisch sein Vergleich mit dem Nachbarn, der mit ihm um das gepflegteste Auto wetteifert: Nachdem er seines gewaschen hat, schneidet Ali bei sich ein Stück Auspuff ab: „Du bist Christ und taufst dein Auto, ich bin Muslim und beschneide es...“

Disco trifft Schlager

Längst in der Höhepunkt-Zone angekommen, setzten die Kuckucksweiber mit einer aus der Disco-Szene entnommenen Tanzvorführung dem Programm eine weitere Krone auf, in ihren glitzernden Kostümen verströmten sie echte Lebensfreude. Die brach denn aus vollen Kehlen auch direkt hervor, als Almdudler Philipp Chalupski – der „Andreas Gabalier aus dem Hintertaunus“ – zum Mitsingen einlud. Dabei ging er mehrere Zugaben lang über Tische und Stühle im Saal – zumindest soweit diese vom tobenden Publikum nicht selbst schon belegt waren.

Bevor der Sturm auf die Sektbar losbrechen konnte, kündigten die zarten Töne von AC/DC schließlich noch das Männerballett an, ohne dessen Einzug in Mönchskutten die Schnaademer Familienfastnacht nicht zu Ende gehen darf. Darunter befand sich in diesem Jahr eindeutig Freizeitkleidung und das demonstrierten die Herren denn auch und ließen es sich auf der Bühne mallorcamäßig gutgehen: „There is no limit“, ob mit oder ohne Captain Jack.

Ehrensache, dass sie auch ihre Trainerin Aileen Klinger zu „Come on Eileen“ kräftig hochleben ließen, die es mit den Jungs sicher nicht immer ganz einfach hat, schon gar nicht, wenn sie einem ihrer Kumpels auf offener Bühne auch noch ein Geburtstagständchen singen und mit Konfettibomben werfen. Daneben wäre das anschließende Finale mit allen Akteuren beinahe verblasst, aber ohne diese Freisprechung können die Künstler ja nicht zum privaten Teil des Abends übergehen – und das wäre wirklich schade, auch wenn darüber natürlich nicht weiter in der KöWo berichtet wird. Womöglich aber im Protokoll der nächsten Sitzung ...

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