Kronberg (pu) – In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause beschäftigte sich der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) unter anderem mit einem Antrag der CDU-Fraktion, wonach die Stadtverordnetenversammlung den Magistrat beauftragen sollen, beim Regionalverband Rhein Main die Änderung des „Regionalen Flächennutzungsplanes“ vom 17. Oktober 2001 im Bereich Kellergrund – ehemaliges Ausbildungszentrum Deutsche Bank – von „Sonderbaugebiet Bildung“ in „Wald“ zu beantragen. Das Vorhaben soll allerdings nur in Angriff genommen werden, sofern eine vorherige rechtliche Prüfung dieser Änderung keine über die Kosten des Verfahrens hinausgehenden finanziellen Risiken für die Stadt Kronberg ergibt.
Ein Antrag, der die Gemüter am Dienstagabend erhitzte, was keinesfalls daran lag, dass man sich lediglich zum Zweck der Aufwärmung in Rage reden wollte, weil der Großteil der Sitzung nach einer Reservierungspanne bei frischen Temperaturen Open-Air in einem Pavillon auf dem Parkplatz der neuen Trattoria in der Kronthaler Straße stattfinden musste. Vielmehr offenbarte sich ein unterschiedliches Meinungsbild der einzelnen Fraktionen zu diesem Thema.
Begründung
Die Christdemokraten skizzierten in ihrer Begründung kurz den ihren Recherchen zufolge vorliegenden Sachstand. Das Ausbildungszentrum der Deutschen Bank am Oberen Aufstieg war noch vom damaligen Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main als bestehende Einrichtung in den Regionalen Flächennutzungsplan als Sonderbaugebiet „Bildung“ übernommen worden. Seit 2006 steht die Einrichtung mit Ausnahme der wenige Monate dauernden Nutzung als Flüchtlingserstaufnahmelager leer. Diese kurzfristige Sondernutzung war nach Kenntnisstand des CDU Stadtverbands durch die Änderung des Paragraphen 246 Baugesetzbuch vom 24. Oktober 2015 ausschließlich als bis zum 31. Dezember 2019 befristete Sonderregelung für Flüchtlungsunterkünfte möglich. „Soweit bekannt“, rief Ausschuss-Vorsitzender Max-Werner Kahl in Erinnerung, „besteht zwischen dem Land Hessen und der Deutschen Bank noch ein Mietvertrag, der im November 2018 ausläuft.“ Angesichts der Anfang des Jahres geführten Gespräche und der daraus resultierenden Entwicklung am „Grünen Weg“ mit der dortigen baldigen Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft (wir berichteten) sei eine Verlängerung des Mietvertrages unwahrscheinlich. Daraus schließen die Christdemokraten, dass es ab dem 31. Dezember 2019 auf dem Gelände der Deutschen Bank kein Planungsrecht mehr gibt. Die Darstellung „Sonderbaugebiet Bildung“ laufe daher ins Leere. „Jede Aktivität setzt dann voraus, dass der Flächennutzungsplan eine andere Baufläche darstellt und auf dessen Grundlage ein Bebauungsplan aufgestellt wird“, zitierte Kahl aus der Begründung seiner Fraktion. Nach Meinung der Christdemokraten dürfte das unwahrscheinlich sein, weil jede Art der Bebauung an dieser Stelle gegen alle Grundsätze einer ordnungsgemäßen Stadtplanung und gegen die im Baugesetzbuch stehenden Vorschriften der „Allgemeinen Städtebaurechte“ verstoße.
„Es ist daher nur folgerichtig, den Flächennutzungsplan von Sonderbaugebiet in „Wald“ zu ändern. Das gilt auch besonders, weil sich aus der Änderung eines Flächennutzungsplanes gemäß der ständigen Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Ansprüche herleiten lassen“, so Kahl. Darüber hinaus habe seine Fraktion sowohl bei der Deutschen Bank als Eigentümer des Geländes als auch bei der Stadt Kronberg nachgefragt, ob unter Umständen ein Käufer Interesse signalisiert habe, dies sei nicht der Fall.
