Villa Winter – ein würdiges neues Zuhause für das Malermuseum

Das Raumkonzept stieß bei den Besuchern auf Wohlgefallen – die klare ruhige Formsprache mit zurückhaltender Farbgebung lässt die Werke der Maler der Kronberger Malerkolonie selbst sprechen. Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Zwar plagten die Kuratorin Halsschmerzen zur feierlichen Wiedereröffnung und die Stimme wollte nicht mehr so recht. Denn, noch bis kurz vor dem „Preview“ mit Staatsminister Boris Rhein (CDU) als Schirmherren, gefolgt von einer eigenen Eröffnungsfeier für die Mitglieder und einem Sonntag für alle interessierten Bürger bei freiem Eintritt und stündlichen Führungen, waren die Handwerker in der Villa Winter noch unterwegs gewesen. Und doch konnte sie sich freuen an diesem feierlichen Abend der Wiedereröffnung, an dem der Farbgeruch noch in der Luft hing. „Gut Ding will Weile haben“, bemerkte Ehrhardt dazu. So hoffe sie nun, dass sich die Sorgfalt bei der Renovierung als dauerhafte Qualität für das Gebäude auszahle. „Ganz besonders freue ich mich aber auf die Wiederaufnahme der kunstgeschichtlichen Arbeit. Vorbei die Zeit, in der es vor allem um mobile Wände, um klima- und heizungstechnische Fragen, um Bodenbeläge, um Fensterverkleidungen, Farbkonzepte für innen und außen oder gar um Brandschutzbedingungen ging.“

Endlich darf sich Ehrhardt wieder um die Kunst im Museum kümmern, das nach Umzug aus den Räumen der Streitkirche in die renovierte Villa Winter gegenüber der Stadthalle, mit Räumen, die die Stadt zur Verfügung stellt, ein dauerhaftes Domizil gefunden hat. Und das tat sie an diesem Abend, nachdem feststeht: die Räume in ihrem klaren schlichten Formkonzept, den meistenteils in einem hellen Ton gestrichenen Wänden, lassen die alten Werke in ihrer Farbigkeit leuchten, in ihren altehrwürdigen Rahmen selbst sprechen. Ihre Hängung ist durchdacht, vom Blickfang gegenüber dem Eingang mit Anton Burgers Ansicht von Flörsheim bis zu den kleinformatigen Rheinaquarellen im zentralen Flur im Obergeschoss von Jakob Fürchtegott Dielmann, die hier gut zur Geltung kommen – wenn auch die gesetzten Spotlights noch etwas heller leuchten könnten.

Die Sammlung der Stiftung Kronberger Malerkolonie ist auf über 600 Objekte angewachsen, darunter befinden sich Gemälde, die es „durchaus in die ,Bundesliga‘ geschafft haben“, wie Ehrhardt es „sportlich“ ausdrückte. Sie erklärte den Gästen, dass sich ein Teil dieser Arbeiten im Erdgeschoss im großen Saal befinden, dort wo an diesem Abend die feierlichen Begrüßungsworte gesprochen wurden, aufgelockert von der verheißungsvollen neuen Museumsatmosphäre, die in die Villa Winter nach großangelegtem Umbau und Renovierung mit den Bildern Einzug gehalten hat sowie den Klängen von Despina Apostolou am Flügel, der schwarz glänzend ebenfalls neu dort steht.

Anhand dieser 15 Bilder lässt sich im Schnelldurchlauf die Entwicklung der Kronberger Malerkolonie von der Vätergeneration mit Anton Burger, Philipp Rumpf und Jakob Fürchtegott Dielmann bis hin zum Impressionisten Ferdinand Brütt und den sogenannten Gesellschaftsmalern verfolgen, die sich um Victoria von Preußen im ehemaligen Schloss Friedrichshof sammelten und in erster Linie reizvolle Porträts der gehobenen Gesellschaft anfertigten.

Wer es ausführlicher möchte, den lud die Kuratorin ein, nach dem Begrüßungsreigen im ersten Obergeschoss die einzelnen Stationen der Künstlerkolonie von den ersten Freiluftmalern, über die Einflüsse der Schule von Barbizon, über Porträt- und Historienmalerei bis hin zum Impressionismus kennenzulernen. Zukünftig werden dort im Wechsel Sonderausstellungen zur Malerei des 19. Jahrhunderts und zur zeitgenössischen Kunst zu sehen sein.

