Oberhöchstadt (pit) – Einerseits war es eine festlich-anrührende, andererseits eine schwungvoll-heitere Atmosphäre, in die Renée Knapp als „Grand Dame of Musical“, wie Moderator Hans Georg Kaufmann sie vorstellte, das Haus Altkönig tauchte. Anlass hierzu war ein Konzert, das von der SG Oberhöchstadt veranstaltet wurde und zu dem die international bekannte Sängerin exklusiv im Hochtaunuskreis auftrat.
Knapp 100 Gäste kamen in den Genuss gleich mehrerer Reisen. Denn die gebürtige Amerikanerin entführte sie nicht nur in die Welt der Musicals und Filmmusiken, sondern mit ihren Lullabys auch in die Welt der Träume und Fantasien.
„Der rote Faden des Abends ist jedoch ,Das Phantom der Oper’ von Andrew Lloyd Webber“, versicherte die Sopranistin gleich zu Beginn. Dennoch widmete sie sich zunächst ihrer überaus gelungenen Interpretation von „Memories“ aus „Cats“. Interessant auch die Einblicke, die Renée Knapp in die Historie einzelner Stücke und ihrer Komponisten gab. So erfuhr das Publikum, dass sowohl Cole Porter als auch Duke Ellington vor 1900 das Licht der Welt erblickten und von ihren Müttern allein erzogen wurden. Abgerundet wurde die kleine Geschichte durch ein Medley von Liedern der beiden Musiker. Naschkatzen durften sich über die Wiedergabe von „My Favorite Things“ aus dem Musical „The Sound of Music“ von Rodgers und Hammerstein freuen. Denn dieses Lied sang Renée Knapp inmitten der Zuschauer und verteilte dabei kleine Schokoladentäfelchen – schließlich seien dies die von ihr selbst bevorzugten „favorite things“. Lehrreich obendrein war zu erfahren, dass diese Komposition zu den 100 besten der Filmgeschichte zählt.
Dann der Wechsel zum Thema „Lullabies“: „Für mich sind sie nicht einfach nur ‚Wiegenlieder’, wie es die Übersetzung sagt.“ Renée Knapp betrachtet sie als wunderschöne Balladen, die auch Erwachsene ansprechen und womöglich an Kindertage erinnern. Als vielgereiste Interpretin – „ich habe nicht nur die schönen Seiten der Welt gesehen“ – hatte sie mittlerweile eine beachtliche Anzahl zusammengestellt, aus der sie einige ihrer „Lieblinge“ vorstellte.
Schließlich wechselte sie vom gesungenen zum gesprochenen Wort: In einem Lehnsessel sitzend verlas sie den berühmten „Weihnachtsbrief“, der die Frage nach dem Weihnachtsmann behandelte und einst von einem achtjährigen Mädchen an die amerikanische „Sun“ geschickt worden und von deren damaligen Kolumnisten Francis Church beantwortet worden war.
Nach der Pause ein kleines Geständnis an die gespannt lauschende Zuhörerschar aus den Reihen der SGO: „Ich bin immer sehr glücklich, unter Sportlern aufzutreten.“ Das hängt ganz offensichtlich damit zusammen, dass Renée Knapp einst selbst als Skiläuferin bei den Olympischen Spielen in Innsbruck erfolgreich teilgenommen hat. Danach entschied sie sich jedoch für die Gesangsausbildung, „wofür wir überaus dankbar sein können“, so der Moderator Kaufmann.
„Let it snow“ und „Merry little Christmas“ ließen dann endgültig keinen Zweifel mehr an der aufkeimenden Weihnachtsstimmung, die noch durch die Geschichte „Erinnerungen an den wunderschönen Winter“ bestärkt wurde. Unerwartet eine eigenwillige Interpretation eines Liedes von Hildegard von Bingen, als deren Fan sich Renée Knapp zu erkennen gab, das sich jedoch überaus harmonisch in das Programm einfügte.
Doch ganz so nachdenklich wollte die Künstlerin ihr Publikum ganz offensichtlich nicht nach Hause gehen lassen. So verteilte sie zu einem Lied der Eliza Doolittle aus „My Fair Lady“ Blümchen und ließ einen mitreißenden „Moment of Love“ erklingen, bevor ein fetzig-weihnachtliches „Jingle Bells“ erklang, bei dem alle begeistert mitklatschten.