Heinrich Heine – Romantiker und Rebell

Michaela Ehinger mit ihrer eigenen expressiven Art brachte Heine zum Klingen.

Foto: Haleen, Kamera Klub Kronberg

Kronberg (kb) – Einem der bedeutendsten deutschen Dichter, Journalisten und Schriftsteller, Heinrich Heine, waren die ersten von fünf „Texten und Tönen zur Teezeit“ vergangenen Sonntag auf der Burg gewidmet. Das Künstlertrio Michaela Ehinger (Rezitation), Johannes Schwarz (Bariton) und Klemens Althapp (Klavier) hatte aus seinen Werken eigens für diesen Nachmittag ein wunderbar harmonisches und gleichzeitig kontrastreiches Programm zusammengestellt. Die romantische Seite Heines kam in den Vertonungen zum Klingen, mit denen viele seiner Zeitgenossen, von Franz Schubert über Robert Schumann bis hin zu Franz Liszt und Carl Loewe, seiner Lyrik zu Weltruhm verhalfen. Der junge Bariton Johannes Schwarz brillierte in den gefühlvollen, meist von (enttäuschter) Liebe handelnden Liedern. Als Höhepunkt empfanden etliche im Publikum die Ballade vom „Ritter Olaf“. Der Komponist Felix Draeseke (1835-1913) hatte alle Register gezogen für das Drama von Olaf, der nach seiner Hochzeitsnacht gehenkt wird. Johannes Schwarz interpretierte die Ballade klanglich virtuos und so ausdrucksstark, dass das Schicksal des Ritters alle zutiefst berührte. Bereits in der Balladen-Teezeit im Mai 2015, damals noch im Terracottasaal, hatte der junge Bariton das Publikum mit seinem Stimmumfang beeindruckt. Die stimmliche und mimische Weiterentwicklung der letzten zwei Jahre ist bemerkenswert. In dem kongenialen Klavierspiel von Klemens Althapp war zu spüren, wie gut die Künstler seit ihrem ersten Zusammentreffen damals im Mai harmonieren. Klemens Althapp konnte seine große Erfahrung in der Liedbegleitung mit sehr einfühlsamer Intonation erneut unter Beweis stellen. Auf Solostücke für Klavier hatten die Künstler bei der Programmgestaltung bewusst verzichtet, um Heines Texten Raum zu geben.

Der rebellischen Seite Heines nahm sich Michaela Ehinger in der ihr eigenen expressiven Art an. Sie stellt sich der „Dichtung“, der verdichteten Sprache, als Medium zur Verfügung, wie sie von sich selbst sagt. Als sie den „Vater Rhein“ sich beklagen lässt im Caput V aus „Deutschland – ein Wintermärchen“, wurde aus der starren Versform ein fließender, lebendiger Vortrag. Die streckenweise umständlich anmutende Prosa in den „Englischen Fragmenten / Gespräch auf der Themse“ vermittelte sie so lebhaft, dass man ihr trotzdem gerne lauschte. Ehingers gelungene Textauswahl machte ein Bild wieder sichtbar, das Heine von Europa, den Franzosen, Engländern und Deutschen vor über 150 Jahren zeichnete. Es ist von erstaunlicher Aktualität. Die Zuschauer im gut besetzten Wappensaal ließen sich von der besonderen Stimmung des Aufführungsorts und den Darbietungen in Bann schlagen. Gelegentliche Seufzer, zustimmendes Murmeln und dezentes Lachen zeugten von höchster Aufmerksamkeit. Sie dankten den Künstlern mit ausgiebigem Beifall. Mit den Texten und Tönen zur Teezeit hat sich eine fruchtbare Verbindung aus Literatur und Musik im Veranstaltungsprogramm der Burg etabliert. Man darf gespannt sein auf vier weitere Vorstellungen, jeweils am dritten Sonntag im Juni, Juli, August und September, alle unter dem Motto „Reformation, Rebellion, Revolution“.



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