Stadtrat Hans-Robert Philippi wird Integrations-Dezernent

Inzwischen geht Stadtrat Hans Robert Philippi wieder täglich ins Rathaus Foto: S. Puck

Kronberg (pu) – Die sozialverträgliche Unterbringung sowie die Integration der nach derzeitigem Stand der Dinge mindestens zu erwartenden 91 Flüchtlinge und Asylbewerber hat in der Burgstadt zurzeit oberste Priorität. Von Urlaubszeit und Sommerloch ist im Rathaus jedenfalls keine Spur, gestern morgen lud Bürgermeister Klaus Temmen (parteilos) angesichts der Dringlichkeit dieses Themas mitten in den Sommerferien zu einer Pressekonferenz, zu der neben der Lokalpresse sogar RTL mit einem Kamerateam erschien.

Herausforderung an Verwaltung und Bürgerschaft zugleich

„Ein großer Berg Arbeit mit ebenso großen Herausforderungen liegt vor uns, deshalb ist es erforderlich, die bisher in den einzelnen Fachbereichen geleistete Arbeit zur professionelleren Abstimmung mit allen Schnittstellen zu bündeln“, erklärte Temmen. Diesem Aspekt sowie zusätzlich den in diesem Zusammenhang teilweise in ausgesprochen emotionaler Weise in schriftlicher und mündlicher Form in der Bürgerschaft vernehmbaren Sorgen und Ängsten Rechnung tragend, haben den Bürgermeister dazu veranlasst, ein deutliches Zeichen mit der Einrichtung eines zusätzlichen Dezernats zu setzen. Die Leitung dieses Dezernats VII – „Integration“ hat auf Bitten Temmens Stadtrat Hans Robert Philippi übernommen.

„Hans Robert Philippi ist für diese verantwortungsvolle und wichtige Aufgabe der ideale Mann. Ich freue mich, dass er uns in dieser Situation helfen will. Aufgrund seiner hohen sozialen Kompetenz und beruflichen Tätigkeit als langjähriger leitender Polizeidirektor kennt er sich bestens aus und weiß, welche Maßnahmen notwendig sind, um die von uns allen angestrebte bestmögliche Integration der Flüchtlinge hier in Kronberg im Taunus zu erzielen“, unterstrich der Bürgermeister. Philippi wird als zuständiger Dezernent in enger Abstimmung mit Bürgermeister Temmen und Erstem Stadtrat Jürgen Odszuck die kürzlich gebildete verwaltungsinterne Projektgruppe steuern, den ständigen Kontakt zum im letzten Monat gegründeten Arbeitskreis „Flüchtlingshilfe Kronberg“ (wir berichteten) und zum Hochtaunuskreis sicherstellen und auch für größtmögliche öffentliche Transparenz sorgen,

Schlüsselfunktion

„Mit der Schaffung eines eigenen Dezernats für diesen komplexen Themenbereich machen wir deutlich, wie ernst wir die Aufgabe nehmen, gerade auch im Hinblick auf die Sicherheitsbedenken einiger Bürger. Wir wollen und werden uns mit der gebotenen Intensität an die Arbeit machen. Über allem steht unser klares Ziel, die Flüchtlinge so gut als möglich bei uns in das gesellschaftliche Miteinander einzubinden und sie keinesfalls sich selbst zu überlassen“, erläuterte der Bürgermeister die Maßnahme, über die der Magistrat der Stadt Kronberg im Taunus in seiner jüngsten Sitzung informiert wurde.

Philippi selbst sieht in seiner neuen Aufgabe eine Art Schlüsselfunktion: „Wir wollen versuchen, möglichst allen Betroffenen gerecht zu werden. Um dieser besonderen Situation professionell zu begegnen bedarf es auch einer klaren Rollenverteilung.“

Sicherheit ist keine Einbahnstraße

In seiner über 38 Jahre währenden beruflichen Laufbahn war der knapp 71-Jährige unter anderem als Chef des Stabes beim Polizeipräsidium Frankfurt und als Leiter der Schutz- und Kriminalpolizei beim Polizeipräsidium Südosthessen und Vertreter des Polizeipräsidenten mit den Arbeitsschwerpunkten Einsatzorganisation und Einsatzleitung im Kampf gegen Terrorismus, Illegalen Drogen und Sonderprogrammen zur Kriminalitätsbekämpfung betraut und ist daher für das heikle Thema Sicherheit, das die Bevölkerung besonders umtreibend, geradezu prädestiniert. Mit dem klaren Hinweis „Sicherheit ist keine Einbahnstraße!“ machte er deutlich, dass ihm sowohl der Schutz der Bevölkerung als auch der der Flüchtlinge am Herzen liegt.

