Der Dalai Lama erschien und alles strahlte

„Firstly, we need logic“... Der Dalai Lama zum Start seines Frankfurt Besuchs im Schlosshotel. Foto: Sura

Kronberg (aks) – Zum Auftakt seiner Frankfurt Reise erschien der 82-jährige Dalai Lama, Tenzin Gyatso, am späten Dienstagnachmittag im Schlosshotel. Wegen eines technischen Defekts der Maschine aus Irland erreichte er den Frankfurter Flughafen mit sieben Stunden Verspätung. Das neue Tibet-Haus in Frankfurt, dessen Schirmherr das Oberhaupt der Tibeter ist, wurde am Mittag in seiner Abwesenheit eröffnet. Es steht für die Brückenfunktion zwischen Ost und West und soll Heimat sein für Exil-Tibeter und alle, die sich für tibetische und buddhistische Kultur interessieren.

Die Polizeieskorte erreichte das Schlosshotel gegen 18 Uhr. Die Ankunft des buddhistischen Mönchs wurde schon den ganzen Tag voller Spannung erwartet. Er stieg aus der Limousine und Bodyguards und das Begrüßungskomitee des Schlosshotels kämpften mit den Schirmen, weil dicke Regenwolken am Himmel hingen – da brachen wunderbarerweise Sonnenstrahlen durch und erhellten die Szene. Alle Anwesenden strahlten und versuchten, einen kurzen Moment die Aufmerksamkeit seiner Heiligkeit zu erhaschen. Das Begrüßungszeremoniell fand an der prächtigen Pforte des Schlosses in Ruhe und Würde statt. Ein weißer Seidenschal, ein bemaltes Holztablett mit Gerstenkörnern, Grundnahrung der Tibeter, und ein Pulver aus Malz „Tsampa“ wurde ihm symbolisch gereicht sowie eine Schale mit einer transparenten Flüssigkeit, die er mit einem kleinen Löffel trank. Immer wieder wandte er sich freundlich an die Umstehenden, die ihn ehrerbietig grüßten. Auf die Frage, ob er glücklich sei über die Eröffnung des Tibet-Hauses, folgte keine direkte Antwort, eher eine Botschaft, die klar, schlicht und einfach, aber auch streng und ohne Pardon war: „Firstly, we need logic. Worldwide we need to preserve knowledge, to preserve values!“ Es gebe keine gesellschaftlichen Werte ohne ein „anständiges“ (decent) Wissen. Die Tibeter verfügten über eine tausendjahrealte Tradition, die erhalten werden müsse durch „Study“, durch lernen – dies gelte weltweit für alle Kulturen.

Dann erlaubt sich seine Heiligkeit doch einen kleinen Scherz: Er sitze nicht nur auf seinem Thron, sondern fordere seine Schüler unerbittlich zu „rigorous studies“ auf – er drohe sogar mit der Peitsche. 30 Jahre brauche man für „fundamental wisdom“, die eigene Bildung. Die beinhalte für den Friedensnobelpreisträger „firstly“ Logik, dann Psychologie und Philosophie. Es ginge dabei nicht um Buddhismus, das Wissen um den Geist sei entscheidend. Sprach’s und verschwand in den imperialen Hallen.

Ein langer Tag für den Frühaufsteher, der jeden Tag um 3 Uhr morgens erwacht, den Morgen mit Gebeten, Meditation und Spaziergängen verbringt, um dann sein traditionelles Frühstück um 5.30 Uhr einzunehmen: Haferbrei, „Tsampa“ (Malzpuder), Brot mit Marmelade und Tee – dabei hört er die Weltnachrichten. Ab 9 Uhr befasst er sich mit buddhistischen Texten und Kommentaren der großen Meister. Ein vegetarisches Mittagessen wird um 11.30 Uhr serviert, auf Reisen allerdings macht der Dalai Lama auch Ausnahmen. Nachmittags gibt er Interviews und bespricht sich mit seinem Mitarbeiterstab. Um 19 Uhr zieht er sich zurück, auf das Abendessen verzichtet er. Sein Glaube, verbunden mit Askese und seinem großen Einsatz für Menschen und die Menschenrechte, verleihen dem Dalai Lama eine immense Strahlkraft, die berührt und ansteckt. Seinen eingängigen Botschaften, die stets zur Nächstenliebe aufrufen („If you want others to be happy, practice compassion. If you want to be happy, practice compassion“) und zum Handeln („Es gibt nur zwei Tage, an denen man nichts tun kann: Gestern und morgen!“), kann man sich nur schwer entziehen.

Am 13. und 14. September erwartete ihn ein großes Publikum in der Jahrhunderthalle zum Thema „Global Ethics“. Und übrigens in der Trinkschale war Sekt, wir haben es probiert.



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