Wenn die Fichtegickel spinnen, ist beste Unterhaltung garantiert

Die Fichtegickel spielen wieder und wie gewohnt gelingt es den Darstellern, eine urkomische Situation nach der nächsten anzusteuern. Fotos: A. Puck

Oberhöchstadt (pu) – Als Chefin einer zuletzt mehr schlecht als recht gehenden Familienpension muss sich Lieselotte Ballermann, alias Carmen Strehler, nicht nur täglich mit den Macken ihrer Gäste herumschlagen, sondern auch noch mit ständig ins Haus flatternden Mahnungen, die sie zwar mit einem lapidaren Schulterzucken sofort in den nächsten Papierkorb befördert, diese Verdrängungstaktik kann sie jedoch nicht davor bewahren, dass ihre Mietschulden die Hauseigentümerin, die auftackelte und mannstolle Florence Wipperling (Melanie Falland), auf den Plan ruft, die eines Tages mit ihrem nicht minder jedem männlichen Wesen nachjagenden Bruder Detlef (Andreas Risse) auf der Matte steht.

Guter Rat ist also teuer und wer die Theatergruppe des Karnevalvereins 1902 Oberhöchstadt „Die Fichtegickel“ kennt, die am Samstag zur Premiere der Posse in drei Akten von Wilfried Reinehr „Einer spinnt immer“ ins Haus Altkönig einluden, weiß, etwaige zur Problemlösung geeignete Maßnahmen sind zwangsläufig an zahlreiche, äußerst unterhaltsame, Verwicklungen geknüpft.

Mögliche Rettung für Ballermanns naht in Gestalt des vermögenden Privatiers Otto Ofenloch, der seinen Neffen Ottfried (Christoph Müller) besucht. Jener ist mit Sieglinde Ballermann, Lieselottes Nichte, liiert. Wohlwissend um Ottos lang gehegten Wunsch, einmal eine Irrenanstalt von innen zu erleben und dafür sogar Geld locker zu machen, haben die beiden jungen Leute den kühnen Plan geschmiedet, einen Nutzen aus den Spleens der Pensionsgäste ziehend dem Onkel vorzugaukeln, er erfülle sich mit diesem Besuch seinen sehnlichsten Traum in der Hoffnung, der Aufenthalt gefällt ihm so gut, dass es im Anschluss ein Leichtes ist, ihn davon zu überzeugen, die Pension vor der Schließung zu retten. Im Verlauf eines Gesellschaftsabends soll Ofenloch die Gelegenheit erhalten, „alle Bekloppten auf einmal kennenzulernen“ und erwartungsgemäß läuft zunächst alles wie am Schnürchen.

Bereits nach dem ersten Kontakt mit dem streitbaren Major Egon von Schönborn (Norbert Jäger), der ausschließlich in Uniform herumlaufend von seinen angeblich zahlreich gewonnen Schlachten prahlt, obwohl er in Wirklichkeit lediglich den Musikzug der Heilsarmee geleitet hat als auch beim Zusammentreffen mit der gerade an ihrem neuen Roman arbeitenden Schriftstellerin Agathe Scheiberl (Birgit Kühn), die alle „Patienten“ mit ihren Recherchen nervt, ist Otto Ofenloch völlig überzeugt: „Die sind hier ja alle verrückt!“ Wenig Anlass, etwas anderes zu vermuten, gibt auch Weltenbummler Julius Ludwig (Jörg Kuschel), immer so gekleidet, als wolle er im nächsten Moment zur nächsten Safari aufbrechen. Seine unentwegten Schilderungen bestandener Abenteuer hat zur Folge, dass ihm die versammelte Damenwelt natürlich postwendend an den Lippen hängt und beseelt von dem Bestreben, den Tausendsassa vor den Traualtar zu schleppen, entgehen ihnen natürlich sämtliche Unstimmigkeiten. Seiner Mentalität entsprechend kennt jedoch Major von Schönborn keine Gnade. Als der Weltenbummler mal wieder gestenreich von einer Löwenjagd in der Wüste berichtet, in deren Verlauf er sich nur noch mit einem beherzten Sprung auf einem Baum vor einem Löwen habe retten können, kriegt er vom Major zu hören: „In der Wüste gibt es doch gar keine Bäume!“ Doch Ludwig, verschlagen und schlagfertig wie er ist, setzt sofort den Konter: „Das war mir in dieser lebensgefährlichen Situation doch völlig schnurz.“

Ein aussichtsloser Fall scheint auch der Neffe von Pensionschefin Ballermann, Ladislaus Locke (Steffen Schmidt) zu sein, der wegen eines Sprachfehlers – die schwierige Rolle wurde exzellent umgesetzt – seinen Traumberuf Schauspieler nicht ausüben darf, seine Mitwelt jedoch bei jeder sich bietenden Gelegenheit von seinem im Überschuss vorhandenen Talent überzeugen will. Eine schauspielerische Sternstunde par exellence!

Kurzum, der Einblick in den „Klinik“-Alltag lässt bereits nach kurzer Zeit sehr zur Freude des bestens unterhaltenen Publikums nicht nur Otto Ofenlochs Haare zu Berge stehen, die dabei ganz nebenbei kredenzten Lebensweisheiten sind das berühmte Tüpfelchen auf dem „i“ und deshalb reiht sich auch dieses in den 1920er Jahren spielende Stück nahtlos in die Erfolgsgeschichte der Fichtegickel ein.

Vier weitere Aufführungen von „Einer spinnt immer“ sind Samstag, 26. Oktober um 20 Uhr, Sonntag, 27. Oktober um 17 Uhr sowie Freitag, 1. und Samstag, 2. November jeweils um 20 Uhr im Haus Altkönig zu sehen. Restkarten gibt es zum Preis von 15 Euro im Delikatesslädchen „DeliCasa“ in der Limburger Straße 1.

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