Blockheizkraftwerk am Bahnhof kommt nun doch nicht

Kronberg (mw) – Lange schon stand fest, so dachten die Bürger als auch die Stadtverordneten jedenfalls, dass am Bahnhof mit den Großbauprojekten Hotel, Kammermusiksaal und Studienzentrum, der Bebauung der Schillergärten durch die Wilma Immobilien AG und dem Baufeld V, auf dem schwerpunktmäßig bezahlbarer Geschosswohnungsbau entstehen soll, ein Blockheizkraftwerk errichtet werden soll. In der kürzlich nicht öffentlich tagenden Betriebskommission wurde nun aber bekannt gegeben, dass das Blockheizkraftwerk (BHKW), das die Stadtwerke Kronberg betreiben sollten, nicht gebaut werden wird.

„Irritierend“ finden die Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen, wie die „Stadt mit dieser Information umgegangen ist“. Das kritisierte schon ihre Stadtverordnete Mechthilde Schwetje bei den Haushaltsberatungen im Haupt- und Finanzauschuss. So sei dem Grünen-Stadtverordneten Udo Keil noch in der Stadtverordnetenversammlung vom 2. November 2017 nach entsprechender Frage vom Ersten Stadtrat Robert Siedler versichert worden, alles laufe nach Plan, zur Zeit gehe es um die Entwurfsplanung für das Heizwerk, insgesamt liege das Projekt im Zeitplan. „Wenige Wochen später war das ,Aus‘ beschlossene Sache“, wundern sich die Grünen. Erster Stadtrat Robert Siedler (parteilos) erklärt dazu, dass es zu diesem Zeitpunkt allein um die Entwurfsplanung des zuständigen Architekten ging. Dass das Blockheizkraftwerk nun nicht gebaut wird, sei jedoch eine Entwicklung gewesen, die sich sukzessive abgezeichnet habe. Ursprünglich sei die Planung, bei der das gasbetriebene BHKW seine Wärme an umliegende Abnehmer hätte verkaufen können, sinnvoll, weil wirtschaftlich gewesen. Der erzeugte Strom sollte in das Stromnetz eingespeist werden, erläutert Siedler. Im Laufe der Zeit nun seien jedoch die angedachten Abnehmer Stück für Stück abgesprungen. „Der Hotelbetreiber hat uns bereits recht früh gesagt, dass er über das BHKW nur Warmwasser beziehen wird.“ Seit Anfang letzten Jahres stand nun auch fest, dass der zweite mögliche Abnehmer, die Kronberger Academy mit Kammermusiksaal und Studienzentrum, sich ebenfalls gegen die Wärme aus dem BHKW entschieden hat. „Sie wollen einen Eisspeicher bauen“, so Siedler. Das macht für die Kühlung des speziellen großen Saales im Sommer für die Academy wohl auch am meisten Sinn. Somit sei den Stadtwerken nur noch die Wilma Immobilien AG als Nutzer geblieben. Zwar kämen in naher Zukunft noch die Wohnungen auf dem Baufeld V hinzu, aber eben nicht zeitlich passend, um das BHKW in Betrieb zu nehmen. Beim Baufeld V müsse zunächst einmal die verkehrliche Untersuchung für Kronberg Süd samt der P&R-Plätze abgeschlossen werden. Das könne sich noch hinziehen, so Siedler. Am Ende dieser Entwicklung sei dann errechnet worden, dass sich das BHKW nun erst nach 15 Jahren amortisieren würde, nicht nach acht bis neun Jahren, was adäquat für die zu tätigenden Investitionen gewesen wäre. Hinzu kam die Unsicherheit, dass die verbliebenen Abnehmer nach einer Vertragslaufzeit von etwa fünf Jahren nach gestiegenen Abnahmepreisen nun vielleicht langfristig wieder aus dem Vertrag mit den Stadtwerken aussteigen könnten. „Denn die Anrainer rechtlich verpflichten, die Wärme von uns zu beziehen, konnten wir nicht“, so der Erste Stadtrat. Das sei nur für den Fall möglich, dass ein neues Bebauungsplangebiet ausgewiesen wird und die Nutzer zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt sind.

Kronbergs Grüne „bedauern, dass das am Bahnhof vorgesehene Blockheizkraftwerk nicht entstehen wird. Geplant war, dass die Academy, das Hotel und die entstehenden Wohnungen ihre Energie umweltfreundlich aus einem gemeinsam genutzten Kraftwerk beziehen.“ Ob ein BHKW am Bahnhof tatsächlich als „umweltfreundlich“ hätte gelten können, darüber „kann man vortrefflich streiten“, gibt der Erste Stadtrat zu bedenken. Schließlich dürfe man nicht vergessen, dass mit einem Gasbetrieb nach wie vor ein fossiler Brennstoff verwendet werde. Außerdem hätte das BHKW am Bahnhof viele dezentrale Abnehmer haben sollen. Das wiederum bedeute jedoch – viel stärker beispielsweise als bei einer mit einer zentralen BHKW-betriebenen Reihenhaussiedlung – einen größeren Wärmeverlust durch die Leitungen, die zu den einzelnen Abnehmern geführt hätten. Mechthild Schwetje hält es jedenfalls nach dem „Aus“ für das BHKW in städtischem Eigenbetrieb am Kronberger Bahnhof für um so wichtiger, „aktive Klimapolitik in Kronberg zum Thema zu machen“: „Jetzt ist die Stadt gefordert, einen kommunalen Aktionsplan zu entwickeln und darin aufzuzeigen, wie Kronberg seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann und will“, teilte sie mit (siehe auch Bericht aus dem HFA). „Entsprechende Fördermittel stehen vom Land Hessen übrigens zur Verfügung und sollten genutzt werden“, betont sie.



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