Buchtipps von Daniela Barbu:
Man kann auch in die Höhe fallen: Roman von Joachim Meyerhoff; Kiepenheuer & Witsch 2024
Joachim Meyerhoffs neuer Roman „Man kann auch in die Höhe fallen“, der sechste Band der Reihe „Alle Toten fliegen hoch“, erzählt von einer heilsamen Auszeit, die er bei seiner Mutter auf dem Land verbringt, um Abstand von seinem hektischen Leben zu gewinnen und sich selbst neu zu finden.
Nach einem Schlaganfall, der ihn aus dem gewohnten Alltag riss, und einer nervenaufreibenden Zeit in Berlin zieht der Erzähler, Mitte fünfzig, zu seiner über achtzigjährigen Mutter aufs Land, um dort an einem Roman über das Theater zu schreiben. Diese Umgebung sowie die gelassene, humorvolle Art seiner Mutter helfen ihm, die eigene Krise zu überwinden und sich neu zu orientieren. Die Mutter, als eine faszinierende Frau mit Charme, Energie und positiver Ausstrahlung von Meyerhoff beschrieben, wird zum Zentrum seines Erholungsprozesses und zum Impulsgeber für seinen kreativen Neuanfang. Die Dialoge zwischen Mutter und Sohn sind witzig und lebendig, die beiden genießen eine besondere Nähe, die Meyerhoff hilft, sich wieder zu erden und kreativ zu werden.
Der Erzähler vereint auf brillante Weise Selbstironie und scharfsinnige Beobachtungen, wodurch der Roman sowohl Tiefe als auch Leichtigkeit erhält. Eine gelungene Fortsetzung der Reihe, die sich ebenso gut als eigenständiges Werk lesen lässt. Eines meiner absoluten Lieblingsbücher in diesem Jahr!
Pi mal Daumen: Roman von Alina Bronsky; Kiepenheuer & Witsch 2024
Alina Bronsky erzählt eine rasante und herzliche Komödie über zwei Menschen, die aus völlig verschiedenen Welten stammen und dennoch untrennbar miteinander verbunden werden. Ihre erste Begegnung findet in einer Uni-Vorlesung statt: Oscar, ein 16-jähriges Mathegenie mit Adelstitel, kennt weder die U-Bahn noch den Alltag einfacher Leute. Moni Kosinsky hingegen, Großmutter von drei Enkeln und ausgestattet mit einem Faible für knalligen Lippenstift und hohe Absätze, träumt insgeheim davon, Mathematik zu studieren – und wagt diesen Schritt trotz aller Hürden. Zwischen den beiden Außenseitern entwickelt sich eine Freundschaft, die niemand für möglich gehalten hätte. Oscar und Moni könnten unterschiedlicher nicht sein – in Bezug auf Alter, soziale Herkunft und Charakter sind sie weit voneinander entfernt. Doch trotz dieser Gegensätze verbindet sie eine tiefe seelische Nähe. Unterhaltsam, witzig und einfach ein Genuss zum Lesen.
Buch- und Spieletipp von Christoph Kirsch: (Auszubildender in der Stadtbücherei)
Kopf hoch! Mental gesund und stark in herausfordernden Zeiten von Volker Busch; Droemer/Knaur Verlag 2024
In der heutigen Zeit ist man sehr viel psychischem und physischem Stress ausgesetzt. Krisen und mangelnde Orientierung sorgen für Angst und Ungewissheit im Leben. Das Buch unterstützt. dabei sich selbst mental besser kennenzulernen, wie man sich schützt, zur Ruhe kommt, Humor entwickelt und Ängste bewältigt.
Mario vs. Donkey Kong: Nintendo Switch-Spiel zum Ausleihen und hier Spielen
Ein Klassiker aus der Gameboy-Zeit nun mit völlig neuer Grafik auf der Nintendo Switch. Das Ziel des Spiels ist es, alle entführten Mario Figuren von Donkey Kong zu befreien. Die unterschiedlichen Aufgaben und spannenden Rätsel machen das Spiel anspruchsvoll und abwechslungsreich.
Buchtipps von Jennifer Propp:
People to follow: Roman von Olivia Worley; Penguin Random House 2024
Eine Gruppe der bekanntesten Influencer wird auf eine private Insel eingeladen. Sie wissen nur, dass sie für drei Wochen beim Dreh einer Reality-Show mitwirken sollen, und das ohne Handys, also im Offline-Modus.
Nach und nach treffen die einzelnen Show-Actors auf der Insel ein. Weißer Sand, blauer Himmel und klares Wasser hoffen auf eine vielversprechende Show. Doch nicht jeder der Teilnehmer trifft erfreute Gesichter wieder. Tilly, die Produktionsassistentin, muss unerwartet zum Festland zurück, weil das Kamerateam dort feststeckt. Sie lässt ein Handy für den Notfall da und verspricht, am nächsten Morgen, mit der Crew zurück zu sein. Mit einem vollen Kühlschrank und einer gefüllten Bar lässt die Truppe den ersten Abend auf der Insel ausgelassen starten. Doch am nächsten Morgen finden sie einen von ihnen tot auf der Veranda. Aber was genau ist passiert? Keiner kann sich so wirklich an den Abend erinnern und das Opfer könnte auch vom Balkon gestützt sein. Ein tragischer Unfall? Als sie Hilfe rufen wollen und das Handy für Notfälle verschwunden ist, glaubt keiner mehr an einen tragischen Unfall…
Ab der Mitte des Buches geht es Schlag auf Schlag. Seite für Seite wird jedes dunkle Geheimnis der Influencer enthüllt und man fliegt förmlich durch die Geschichte, um herauszufinden, welches Ende die Story nehmen wird. Spannung pur! Ein Jugendroman ab 14 Jahre der Gänsehaut beschert!
