Schlosshotel: Happy-End für zwei Gemälde – Rückkehr nach 70 Jahren

Donatus Landgraf von Hessen und Robert Edsel, Gründer und Präsident der „Monuments Men Foundation“ freuen sich, dass diese beiden Bilder aus dem Besitz der Kaiserin Friedrich wieder zurück in Kronberg sind.

Foto: Wittkopf

Kronberg (pf) – Es ist ein kleines Wunder und hört sich fast an wie ein Märchen: Nach 70 Jahren sind zwei Bilder nach Schloss Friedrichshof – ins heutige Schlosshotel –zurückgekehrt, die in den Wirren der ersten Nachkriegszeit aus dem Schloss verschwunden waren. 1945 hatten die Amerikanischen Streitkräfte das Schloss der Kaiserin Friedrich mit seinen zahlreichen Kunstschätzen, Antiquitäten, wertvollen Möbeln, Gobelins und Bildersammlungen besetzt und zum Offizierskasino umfunktioniert. Als sie es verließen, nahmen sie mit, was als besonders wertvoll bezeichnet worden war. Damals, berichtete Donatus Landgraf von Hessen, hätten die Offiziere bei einem Schreiner in Königstein große Umzugskisten bestellt und eigens Kunstexperten kommen lassen, um die wertvollsten Stücke auszuwählen. Die ließen sie dann einpacken und in die Vereinigten Staaten schicken.

Ob die beiden kleinformatigen Bilder dabei waren, scheint eher unwahrscheinlich. Entdeckt wurden sie jedenfalls im vergangenen Sommer von Mike und Bert Holland in Montana, als sie den Nachlass ihrer verstorbenen Tante sichteten. Sie war nach dem Krieg im Dienst der Army in Heidelberg stationiert. Dort klingelte eines Tages ein amerikanischer Soldat an ihrer Tür und bot ihr die Bilder zum Kauf an, für sehr wenig Geld, wie sie auf einem Zettel vermerkte, der bei den Bildern gefunden wurde. Durch den Film „The Monuments Men“, den George Clooney 2013 nach dem gleichnamigen Buch von Robert Edsel drehte und der Anfang 2014 in die Kinos kam – Clooney schrieb das Drehbuch, führte Regie und spielte die Hauptrolle – hatten die Brüder Holland von der in Dallas ansässigen „Monuments Men Foundation“ erfahren.

Gründer und Präsident der 2007 ins Leben gerufenen Stiftung ist Robert Edsel. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur an die Arbeit der „Monuments Men“ zu erinnern, Offiziere aus dreizehn Nationen, die – wie in seinem Buch und im Film geschildert – während und nach Ende des Zweiten Weltkriegs eigens nach Europa geschickt worden waren, um gestohlene und versteckte Kunstschätze und Kulturgüter zu suchen und für die Menschheit zu bewahren. Er versucht auch, im Krieg gestohlene Kunstwerke ihren rechtmäßigen Besitzern zurückzubringen. In den USA hat seine Stiftung eine gebührenfreie Telefonnummer eingerichtet, über die sich im vergangenen Sommer die Holland-Brüder bei ihm meldeten und von ihrem Fund erzählten. Es habe zahlreiche Telefongespräche und sechs Monate gedauert, erzählte Robert Edsel jetzt im Schlosshotel Kronberg, bis er die beiden Bilder zum ersten Mal zu Gesicht bekam – und sehr aufgeregt wurde. Denn auf der Rückseite der beiden Bilder fand er, woher sie stammen. Auf dem einen befindet sich ein großes verziertes V mit einer Krone darüber, ein Zeichen, mit dem die Kaiserin Friedrich ihre Bilder kennzeichnete. Auf dem anderen stand „Schloss Friedrichshof, Zimmer C No. 19, Laufende No. 70“, darunter auf einem runden Aufkleber in Großbuchstaben „Dienst S.M. der Kaiserin u. Königin Friedrich“.

Als Donatus Landgraf von Hessen, der amtierende Chef des Hauses Hessen, im Dezember einen Anruf aus den USA und die Nachricht bekam, es seien zwei Bilder aus dem Besitz der Kaiserin Friedrich gefunden worden: „Da dachte ich, ich werde auf den Arm genommen“, sagte er. Sehr, sehr vorsichtig habe man sich im Gespräch angenähert. „Denn ich wollte keinem auf den Leim gehen.“

Das eine Bild, erfuhr er, zeige „drei Könige“, das andere eine Madonna mit Kind. Bei den drei Königen hätten sie sofort an die Heiligen drei Könige gedacht. Doch als sie das Bild sahen, wusste Donatus Landgraf von Hessen sofort, um welchen seiner Vorfahren es sich handelte: Um Karl I. aus dem Hause Stuart, der von 1625 bis 1649 König von England, Schottland und Irland war. „Wir haben das an seiner Haartracht erkannt, denn er trug sein Haar immer auf der rechten Seite kurz, hinten länger und auf der linken Seite sehr lang.“ Das Bild aus dem Besitz der Kaiserin Friedrich ist die Kopie eines großformatigen Gemäldes, das in Schloss Windsor hängt. Der flämische Maler Anthonis van Dyck malte es in den Jahren 1635/36 als Vorlage für den römischen Bildhauer Gian Lorenzo Bernini, der danach eine Skulptur des Königs anfertigen sollte, was er auch tat. Das Gemälde zeigt Karl I. gleich dreimal, einmal von rechts, dann von vorne und schließlich von links.

Das zweite, ebenfalls kleinformatige Bild hing bis zur Besetzung des Schlosses durch die Amerikaner im Schlafzimmer der Kaiserin Friedrich in Kronberg, wie der Aufkleber auf der Rückseite belegt. In einem reich verzierten Rahmen zeigt es aber nicht etwa die Gottesmutter mit Kind, sondern sie selbst als Kleinkind auf dem Schoß ihrer Mutter, der englischen Queen Victoria. Ein „apotheotisches Porträt“, so bezeichnete es Dr. Markus Miller, Museumsdirektor von Schloss Fasanerie. Beide Gemälde sind in den über hundert Jahre alten Inventarbüchern von Schloss Friedrichshof verzeichnet – sichtbarer Beweis, dass sie tatsächlich der Kaiserin Friedrich gehörten.

Dr. Miller wird die beiden Gemälde in einer Ausstellung präsentieren, die er im Schloss Fasanerie bei Fulda unter dem Titel „Verkehrt herum“ plant. „Denn die Rückseiten und Unterseiten von Bildern und Skulpturen, die ein Betrachter normalerweise nie zu Gesicht bekommt, erzählen oft ganze Geschichten“, sagte er. Danach kommen sie zurück ins Schlosshotel – eine Nachricht, die der Direktor des Schlosshotels Franz Zimmermann mit Freude hörte.

Das „Madonnenbild“ soll wieder im ehemaligen Schlafzimmer der Kaiserin Friedrich einen Platz finden. Wo das Porträt von Karl I. nach seiner Rückkehr aus der Ausstellung aufgehängt wird, steht noch nicht fest. Ursprünglich hing es im roten Salon, wo viele Porträts der Vorfahren der Kaiserin Friedrich und ihres Mannes, des 99-Tage-Kaisers Friedrich III. hängen. Beide sammelten mit Fleiß und Leidenschaft Gemälde ihrer Ahnen. Aber da es so klein ist, soll es demnächst einen anderen Platz bekommen.

Sowohl Donatus Landgraf von Hessen als auch Robert Edsel freuten sich über die Rückkehr der beiden Gemälde ins Schlosshotel. „Es ist ein wunderbarer Moment“, sagte Robert Edsel. „Er heilt die Wunden der Zeit und bringt eine Geschichte aus der Zeit des Krieges zu einem glücklichen Ende, die so viele schreckliche Geschichten und Gräuel mit sich gebracht hat.“

Ob die Brüder Holland eines Tages auch nach Kronberg kommen werden, um dort die Bilder aus dem Safe ihrer Tante an dem Platz zu besuchen, an den sie gehören, steht noch nicht fest. „Aber wenn sie kommen, sind sie willkommen und unsere Gäste“, versprach Donatus Landgraf von Hessen.



X