Ehrhardt nahm die Gäste an diesem Abend auf eine Reise zu der zentralen Figur der Ausstellung und des Gebäudes – zu Heinrich Winter. Der Maler Heinrich Winter, geboren 1843, schloss sich 1864 der Malerkolonie um Anton Burger, Jakob Fürchtegott Dielmann und Philipp Rumpf in Kronberg an und wie der Vorsitzende der Kronberger Museumsgesellschaft, Hans-Robert Philippi, zur Begrüßung der Gäste schon erläutert hatte, wohnte er in Kronberg zunächst im Gasthaus „Zum schwarzen Adler“, zog aber schließlich mit der Bankierstochter Johanna Müller, die die Villa als Mitgift 1874 in die Ehe einbrachte dort ein. Mit ihr lebte er bis zu seinem Lebensende 1911 in der dann nach ihnen benannten „Villa Winter“. Wie die Gäste ebenfalls erfuhren, reicht die Geschichte der Villa Winter aber noch länger zurück. Denn die um 1810 erbaute Villa stand zunächst in der Neuen Mainzer Straße Nummer 13 in Frankfurt. Der damalige Eigentümer, der Bankier H. Carl W. Müller wollte nach Verkauf seines Grundstücks in Frankfurt nicht auf sein repräsentatives Bürgerhaus verzichten. Er ließ es in Teile zerlegen und in Kronberg, vor den Toren der Altstadt, in einem damals parkähnlichen Gelände wieder aufbauen.

Hans Robert Philippi war der Stolz ebenfalls anzumerken, nach zehn Monaten ohne Präsentationsmöglichkeit des Museums Kronberger Malerkolonie nun der Kunst des 19. Jahrhunderts in diesem so passenden Haus einen neuen Platz geben zu können. „Häufig wird diese Kunstphase heute als bildnerisch zu oberflächlich und erzählerisch als zu leicht zu durchdringen und damit nicht so bedeutend abgetan“, sagte er. „Und doch waren diese Maler einst die Avantgarde, die sich von der akademischen Malerei abgewandt hatten und die ihre Eindrücke aus der Landschaft und dem einfachen Leben auf die Leinwand bannten“, so Philippi. Sie hätten nicht nur technisch brilliert, sondern auch interpretatorisch erweiterte Ausdrucksformen gefunden, die letztlich den Weg in die Moderne bereiteten.

Natürlich durften bei dieser Wiedereröffnung die Erwähnung aller Unterstützer nicht fehlen. Und die Liste dieser ist bei der Villa Winter, neben der Stadt Kronberg, die einen Teil der Umbauarbeiten getragen hat, lang, doch Philippi und Bürgermeister Klaus Temmen vergaßen keine der Stiftungen und Unternehmen als auch die zahlreichen privaten Spender und ehrenamtlichen Helfer, mit deren Hilfe der aufwendige Umzug des Museums Kronberger Malerkolonie gemeistert worden war, zu erwähnen.

Den größten Beitrag zur Umsetzung dieses für die dauerhafte Sicherung des Museums so wichtigen Projekts hat die Klaus Rheinberger-Stiftung mit 390.000 Euro geleistet, wie Klaus Temmen verkündete. Auch der Flügel – zum 50. Geburtstag des Kronberger Kulturkreises – ist eine Spende der Klaus Rheinberger-Stiftung. Staatsminister Boris Rhein sprach allen an dem Projekt Beteiligten seinen Respekt aus: Es sei ja bekannt, sagte er, wenn ein Projekt schief gehe, will keiner daran beteiligt gewesen sein, bei Erfolg dagegen habe das Projekt plötzlich ganz viele Gesichter. Doch bei der Zukunftssicherung des Museums seien es letztendlich tatsächlich viele Bürger gewesen, die sich hier durch ehrenamtliches Engagement für Kultur in ihrer Stadt eingesetzt hätten. Der Hessische Minister für Wissenschaft und Kunst machte den Anwesenden klar, dass diese Sichtweise der Bürger, für Kultur und für die Identität in ihrer Stadt einzustehen und in ihr eigenes Portemonnaie zu greifen, bei weitem nicht überall in Hessen funktioniere. „Das ist ein großer Schritt, den sie hier geschafft haben“, sagte er. Das Museum werde nicht nur für Kronberg, sondern auch für ganz Hessen und weit über die Grenzen der Rhein-Main-Region hinaus Bedeutung haben. In Museen gingen im Jahr übrigens mehr Menschen als in Fußballstadien. „Museen werden dringend gebraucht, vor allem als Plätze der aktiven Auseinandersetzung, als Gedächtnisraum und Diskussionsort“, meinte Rhein, der, wie auch Ehrhardt, dem Museum viele Besucherinnen und Besucher wünschte. Denn ein Museum lebe durch seine Veranstaltungen. Das neue Leben in der Villa Winter, in die im Juni neben dem Kulturkreisbüro auch die Kronberger Kunstschule ins Dachgeschoss und in den Keller (mit Werkräumen neben den Depoträumen des Museums) ziehen wird, hat jedenfalls am Wochenende mit vielen neugierigen Besucherinnen und Besuchern, die die Ausstellung und neue Räume begutachteten und ihrer Freude über die ansprechenden Räume kundtaten, schon begonnen.

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