Oberhöchstadt (mw) – Geräucherten Fisch auf dem Keramikmarkt in Oberhöchstadt? Ja, den gab es tatsächlich auf dem Platz neben dem Dalles-Haus. Allerdings nicht zum verspeisen. Die Keramik-Künstlerin Moni Funck aus Steinbach bot Fische aus Ton, gefertigt in ihrer Keramikwerkstatt an, die Erwachsene und Kinder vor Ort selbst glasieren konnten. „Ich liebe eben die Action“, gesteht sie, bei dieser sehr alten Raku-Brandtechnik fügen sich die Elemente, die es mir besonders angetan haben, Wasser und Feuer zusammen“, erzählt sie, während sie die 1.000 Grad Celsius heißen Fische aus den drei aufgebauten Öfen auf dem Platz unter der Linde zieht, um sie danach in einen Behälter mit Sägespänen zu befördern, in dem noch einmal die Funken zu sprühen beginnen, bevor die glühend heißen Fische im kühlen Wasserbottich abgelöscht werden. Raku ist eine traditionelle japanische Brenntechnik und wurde erstmals im 16. Jahrhundert in Kyoto entwickelt. „Raku bedeutet so viel wie Freude, Zufriedenheit oder Glück“, erzählt die Künstlerin, die normalerweise große Kunstobjekte ausstellt. Den Besuchern, Erwachsenen wie Kindern, die an der Brennaktion teilnahmen, war die Freude am künstlerischen Gestalten anzumerken. Ungeduldig warteten vor allem die Kinder vor den Öfen, in denen ihre Fische gebrannt wurden, um sie anschließend zufrieden und glücklich aus dem Wasser zu fischen, wenn sie, von Asche- und Rauchspuren gesäubert, plötzlich in allen Regenbogenfarben leuchteten. Allein bei Moni Funck konnte man an diesem herrlichen Frühlingssonntag den Mittag verbringen. Speis und Trank und Sitzmöglichkeiten, angeboten vom Vereinsring Oberhöchstadt, waren nicht weit und mit dem Trio „Allicance Manouche“ aus Fulda hatte die Keramiker-Innung für fetzig fröhlichen Gipsy-Jazz, inspiriert von Django Reinhardt gesorgt. Im Klang der ansprechend interpretierten Stücke ließ es sich beschwingt über den über 40 Aussteller großen Keramikmarkt flanieren. Die Keramikwaren, allesamt wertvolle Handarbeitsstücke, jedes Stück individuell fern jeder Massenware gefertigt, haben ihren Preis. Doch wer sich dem morgendlichen Rundgang mit Fachkundigen der Töpferinnung Hessen, Bürgermeister Klaus Temmen und dem Vorsitzenden des Vereinsrings Oberhöchstadt, Hans-Georg Kaufmann angeschlossen hatte, der wusste bald viel mehr über die vielfältigen Brand- und Glasurtechniken, beispielsweise, dass Porzellan bei über 1.300 Grad Celsius gebrannt wird. „Wie aufwändig der Entstehungsprozess der Unikate ist, die immer wieder in die Hand genommen werden, bis sie ihre endgültige Form und Farbe finden und zwei Mal gebrannt werden müssen, was auch Energiekosten verursacht, können sich viele Besucher trotzdem kaum vorstellen“, weiß Barbara Reiter, Ausstellerin und Vertreterin der Töpferinnung. Am Ende siegte bei den meisten aber die Schönheit und Kreativität der angebotenen Keramikware und so wurde das Portemonnaie immer wieder gezückt. „Glücklicherweise ist hier ja direkt am Platz ein Bankautomat“, meinte eine Besucherin lachend. „Den musste ich jetzt dann doch bemühen.“ Die Besucher von nah (viele Kronberger wurden gesichtet) und fern lobten rundweg das vielseitige Angebot von traditionell gestalteter Keramikware bis zu völlig ausgefallener kreativer Töpferkunst in Form und Farbe. Vasen, Schalen, Schüsseln, Teller und Tassen. Von elegant zurückhaltend, bis zu fetzigem Design, von Schwarz bis knalligem Orange-Rot wurden die schier grenzenlosen Möglichkeiten diese alten Handwerkskunst deutlich, die derzeit wieder ihren Aufschwung erlebt. Die einen mögen es verspielt, mit Schnörkeln und Blumenmotiven, die anderen lieben die klare Linie, spielen mit den Erdtönen und glasieren zurückhaltend. Einige der Keramikliebhaber steuerten sogleich auf ihren Lieblingsstand zu, um zu ihrem Service ein weiteres Stück für eine größere Kaffeetafel zu erstehen. Andere konnten bei dem vielfältigen Angebot für Hof und Garten, angefangen bei Keramikblüten und Vögeln auf Metallstäben bis hin zu hängenden Kugeln und Glöckchen einfach nicht widerstehen. Die kleinste Keramikvase, mit Stiefmütterchen bestückt, entlockte Ausrufe der Entzückung genauso eine riesige Dekovase in ineinanderfließenden Glasuren für andere, die einen großen Raum zur vollen Entfaltung ihrer Ausstrahlung braucht. „Lieblingsstücke“ konnten auf dem Markt, aber auch aus dem Dallessaal käuflich erworben worden, auch wenn sich von diesen die Aussteller nur schwer trennen mochten: Zum ersten Mal hatte nämlich die Töpferinnerung selbst eine passende Ausstellung kreiert, indem sie ihre eigenen „Lieblingsstücke“ ausstellten.