Eigenes Büro und E-Mail-Adresse

Direkt nach Übertragung der neuen Aufgabe hat sich Philippi in die Arbeit gestürzt. So wurden für das neue Dezernat bereits ein eigenes Büro im Rathaus sowie die E-Mail-Adresse integration[at]kronberg[dot]de eingerichtet. Die Büroleitung hat Veronika Heck übernommen, die durch ihre Arbeit in der Verwaltungssteuerung bestens mit allen relevanten Vorgängen vertraut ist und als Ansprechpartnerin die E-Mails sowie Anrufe unter der Telefonnummer 703-1114 bearbeitet.

Wer Fragen und Anregungen zum Thema Flüchtlingshilfe hat, kann sich daher ab sofort per E-Mail unter der Adresse integration[at]kronberg[dot]de oder telefonisch mit Veronika Heck in Verbindung setzen.

Nach wie vor sucht die Stadt in allen drei Stadtteilen dringend privaten Wohnraum zur Aufnahme von Asylbewerbern. „Gerade erst haben wir in einer städtischen Wohnung eine vierköpfige Familie untergebracht“, berichtete der Bürgermeister und ruft weiterhin alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich zu melden, falls sie Kapazitäten haben. Die Stadtverwaltung stellt dann den Kontakt zum Hochtaunuskreis als zuständige Aufnahmebehörde her.

Laut Temmen rechnet die Stadt damit, dass die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlingen aufgrund der prekären Situation in den Krisengebieten und der daraus resultierenden Flüchtlingswelle nach oben korrigiert wird. Zum jetzigen Zeitpunkt hätten zehn Menschen eine Bleibe gefunden, die übrigen bisher angekündigten Flüchtlinge würden nach derzeitigem Stand der Dinge Ende Oktober/Anfang November vom Hochtaunuskreis als zuständiger Aufnahmebehörde in die Obhut der Stadt Kronberg im Taunus gegeben. Bis dahin müssen nicht nur die bereits in der Öffentlichkeit viel diskutierten Wohnungs- und Sicherheitsfragen geklärt sein, sondern eine schnelle Integration durch Bildung und soziale Betreuung gewährleistet.

Wie Temmen und Philippi betonten, könnte es passieren, dass die Stadt aufgrund der sich ständig zuspitzenden Flüchtlingssituation früher als erwartet in Zugzwang kommt. „Zurzeit stehen Zwangszuweisungen durchaus im Raum, deshalb wollen wir schnellstmöglich Alarmketten bilden, um gewappnet zu sein, falls uns donnerstags die Nachricht erreicht, dass am folgenden Montag zehn bis 15 Menschen aufzunehmen sind“, verwies Hans Robert Philippi ausdrücklich auf den Ernst der Lage.

Daher arbeiteten sämtliche Gremien fieberhaft auf Hochtouren. Längst sei man dazu übergegangen, nicht ausschließlich auf die jederzeit willkommenen Unterbringungsangebote privater Haus- und Wohnungseigentümer zu warten, sondern sondiere auf der Suche nach weiteren Alternativem aktiv den Leerstand auf dem Kronberger Wohnungsmarkt. „Erst wenn eine ausreichende Informationsgrundlage geschaffen ist, kann eine Abwägung der Vor- und Nachteile bezüglich der dann vorliegenden Handlungsalternativen erfolgen. Bis dahin gilt es, wirklich jede Möglichkeit auszuloten“, so Temmen. Im dem Bestreben, die unterzubringenden Flüchtlinge möglichst gleichmäßig auf alle drei Stadtteile zu verteilen, seien weiterhin sowohl das Bürogebäude in der Dieselstraße als auch das Bettenhaus des Religionspädagogischen Zentrums im Gespräch. Auch bei der Deutschen Bank habe man angefragt, ob unter Umständen eine Unterbringung auf dem Gelände des Ausbildungszentrums möglich ist.

Unterdessen informierte die Stadtverwaltung Kronberg im Taunus, dass der Arbeitskreis „Flüchtlingshilfe Kronberg“ Donnerstag, 28. August, 19.30 Uhr, im Feuerwehrgeräthaus Oberhöchstadt zu seiner nächsten Sitzung zusammenkommen wird. Für Mittwoch, 10. September, 19.30 Uhr (Stadthalle), ist dann die öffentliche Informationsveranstaltung für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger terminiert.

Wie Bürgermeister Klaus Temmen im Verlauf der Pressekonferenz weiterhin berichtete, melden sich neben Kritikern zunehmend auch Bürger, die ihr Verständnis zum Ausdruck bringen, dass die Stadt ihren Beitrag zur Hilfe für die in Not geratenen Menschen leisten will und muss.

„Auch erreichen uns Angebote zur Unterstützung auf ehrenamtlicher Basis, beispielsweise wenn es um die künftige Betreuung geht. Ich möchte mich auf diesem Wege bereits für die geleisteten Unterstützungszusagen bedanken.“ Beispielsweise wirkten im Arbeitskreis „Flüchtlingshilfe Kronberg“, der sich am 16. Juli mit einer Auftaktveranstaltung in der Stadthalle gegründet hatte, verschiedene Interessensgruppen und Experten mit, die sich mit dem Thema befassen.



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