Kronberg (pu) – Obwohl das Thema „Flüchtlinge“ zuletzt die lokalen Schlagzeilen weitaus weniger beherrschte, wurde hinter den Kulissen unvermindert und konzentriert an tragfähigen Zukunftslösungen weitergearbeitet.
Einen ersten Einblick in die vorangetriebenen Planungen gab Erster Stadtrat Jürgen Odszuck (parteilos) während der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) mit einem aktualisierten Sachstand in Bezug auf die momentanen und anzustrebenden Unterbringungsmöglichkeiten. Zum Einstieg informierte er darüber, Stand dieses Frühjahr seien Kronberg bisher insgesamt 235 Personen zugewiesen worden, die im ersten Schritt in den Gemeinschaftsunterkünften im Bettenhaus des ehemaligen Religionspädagogischen Zentrums (RPZ), im umgebauten Modulgebäude in der Schönberger Straße, in der Notunterkunft Villa Winter sowie in von der Stadt angemieteten Wohnungen Platz gefunden hätten.
Doch nun ist es, wie Odszuck bekräftigte, an der Zeit den verändernden Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen und den Blick auf Nachhaltigkeit zu legen. Im Gegensatz zu den beiden Vorjahren, als wegen der sich überschlagenden Ereignisse andere Voraussetzungen geherrscht hätten und überhaupt nichts anderes übrig geblieben sei, als die schnell und in großer Zahl in die Kommune strömenden Zufluchtssuchenden fix unterzubringen, gäbe es inzwischen an übergeordneten Stellen einen Richtungswechsel trotz der nach wie vor schwer einschätzbaren weiteren Entwicklung. Weiterhin könne zum jetzigen Zeitpunkt niemand eine Prognose darüber abgeben, wie lange etwa das Türkei-Abkommen halte oder wie viele Flüchtlinge in den Sommermonaten den Weg über das Mittelmeer wählen.
„Das Gebot der Stunde folgt der Strategie, die sich Kronberg bereits im letzten Jahr zu eigen gemacht hat, nämlich langfristige und nachhaltige Lösungen zu suchen“, unterstrich Odszuck. Diese Tendenz sei zuletzt auch vom Land und vom Kreistag signalisiert worden. Da nach wie vor die Zeit dränge, weil allein zurzeit von 66 anerkannten Flüchtlingen noch 33 in Gemeinschaftsunterkünften leben und für diese schnellstmöglichst Wohnungen gefunden werden müssen, habe man die im letzten Jahr als zunächst realisierungsfähigsten Standortalternativen „Im Tries“, „Feldbergstraße“ und „Grüner Weg“ nochmals einer genaueren Betrachtung unterzogen.
Nach aktuellem Stand der Dinge sei es aus unterschiedlichen Gründen zurzeit nicht ratsam, die bisherigen Ansätze für Unterbringungsmöglichkeiten „Im Tries“ und „Feldbergstraße“ vorrangig zu behandeln. Zum einen, weil nach schriftlich negativ beschiedener Bauvoranfrage „Im Tries“ lediglich eine mündliche Aussage darüber vorliege, es sei eine Notunterkunft – Containerlösung für drei Jahre – denkbar. „Bei einer Investition von 1 Million Euro würde das 330.000 Euro Abschreibungskosten pro Jahr bedeuten, das ist wirtschaftlich nicht tragbar“, so der Baudezernent. Dennoch halte man sich selbstverständlich weiterhin diese Option offen.
Zum anderen seien auch bei der geplanten Lösung in der Feldbergstraße noch eine Menge Fragen offen. Auch hier könne man sich mit der unwirtschaftlichen Containerlösung, für die ein positiver Bescheid nach Voranfrage vorliege, nicht anfreunden. Nach Vermessung des Geländes und Anfertigung eines Entwurfs für einen Erbpachtvertrag mit dem Eigentümer des Grundstücks habe man eine modifizierte, neue Voranfrage für die Erstellung eines Gebäudes eingereicht.
Vor diesem Hintergrund lenkte Odszuck den Blick auf das städtische Grundstück im „Grünen Weg“. „Dort steht einer Entwicklung nach vorliegendem positivem Baubescheid nichts entgegen!“ Und mittlerweile haben die mit dem Projekt befassten auch eine genauere Vorstellung davon, was dort, sofern alles wie geplant läuft, im Frühjahr nächsten Jahres in Betrieb gehen soll.
Nach einem Architekten-Wettbewerb habe sich der Entwurf des Darmstädter Architekts Florian Krieger als tragfähigste Lösung abgezeichnet. Die Rede ist von einem Gebäude (zwei Vollgeschosse plus Dachgeschoss) in Holztafelbauweise mit Platz für 88 Flüchtlinge, Internationales Café und Kleiderkammer und Büroräumen für Betreuungspersonal. „Der Entwurf war inhaltlich und optisch so gut, dass der Architekt damit bei der Architekturbiennale in Venedig vertreten ist“, erläuterte Odszuck. Beheizt werden soll das Ganze mit einer städtischen Holzhackschnitzel-Anlage. „Wir haben insgesamt eine wasserdichte Kalkulation vorliegen und würden bei Vollbelegung eine schwarze Null schreiben, die Rentierlichkeit ist also gegeben“, untermauerte der Baudezernent. Kostenpunkt für die nachhaltige Maßnahme, die, sofern nicht mehr als Flüchtlingsunterkunft benötigt, den Mindestrichtlinien des Hochtaunuskreises für Wohnungsgrößen entsprechend Wohnraum für 48 Personen bieten würde: 2,3 Millionen Euro. Weitere Details dazu wird es auch bei der für kommenden Montag, 4. Juli um 19 Uhr im Festsaal der Stadthalle terminierten, gemeinsamen Informationsveranstaltung des Magistrat der Stadt Kronberg im Taunus, der Flüchtlingshilfe Kronberg und des Vereins Integration.Flüchtlinge.Kronberg geben.
Wegen der fortgeschrittenen Stunde unterblieb im Anschluss an die Präsentation eine Diskussion der ASU-Mitglieder. Seine Meinung dazu, der sich wohl ein Großteil der übrigen Fraktionen anschließen dürfte, brachte Grünen-Vorstand Udo Keil auf den Punkt: „Ich bin begeistert!“