Wen man auch fragte, ob Aussteller oder Gast, die Stimmung auf dem dritten Oberhöchstädter Keramikmark, der sich in Oberhöchstadt zu einer festen Institution zu etablieren scheint, war allseits gut. „Ich finde es gerade super hier“, meinte Franziska Ettner von der „Wilden Töpfe-Keramik, die aus dem Mühltal nach Oberhöchstadt mit ihrem Töpfersortiment in Naturfarbe und Türkisblau angereist war. „Ich habe die Sonne im Rücken und viele interessierte Besucher vor mir“, sagt sie lächelnd. „Was will man mehr?“ Einigkeit herrschte am frühen Nachmittag bereits darüber, dass sich der Markt dieses Mal über weiteren Besucherzuwachs freuen durfte. „Genau das, was wir gehofft haben, ist eingetroffen“, so Barbara Reiter. Innerhalb der Keramik-Interessierten aber auch innerhalb der Töpferszene selbst habe sich wohl herumgesprochen, dass es einen neuen Keramikmarkt im Taunus gibt, dessen Teilnahme und Besuch lohnt. Steigen die Teilnehmerzahlen nächstes Jahr und die Besucheranzahl noch einmal an, könne auch darüber nachgedacht werden, den Markt auf zwei Tage auszudehnen. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Dazu muss er ein echter Publikumsmagnet werden, erklärte Reiter. Hans-Georg Kaufmann vom Vereinsring war jedenfalls gerüstet, trotz des Ansturms auf Pommes und Co. „Mir war klar, der Markt ist noch am Expandieren.“ Und so war am Mittag schnell der Nachschub für Wasser, Apfelsaft, Würstchen und Pommes organisiert. Dass hinter der Theke ganz verschiedene Vereine aus Oberhöchstadt ihren Dienst für die Vereinskasse und für die Besucher taten, fiel den auswärtigen Besuchern ebenfalls auf – denn jeder bediente im vereinseigenen T-Shirt mit entsprechendem Logo. Ein junges Pärchen freute sich sichtlich über die Bewirtung. „Wir finden es toll, dass es hier noch eine solche Vereinskultur gibt“, betonte sie. „Das ist absolut lobenswert.“
Dicht an dicht drängten sich neben dem Dalles-Brunnen die Kinder um eine Töpferscheibe. Hier hieß es Ärmel hochkremeln und den nassen Ton fühlen und formen. Die Keramik-Meisterin Gabriela Noll führte die Kinder den gesamten Tag über mit schier grenzenloser Geduld in die hohe Töpferkunst an der Scheibe ein. Die ersten, mit ihrer Unterstützung, gefertigen Schalen oder Tassen ließen sie in der Sonne trocknen und durften danach mit nach Hause genommen werden.
Die Aktion der katholischen St. Vitus-Gemeinde gemeinsam mit den Ausstellern zugunsten von afrikanischen Kindern der Paul Albert Simon Schule in Himo (Tansania) fand ebenfalls riesigen Zuspruch. Bei dem sogenannten Empty-Bowls-Projekt wechselten über 120 handgetöpferte Schalen gefüllt mit Suppe ihren Besitzer. „Jeder Teilnehmer hat uns mindestens drei Schalen zur Verfügung gestellt, die wir mit Suppe gefüllt verkauft haben“, so Gudrun Becker-Schlünder, Mitglied des Fördervereins Himo. „Wir waren eine Stunde früher, bereits um 12.30 Uhr ausverkauft“, freut sie sich über den großen Erfolg, bei dem die Gemeinde 2.060 Euro einnehmen konnte. Denn, so macht sie klar, für 13 Euro bekommen in Tansania 65 Kinder ein warmes Mittagessen. „Wir hatten auch einige Besucher, die zum zweiten Mal zu uns kamen, um von ihrem Lieblings-Aussteller eine oder mehrere weitere Schalen zu erstehen“, berichtete sie. Die Kartoffelsuppe und Chili con Carne wurden bis zur letzten Suppenkelle weiterverkauft, nachdem die Schüsseln längst schon ausverkauft waren. Wen es zum Nachtisch lieber nach Eis, anstatt nach Kuchen dürstete, der hatte es ebenfalls nicht weit, die Eisdiele an der Kirchgasse hatte sich für die vielen Besucher mit mehr Personal gewappnet und so genossen Groß und Klein zum Schulferienausklang auf dem Porto Recanati-Plätzchen, gegenüber auf Mauer und Treppe sitzend, die verlockendsten Eissorten.