Während Bündnis 90/Grünen-Vorstand Udo Keil den „sehr interessanten und guten“ Antrag unterstützte und den Faden gleich weiterspann mit dem Vorschlag der Durchführung eines Forschungsprojekts, in dessen Verlauf festgehalten werden könne, wie lange es dauert, bis sich der Wald wieder durchsetzt, waren bei den übrigen Fraktionen noch Fragen offen. Die Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ (KfB) begrüßt laut ihrer Co-Fraktionsvorsitzenden Alexa Börner die Zielsetzung des Antrags. In Sachen möglicher Entschädigungsforderungen und Abriss der Gebäude bemängelte sie jedoch eine unklare Sachlage und regte an, das Ganze als Prüfantrag zu formulieren.
Fragenkatalog
Die stellvertretende FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende Brigitte Bremer ging schärfer mit der CDU ins Gericht, berichtete, schon im Ortsbeirat Kronberg habe keine „saubere Entscheidung“ getroffen werden können mangels vorliegender genauer Angaben. „Auf mündliche Aussagen, der Bestandsschutz sei abgelaufen, verlassen wir uns nicht!“ Nach ihren Worten haben die Liberalen zum einen der Stadtverwaltung einen Fragenkatalog zur Bearbeitung vorgelegt, zum anderen hätte man im Zuge einer Anfrage im Landtag keine Bestätigung für den Ablauf der Sonderregelung am 31. Dezember 2019 erhalten. Bremer machte deutlich, die Idee der Christdemokraten an sich sei gut, die Liberalen „sind gegen eine Bebauung auf diesem Gelände“.
Irreführung der Bürger
Eine andere Position vertritt dagegen die SPD. „Die vorliegende Bebauung ist nicht schön, aber bevor man daran geht, bedarf es einer sorgfältigen neutralen rechtlichen Würdigung“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Haas.
Auch er zeigte sich nach aktuellem Sachstand nicht davon überzeugt, dass das Ganze entschädigungsfrei über die Bühne gehen könnte. Aus diesem Grund könne man dem Antrag in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Seine Kollegin Andrea Poerschke ging noch einen Schritt weiter und sparte nicht mit Kritik: „Es ist eine Irreführung der Bürger, sie glauben zu lassen, am Oberen Aufstieg könne Wald entstehen! Vor dem Hintergrund der bestehenden Wohnungsknappheit ist dieser Antrag außerdem als Luxusgedanke anzusehen, vielmehr sollten die bestehenden Gebäude einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden!“ Poerschke sprach in diesem Zusammenhang unter anderem von Wohnungen oder Gewerbe. „Man sollte auf die Deutsche Bank zugehen und gemeinsam nach einer sinnvollen Lösung suchen“, forderte sie abschließend,
UBG-Fraktionsvorsitzender Erich Geisel plädierte ebenfalls dafür, den Gedanken der Wohnbebauung auf dem betreffenden Gelände wenigstens zu prüfen und verwies in diesem Zusammenhang auf das Beispiel Waldsiedlung. „Kronberg hat nicht so viele Flächen zur Bebauung und dort ist eine komplette Infrastruktur schon vorhanden!“ Dagegen regte sich allerdings sowohl aus den Reihen der CDU als auch der FDP Widerspruch nicht zuletzt mit dem Argument der Verkehrsmehrbelastung für die Dettweiler Straße.
Nach seiner Einschätzung befragt, erklärte Erster Stadtrat Robert Siedler mit aller Vorsicht, grundsätzlich sei die Entschädigung im Grundgesetz geregelt und Bestandsschutz „läuft irgendwann aus“ , doch wie immer bedürfe es in jedem Einzelfall der sorgfältigen Prüfung der Sachlage. Er stellte daher eine zeitnahe rechtliche Prüfung und die Klärung der offenen Fragen in Aussicht.
Nichtsdestotrotz wurde über den Antrag der CDU abgestimmt. Letztendlich votierten fünf ASU-Mitglieder mit „Ja“ bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung.