Stadt setzt Signal für Gewerbe – Parkscheibenregelung zur Bauphase

Kronberg (pu/kb) – Sechs aktuell angekündigte, teilweise bereits vollzogene, Schließungen von Ladengeschäften oder gastronomischen Betrieben und nun droht aus Sicht des Gewerbes zu allem Überfluss weiteres Unheil in Form der ab 15. Juni anstehenden mehrmonatigen Kanalbauarbeiten in der Frankfurter Straße samt Vollsperrung des Teilbereichs zwischen Walter-Schwagenscheidt-Straße und Jacques-Reiss-Straße. Anlass zur Sorge gibt in diesem Zusammenhang die in der letzten Woche von der Stadtverwaltung angekündigte und aus Perspektive der Verkehrsplaner nachvollziehbare großräumige Umleitung in beiden Richtungen über die L3015/Ballenstedter Straße/Schönberger Straße/Friedrichstraße. Die dahinterstehende Intention, den Verkehrsstrom aus der Innenstadt herauszuhalten, stößt bei der auf eine belebte Stadt angewiesenen Geschäftswelt auf wenig Begeisterung.

Damit der momentan massiv im Fokus stehende Kronberger Einzelhandel und die Gastronomie die bis zu vier Monate lange Sperrung in der Frankfurter Straße (bei der es sich nicht um eine Baumaßname der Stadt, sondern des Landes handelt) möglichst gut überstehen, hat die städtische Wirtschaftsförderung einen Plan zur Unterstützung der Gewerbetreibenden in der Innenstadt erarbeitet, den man nun mit dem Bund der Selbstständigen (BDS) besprechen will. „Der Vorschlag sieht vor, dass sowohl Stadt als auch der Einzelhandel und die Gastronomie ihren Anteil leisten, um die Kunden und Gäste durch gemeinsame Anstrengungen auch während der Bauphase zu halten“, erklärt Bürgermeister Klaus Temmen, der mit dem Vorschlag im Magistrat auf Zustimmung gestoßen ist.

Kernpunkt der Überlegungen, so Temmen, sei der von Wirtschaftsförderer Andreas Bloching angeregte vorübergehende Verzicht der Stadt Kronberg auf den Betrieb von Parkscheinautomaten bei gleichzeitiger Beteiligung von Einzelhandel und Gastronomie an einer Rückvergütung für Parkhaus-Nutzer.

„Wir müssen einen klaren Anreiz für Kunden und Gäste schaffen, auch während der Sperrung der Frankfurter Straße zum Besuch in die Innenstadt zu kommen“, begründet Bloching seinen Vorstoß. Damit die oberirdischen Stellplätze aber nicht von Dauerparkern blockiert werden (Bloching: „Das wiederum würde dem Handel ja wenig hilfreich sein“,) soll während der Außerbetriebnahme der Automaten die Parkscheibenregelung gelten, womit kostenloses Parken bis zu einer Stunde möglich ist.

Die Stadt, so rechnet Bürgermeister Temmen vor, verzichte damit auf rund 3.000 Euro an monatlichen Einnahmen im städtischen Haushalt, die üblicherweise durch den Betrieb der Parkscheinautomaten verbucht würden. Temmen: „Das ist uns die Unterstützung von Einzelhandel und Gastronomie wert!“

Gewerbe selbst in der Pflicht

Der Rathauschef sieht aber auch den Einzelhandel und die Gastronomie selbst in der Pflicht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. „Dies könnten Einzelhandel und Gastronomie mit dem Gewähren eines so genannten Baustellen-Rabatts“, schlägt Wirtschaftsförderer Bloching vor. Die Idee: Der Handel erstattet dem Kunden die erste Stunde Parkgebühr in der Tiefgarage am Berliner Platz. „Parken im Kronberger Parkhaus ist bekanntlich nicht teuer. Das ist 1 Euro für eine Stunde Parkdauer, der zu verkraften sein sollte, wenn es dadurch gelingt, den Kunden zu halten“, meint Bloching. Eine weitere Möglichkeit wäre das Gewähren des Rabattes in Ankopplung an einen Mindesteinkaufs- beziehungsweise Mindestverzehrwert. In diesem Zusammenhang erinnert er zusätzlich an die für den Einzelhandel und die Gastronomie bereits geschaffene Möglichkeit der Teilnahme am Rückvergütungssystem für Kunden. Bei diesbezüglichen Fragen erteile die städtische Wirtschaftsförderung Auskunft.

Keine Alternative ist für Ersten Stadtrat Jürgen Odszuck die Einführung eines einstündigen kostenlosen Parkens in der Tiefgarage Berliner Platz für die Dauer der Baumaßnahme. „Die Stadt ist nicht Betreiber des Parkhauses. Der hätte einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen und würde sich das entsprechend bezahlen lassen. Außerdem würden die Dauerparker schlechter gestellt werden. Eine solche Maßnahme wäre daher nicht nur sehr aufwändig, sondern auch sehr kostspielig.“ Dies, so der Erste Stadtrat weiter, würde eine Belastung des städtischen Haushalts in einem hohen fünfstelligen Betrag für die Dauer der Baumaßnahme bedeuten. In diesem Zusammenhang erinnert der Erste Stadtrat daran, dass jeder Kunde, der bei Rewe einkaufe, ohnehin die erste Stunde Parken im Parkhaus erstattet bekomme.

Als weitere Maßnahme zur Unterstützung des innenstädtischen Handels will die Stadt an allen wichtigen Umleitungspunkten deutlich auf die Parkmöglichkeit „Parkhaus Berliner Platz“ hinweisen. „Die Kronberger selbst kennen sich in ihrer Stadt bestens aus und wissen, wie sie zu den Geschäften und Gaststätten finden. Die angedachten Maßnahmen sollen vor allem die auswärtigen Kunden und Gäste ansprechen, auch weiterhin für ihren Einkauf und Besuch nach Kronberg im Taunus zu kommen“, so Bloching.

Temmen: „Wir haben den Bund der Selbstständigen über unsere Überlegungen informiert und hoffen, dass der BDS den Einzelhandel und die Gastronomie dafür gewinnen kann. Es liegt im Interesse aller Beteiligten, den Standort Kronberg im Taunus zu stärken. Die Stadt tut ihren Anteil dafür.“

Unsicherheit vorhanden

„So richtig weiß keiner, was durch die lange Baustellenphase auf uns zukommt“, skizziert Joachim Klinger, einer der beiden Sprecher des Einzelhandels, die derzeitige Situation. Aller Unsicherheit zum Trotz sei man dennoch bestrebt, die Herausforderung anzunehmen. Der Blick geht voraus und deshalb war auch eine kurzzeitig von dem einen oder anderen ins Gespräch gebrachte Absage der herbstlichen Großveranstaltung „kronberg|er|leben“ rasch vom Tisch. „kronberg|er|leben findet statt, wir hoffen auf eine rechtzeitige Fertigstellung der Baumaßnahmen vor dem Event. Sollte das wider Erwarten nicht der Fall sein, wird es auch dafür Lösungen geben“, verbreitet Christian Hellriegel, Vorstandssprecher des Bundes der Selbstständigen, xOptimismus.

Mut, neue Wege zu gehen

Sich gemeinsam schwierigen Situationen zu stellen und an tragfähigen Lösungen zu arbeiten, ist angesichts der unübersehbaren Umbruchphase der Kronberger Geschäftswelt das Gebot der Stunde. Wirtschaftsförderer Andreas Bloching nimmt die aktuelle Häufung von Geschäftsaufgaben zum Anlass einer Bestandsaufnahme: „Es ist immer bedauerlich, wenn Einzelhändler oder Gastronomen ihren Betrieb aufgeben. Speziell im Fall der Herrenkommode, die über Jahrzehnte am Standort Kronberg im Taunus der Inbegriff für hochwertige und modische Herrenbekleidung war, blutet einem das Herz, zu hören, dass Schluss sein soll. Die Familie Becker hat in den vergangenen Jahren wirklich alles dafür getan, um das Geschäft erfolgreich weiter zuführen. Aber der Strukturwandel, den alle Städte, nicht nur Kronberg, gerade in der Textil- und Bekleidungsbranche erfahren, ist extrem. Das Online-Geschäft und die zahlreichen Outlet-Stores im Bekleidungsbereich machen es den kleinen Einzelhändlern nahezu unmöglich, zu überleben.“ Die Zukunft Kronbergs, da ist sich Bloching sicher, liege im Nutzen der Stadt als Freizeit- und Tourismus-Destination: „Die Burg, die historische Altstadt, der Opel-Zoo, der Taunuswald und unsere vielfältigen kulturellen Angebote – das alles müssen wir einfach professionell vermarkten. Dazu bedarf es die Bereitschaft der Politik, Geld in die Hand zu nehmen, sowie eines klaren Konzepts und den Mut, neue Wege zu gehen.“



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