Flüchtlingsunterkunft in der Feldbergstraße: Bedenken überwiegen

Mehr als 60 Bürgerinnen und Bürger kamen Dienstagabend ins Haus Altkönig, um sich über die Pläne der Stadt zum Bau einer Flüchtlingsunterkunft in der Feldbergstraße zu informieren und ihre Bedenken vorzutragen. Foto: Wittkopf

Kronberg (pf) – „Es geht nicht ums Wollen, es geht ums Müssen.“ Hans-Robert Philippi, als ehrenamtlicher Stadtrat im Magistrat für die Flüchtlingsproblematik zuständig, brachte auf den Punkt, worum es geht, wenn die Stadt jetzt an der Feldbergstraße in Oberhöchstadt unterhalb des Parkplatzes des Altkönig-Stifts Flüchtlingsunterkünfte bauen will. Am Vormittag hatte er im Rahmen einer Konferenz, an der alle Kommunen teilnahmen, vom Hochtaunuskreis die aktuellen Zahlen erfahren. Danach werden bis zum Jahresende statt der bisher erwarteten 184 Flüchtlinge 213 nach Kronberg kommen. Zur Zeit wohnen in der Stadt 170 Flüchtlinge. Für die 43, die noch kommen werden, fehlen Unterkünfte.

Bis Ostern nächsten Jahres werden dem Kreis rund 5.000 weitere Flüchtlinge zur Verteilung auf die Städte und Gemeinden zugewiesen, berichtete Philippi. Für Kronberg bedeutet dies rund 393 Flüchtlinge, die unterzubringen sind. Nach der jüngsten Entscheidung der Bundesregierung werden nur noch Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea, dem Iran und Irak aufgenommen. „Aber das ändert nichts an den Zahlen“, betonte Philippi. Sobald die Asylsuchenden ihre Anerkennung haben, müssen sie zudem die Gemeinschaftsunterkünfte verlassen und in bezahlbare Wohnungen umziehen. Und die fehlen in Kronberg ebenso wie in den meisten anderen Orten im Hochtaunuskreis.

Der Magistrat hatte Dienstagabend die Anwohner und Nachbarn der Feldbergstraße in den Saal des Haus Altkönig eingeladen, um sie über den aktuellen Stand der Planungen zu unterrichten. Mehr als 60 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen und die meisten ließen keinen Zweifel daran, dass ihnen die Planungen der Stadt nicht gefallen. Mit dem Wort „Unmut“ bezeichnete einer der Anwohner, was ihn und andere seiner Nachbarn umtreibt. Ein anderer erklärte: „Wir werden Widerspruch gegen das Bauvorhaben einlegen.“ Er wolle sein Haus verkaufen und habe erfahren müssen, dass es schwer sei, jetzt überhaupt noch einen Käufer zu finden. Ein dritter äußerte gar die Vermutung, die Stadt wolle unter dem Deckmäntelchen der Flüchtlingsunterkünfte ein großes Baugebiet für Sozialen Wohnungsbau erschließen.

Eigentlich sei die Informationsveranstaltung erst zu einem späteren Zeitpunkt geplant gewesen, hatte Bürgermeister Klaus Temmen (parteilos) zu Beginn der Veranstaltung gesagt. Zu viele Informationen fehlten noch. Nachdem aber die Bauvoranfrage für das Gelände an der Feldbergstraße Mitte Oktober vom Hochtaunuskreis positiv beschieden wurde, habe man die Anwohner doch jetzt schon auf den neuesten Stand der Dinge bringen wollen.

