Der Kunst- und Weinmarkt: Feiern, Flanieren und Freundschaftsfest

Die Stadtmauern eignen sich für die Hängung der Bilder, wie hier bei der Karin Krantz, die bereits viele Jahre beim Kunst- und Weinmarkt teilnimmt, ausgesprochen gut.

Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Kronberg
(mw) – Die „Hildegard“ war heiß begehrt auf dem Kunst- und Weinmarkt. Die Weindame wird aus „Laura Rosecco“ trocken, aus Perlwein mit Kohlensäure und Rosé hergestellt. Nicht zu vergessen die herrlich fruchtigen Himbeeren darin. Sie fand bei den hochsommerlichen Temperaturen viele Liebhaber. „Wenn das Wetter Sonntag genauso gut hält, sind wir mehr als zufrieden“, meint Rolf Herrmann vom Weingut Herrmann aus Guldental. Die fünf Guldentaler Winzer ließen es sich, trotz Kerb daheim – zum 29. Mal in der Sommerferienzeit nicht nehmen, ihre Weine zum Kunst- und Weinmarkt in der Kronberger Altstadt zu kredenzen. Die Freundschaft zwischen Kronberg und Guldental ist eng. Inzwischen ist teilweise schon die nächste Generation der Weinbauern mit von der Partie. Aber auch die Partnerschaftsvereine trugen zum Gelingen des weinseligen Festes bei, das einmal von Horst Neugebauer aus der Taufe gehoben worden war, um denen, die nicht in den Urlaub fahren, eine Abwechslung zu bieten. Man könnte fast meinen, einige hätten ihren Urlaub extra eine Woche nach hinten schoben, um den Kunst- und Weinmarkt nicht zu vepassen. Jedenfalls sind zur Musik von O-Ton auf dem Tanzhausplatz und von Jürgen Lugert im Recepturhof Tische und Bänke bereits am Samstag Abend gut gefüllt. Zwar herrscht zu dieser Stunde an den rund 80 Bilder- und Kunsthandwerksständen kein dichtes Gedränge, aber gut gelaunt zeigen sich die Teilnehmer trotzdem. „Ich habe vergangenes Jahr bereits am Markt teilgenommen, weil mir meine Standnachbarin, die mit wunderschönem Schmuck aus Dreieich angereist ist, damals verriet, „dass die Qualität hier gut ist.“ Es war die richtige Entscheidung und so ist Alice Schütte aus Obertshausen dieses Jahr, zehnprozentige Anhebung der Standgebühren hin oder her, zum zweiten Mal vor dem Recepturhof zu Gast. „Die Stimmung ist super und die Leute sind begeistert von meinen Arbeiten, was will man mehr?“, sagt sie. Die Malerin wechselt zwischen ihrem Atelier und ihrer Aufgabe, Schüler in Kunst und Sport zu unterrichten. Außerdem arbeitet sie als Personal-Trainerin. Für sie eine gelungene berufliche Mischung. „Ich bin von Grund auf eine Optimistin“, gesteht sie. Das ist ihren Bilder in Acryl in Kombination mit Aquarell, in Spachteltechnik und Ölkreide anzumerken, die Farben sind kräftig und lebensbejahend. Als Themen wählt sie gerne „Natur pur“, aber auch die Menschen in einer bestimmten Bewegung darzustellen, fasziniert sie. Dass auf einem solchen Markt nicht viele Bilder sogleich den Besitzer wechseln, schreckt sie nicht. „Ein Bilderkauf will wohl überlegt sein“, weiß sie. Wichtig sei, das Interesse zu wecken und ein gutes Gespräch, alles andere würde sich später ergeben. Inzwischen wird auf dem Tanzhausplatz munter weitergefeiert. Bei den Temperaturen steigt der Wein schnell in den Kopf und für viele wird aus dem Abend eine lange weinselige Nacht. Die Freunde der Geselligkeit kommen trotzdem am Sonntag wieder und machen es sich auf den heiß begehrten Schattenplätzen auf dem Tanzhaus bequem, die Weingläser werden schnell geleert, aber auch Kaffee und Kuchen beim Stand des Partnerschaftsvereins Kronberg-Ballenstedt gemeinsam mit der Museumsgesellschaft sind stark nachgefragt. Allein 15 Zwetschgenkuchen wurden für die am Sonntagnachmittag zunehmende Besucherschar gebacken. Die Schlange am Kuchenstand, an dem passend zum Wetter auch Eiskaffee lockt, reißt nicht ab und verlangt den Helferinnen und Helfern hinter der Theke echtes Durchhaltevermögen ab. Direkt neben dem Kuchen werden Bilder aus dem Nachlass von Hildegard Willhöft angeboten. Sie war der Museumsgesellschaft eng verbunden und vermachte ihnen ihre eigenen Werke, aber auch weitere Bilder, die sie selbst Zeit ihres Lebens erstanden hatte. Die Kunstschau ist abwechslungsreich, neben Bildern und Fotografien gibt es auch ansprechende Stände mit Töpferware, angefangen bei handgefertigten Tellern, Schalen und Anrichten bis zu ausgefallenen Dekoartikeln. Sogar Schmuck aus Ton – beispielsweise eine leuchtend rote Klatschmohnblüte – wird angeboten. Das gemeinschaftliche Konzept des Aktionskreises Lebenswerte Altstadt, der Tourismusförderung in Kronberg (Tik), des Magistrats der Stadt Kronberg und des Bundes der Selbstständigen (BDS), die zusätzlich am Sonntag mit offenen Geschäften aufwarten, geht auch dieses Jahr wieder auf. Holzbildhauer Gerhard Menzer ist aus dem Odenwald zum ersten Mal in Kronberg zu Gast. Er ist sichtlich glücklich mit dem Schattenplatz, den er von der Stadt zugewiesen bekommen hat: Im Innenhof, der sich hinter der Zehntscheune verbirgt, die ebenfalls mit Ständen gut gefüllt ist, können seine stattlichen bunt bemalten Holzskulpuren ihre Wirkung im Raum voll entfalten. „Wer sich für meine Arbeiten interessiert, kommt hier heraus und kann verweilen, es herrscht eine wunderbar entspannte Atmosphäre“, findet der Künstler. „Nächstes Jahr bin ich wieder mit dabei.“ Während auf dem Tanzhausplatz mit den Freunden aus Porto Recanati gesungen und gefeiert wird, verkauft Dieter B. Schmidt vom Hellhof im Recepturhof gut gelaunt seinen sommerlich-leichten Kartoffelsalat mit „Fleischpflanzerln“. Seinen Gästen von nah und fern gibt er gleich noch seine Idee, eine Stadtführung mit anschließendem 3-Gang-Menü in Form eines Flyers mit auf den Weg. Am Ende des zweiten Tages sind Standbetreiber, Winzer, Künstler, Vereinsvertreter und Gäste, gleichermaßen erschöpft, aber außerordentlich zufrieden: Die einen vom Feiern, Einkaufen und dem Wein, der in Strömen floss, die anderen von zwei Tagen Standdienst für den Verkauf ihrer eigenen Produkte und vielen anregenden Gesprächen.



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