Bei Erika und Heinz Radtke stimmt die Harmonie

60 Jahre glücklich verheiratet: Erika und Heinz Radtke begehen heute ihre Diamantene Hochzeit.

Foto: Wittkopf

Oberhöchstadt (pf) – Am 7. August 1954 gaben sich Heinz und Erika Radtke das Ja-Wort fürs Leben. Bei ihnen war das kein leeres Versprechen, denn am Donnerstag feiern sie das Fest der Diamantenen Hochzeit. „Dabei passen wir gar nicht zusammen“, schmunzelt Heinz Radtke. „Meine Frau ist Skorpion, ich bin Stier, das ist wie Feuer und Wasser.“ Aber wenn man die beiden miteinander erlebt, weiß man, dass in ihrem Fall das Horoskop nicht stimmen kann. Oder dass sie längst gelernt haben, sich mit ihren angeblich konträren Wesensunterschieden nicht nur zu akzeptieren, sondern sich so zu lieben wie sie sind.

Der gebürtige Berliner und die Oberurselerin lernten sich einst auf der Oberurseler Kerb kennen. „Ich durfte damals das erste Mal mit einer Schulfreundin länger weg gehen“, erinnert sich Erika Radtke. Das nutzten die beiden jungen Damen aus und fuhren bis in die Nacht hinein auf dem Kerbeplatz auf der Bleiche Autoscooter. „Zum Schluss durften wir sogar umsonst fahren“, erzählt sie. Heinz Radtke bummelte mit einem Freund und Kollegen über die Kerb. „Wir sahen die beiden Mädchen und brachten sie dann später gemeinsam nach Hause.“

Kurze Zeit später musste der Freund den Brief eines Bekannten aus Fürstenhagen in der Feldbergstraße in Oberursel abgeben. Der Empfänger war der Vater eines der beiden Mädchen, die sie auf der Kerb kennen gelernt hatten. In Fürstenhagen hatte auch Heinz Radtke eine Zeitlang gelebt, unmittelbar neben dem Bauernhof des Briefschreibers, den die Oberurseler Familie früher manchmal besucht hatte. „Da sind wir uns wahrscheinlich schon einmal begegnet“, meint er. „Aber damals war Erika ja erst zwölf Jahre alt, da ist sie mir nicht aufgefallen.“

Als sie sich damals wieder trafen, hat es dann gefunkt. Zwei Jahre später wurde Hochzeit gefeiert. Bald kam die Tochter auf die Welt und als sich zwölf Jahre später die zweite Tochter ankündigte, zog die größer werdende Familie 1968 von Oberursel nach Oberhöchstadt in die Waldsiedlung. Dort lebt das Ehepaar Radtke bis heute, im dritten Stock eines Hauses ohne Fahrstuhl, was sicherlich mit erklärt, warum die beiden so fit sind.

Bei Erika und Heinz Radtke stimmt es nicht nur in der Ehe mit der Harmonie, sondern auch beim gemeinsamen Hobby, dem Singen. Heinz Radtke ist inzwischen seit 36 Jahren in der Sängervereinigung 1861 Oberhöchstadt aktiv, seine Frau seit 34 Jahren. Auch die jüngere Tochter ist seit Kindesbeinen eine begeisterte Sängerin. Anfangs sang sie im Kinderchor. Danach fand sie das Repertoire der erwachsenen Sängerinnen und Sänger für ihre Altersstufe nicht sonderlich attraktiv. Und so wurde sie Initiatorin und Mitbegründerin von Vox Musicae. Heute singt sie in beiden Chören. „Meine Familie stand für mich immer im Vordergrund“, sagt Heinz Radtke. Die ältere Tochter lebt in Usingen, die zweite ist in Oberhöchstadt geblieben. Als Heinz Radtke seinen Beruf an den Nagel hängte und in den Ruhestand ging, war ihr Sohn gerade ein Jahr alt. Von da an waren Enkel und Großvater unzertrennlich. „Opa geht ihm über alles“, erzählt Erika Radtke. Drei Jahre nach ihm kam die Enkeltochter zur Welt. Gemeinsam unternahmen Großeltern und Enkelkinder viel, fuhren auch oft zusammen nach Schlangenbad ins Taunus Wunderland. Heute ist der Enkel 20 Jahre alt, seine Schwester 17. „Wir sind eine kleine Familie, aber die hält fest zusammen“, sagt Heinz Radtke.

Neben dem Singen gehört zu Erika Radtkes Hobbys Kegeln und Skatspielen. Seit 37 Jahren geht sie regelmäßig zum Kegeln. Dem Skatspielen widmet sie sich zu ihrem großen Bedauern inzwischen nur noch selten. Früher war sie in verschiedenen Skatgruppen aktiv, fuhr dafür eine Zeitlang sogar bis nach Oberstedten. Aber das wird ihr inzwischen zu viel, vor allem im Winter bei schlechtem Wetter.

Zu den Hobbys von Heinz Radtke gehört Filmen und Lesen. Die Familie und die gemeinsamen Urlaubsreisen hat er in zahlreichen Filmen festgehalten. „Und Bücher waren schon immer mein Leben. Von meinem ersten selbstverdienten Geld habe ich mir Bücher gekauft“, erzählt der gelernte Schrift- und Fotosetzer, der in Kassel lernte, aber den Großteil seines Berufslebens in Frankfurt arbeitete. Auch Erika Radtke hat Zeit ihres Lebens gearbeitet. „Eigentlich wollte ich technische Zeichnerin werden“, erzählt sie, „aber den Beruf konnten damals nur Jungen ergreifen. Mädchen stand er nicht offen.“ Daher wurde sie Friseurin, konnte den Beruf aus gesundheitlichen Gründen aber nicht lange ausüben. Eine Zeitlang arbeitete sie bei May und Christe in Oberursel in der Transformatorenwicklerei. Nach dem Tod der Mutter kümmerte sie sich um den in Oberursel-Bommersheim lebenden Vater und brachte ihm täglich Essen. Ihre letzten Berufsjahre war sie Fachverkäuferin in einem Geschäft in der Ackergasse.

Bei der Diamantenen Hochzeitsfeier von Erika und Heinz Radtke werden die beiden Chöre der Sängervereinigung 1861 Oberhöchstadt dem Jubelpaar ihre Aufwartung machen und ein Ständchen bringen. Denn die Sängerinnen und Sänger wissen, was sie am Ehepaar Radtke haben. Eine der Sängerinnen von Vox Musicae, die auch mit dabei sein wird, schwärmte dieser Tage: „Nach unserem letzten Auftritt in der Stadthalle hatten Radtkes im Nebenraum ein ganz tolles Buffet für uns vorbereitet – ohne dass wir das vorher wussten.“



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