Erster Stadtrat Jürgen Odszuck (parteilos) erläuterte, dass sich die Stadt in der Flüchtlingsfrage für ein dezentrales Unterbringungskonzept entschieden habe. 16 Standorte kämen dafür in Frage, doch nur an Dreien seien Bauvorhaben schnell realisierbar, entsprechende Bauvoranfragen vom Kreisbauamt positiv beschieden worden: Im Grünen Weg, an der Feldbergstraße und Im Tries. Dort allerdings stimme der Kreis nur einer Containerlösung für maximal ein bis zwei Jahre zu. Im Grünen Weg und in der Feldbergstraße werde die Stadt daher die Bauvorhaben aktiv vorantreiben, sagte Odszuck. Gedacht sei an kleine Gebäudeeinheiten in Holzbaukonstruktion, die schnell zu errichten sind und mindestens 50 Jahre genutzt werden können, wirtschaftlich, ökologisch und langfristig nachhaltig. Da anerkannte Asylbewerber nicht länger in Gemeinschaftsunterkünften wohnen dürfen, sei es ein Gebot der Vernunft, die Häuser im Baukastensystem so zu errichten, dass sie später ohne große Umbauten auch als Wohnungen genutzt werden können. Die Grundrisse seien so konzipiert, dass nur eine Wand entfernt werden muss, damit eine familiengerechte Drei- oder Vier-Zimmer-Wohnung entsteht.

Erste Entwürfe von Architekten, die Odszuck präsentierte, sehen entlang der Feldbergstraße bis zu sechs zweigeschossige Häuser von 5,90 Meter Höhe vor, locker angeordnet, damit der Blick in die Landschaft erhalten bleibt. Als Gemeinschaftsunterkünfte genutzt, könnten dort 50 bis 70 Menschen wohnen, in Wohnungen entsprechend weniger.

Obwohl Erster Stadtrat Jürgen Odszuck immer wieder betonte, es seien im Moment in der Stadt nur diese zwei Standorte, Grüner Weg und Feldbergstraße vorhanden, an denen die Errichtung von Unterkünften für Flüchtlinge innerhalb kurzer Zeit möglich sei, fragten die Nachbarn der Feldbergstraße immer wieder, warum nicht an anderen Standorten wie dem Gelben Weg oder In den Kirschgärten gebaut werde. Das sei auch eine Frage des Geldes, war die Antwort, denn die Stadt sei nicht in der Lage, ortsübliche Grundstückspreise von 600 bis 1.000 Euro und mehr zu bezahlen. Das Gelände an der Feldbergstraße, das der St. Katharinen- und Weißfrauen-Stiftung der Stadt Frankfurt gehört, werde der Stadt Kronberg dagegen günstig in Erbpacht überlassen, denn die Nutzung als Flüchtlingsunterkunft passe ins Konzept der Stiftung.

Von Ghettobildung, wie ein Anwohner meinte, könne bei 60 Menschen wohl nicht die Rede sein, wies Bürgermeister Temmen diesen Vorwurf zurück und betonte, ebenso wie in der Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Bettenhaus des Religionspädagogischen Zentrums in Schönberg werde es auch in der Feldbergstraße eine feste Sozialbetreuung für die Flüchtlinge geben. Und dass die Häuser der Nachbarn an Wert verlieren, dieses Argument entkräftete Hans-Willi Schmidt, der sich gemeinsam mit inzwischen über 100 Personen ehrenamtlich in der Flüchtlingsbetreuung in Kronberg engagiert. Nach einem Jahr, berichtete er, sei jetzt ein Haus Im Brühl in unmittelbarer Nachbarschaft zum RPZ zu einem Rekordpreis verkauft worden, der bisher in Kronberg noch nicht gezahlt wurde.

„Es geht um die Frage: Wie schaffen wir das mit der Unterbringung der Flüchtlinge, mit welchen Mitteln und wo, denn wir müssen uns dieser Aufgabe stellen“, betonte Hans-Robert Philippi. „Die Zeit drängt.“ „Vertrauen Sie uns“, baten Erster Stadtrat Jürgen Odszuck und Bürgermeister Temmen die Besucher der Veranstaltung. Doch das Misstrauen derjenigen, die sich mit ihren Bedenken immer wieder zu Wort meldeten, blieb.



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