Not my Problem: Jugendroman von Ciara Smyth; Magellan Verlag 2024
Aideen lebt ein Leben am Limit. Sie versucht, ihre Mutter vom Alkohol wegzubekommen und gleichzeitig das Geld für die kalte Wohnung, Essen und Kleidung zusammenzuhalten. Sie verheimlicht ihre Probleme und privaten Umstände zu Hause und vertraut sich niemandem so wirklich an. Die Schule schwänzt sie, damit sie auf ihre Mutter aufpassen kann. Im Unterricht kommt sie deshalb kaum noch mit und es steht auf der Kippe, ob sie nicht von der Schule fliegt. Bis Aideen eines Tages während des Schwänzens der Sportstunde die sonst so perfekte Meabh bei einem Tobsuchtsanfall in der Mädchenumkleide ertappt. Meabh ist die Tochter des Schuldirektors und ihr Leben ist organisiert und durchstrukturiert. Die zwei Mädchen kennen sich schon seit der Grundschule, doch die beiden verbindet keine Freundschaft. Doch nun scheint Meabh ein Problem zu haben und bittet Aideen völlig aufgelöst und verzweifelt um Hilfe. Diese willigt ein und ab dem Zeitpunkt nimmt diese wunderbare Geschichte ihren Lauf! Ein Jugendroman ab 14 Jahren, der die Themen wie Alkoholismus, Vernachlässigung, Mobbing, toxische Freundschaft, Gaslighting, Armut, Leistungsdruck und Überforderung behandelt. Das hört sich erstmal nach vielen Red Flags an, aber die junge Autorin verpackt diese wichtigen Themen in einer so großartigen Geschichte, dass diese Themen nachher umschlagen in Freundschaft, Vertrauen, Zuverlässigkeit, Hoffnung, Solidarität, Liebe, Unterstützung und Ehrlichkeit. Diese Story hat mich nachdenklich gemacht, teilweise wahnsinnig zum Lachen gebracht. Genau so müssen Geschichten geschrieben sein und deshalb gehört es zu meinen Jahreshighlights.
Buch- und Filmtipps von Caroline Sauter (Auszubildende in der Stadtbücherei):
Wie erkläre ich Kindern Rassismus? Sachbuch von Josephine Apraku; Familiar Faces Verlag 2021
Das Buch „Wie erkläre ich Kindern Rassismus?“ ist ein wichtiger Ratgeber für Eltern und Pädagogen, die sich fragen, wie sie Kindern das komplexe Thema Rassismus erklären sollen. Die Autorin bietet eine klare und verständliche Sprache, um Kindern zu helfen, die Grundlagen von Rassismus zu verstehen und zu überwinden.
Das Buch beginnt mit einer Einführung in die Geschichte von Rassismus und wie sich Rassismus auf unsere Gesellschaft auswirkt. Die Autorin erklärt dann, wie Kinder Rassismus erleben und wie Eltern und Pädagogen ihnen helfen können, damit umzugehen. Zu dem Thema Rassismus haben wir noch mehrere schön gestaltete Bilderbücher und mehrere Sachbücher im Büchereibestand.
Perfect Days (DVD) ist ein Film, der die Schönheit des Alltags zeigt.
Der Film folgt dem Leben eines jungen Mannes, der in Tokyo lebt und arbeitet. Er zeigt, wie der Mann seine Tage verbringt, von seinem Aufstehen bis zu seinem Zubettgehen. Der Film ist sehr ruhig und langsam, aber das ist auch seine Stärke. Er zeigt den Alltag des Mannes, ohne dass etwas Besonderes passiert. Der Film ist auch sehr visuell. Die Kameraarbeit ist sehr gut, und die Farben sind sehr lebendig. Es ist ein Film über die Schönheit des Alltags, über die kleinen Dinge, die uns jeden Tag umgeben.
Buchtipps von Dorothe Starke:
The Fort: Das Geheimnis eines Sommers von Gordon Korman; Beltz & Gelberg 2024
Fünf Teenager, vier beste Freunde, die sich seit der Grundschulzeit kennen - und Ricky, der Neue - finden einen geheimnisvollen Ort im Wald. Nach einem Hurrikan wird eine Falltür im Wald freigespült, die einen Bunker aus dem Kalten Krieg bedeckt. Die fünf Freunde richten dieses „Fort“ zu ihrem Rückzugsort ein. Denn jeder von ihnen hat seine eigenen Probleme und sieht den Ort als Zuflucht. Doch nicht jeder gönnt den Jungs diesen Ort und so ist die Idylle in Gefahr. Abseits von familiären Verpflichtungen, Streitigkeiten und gefährlichen Einflüssen sehnen sie sich nach Entspannung, Abenteuer und Sicherheit. Wenigstens für ein paar Stunden machen sie blöde Witze und teilen ihre Geheimnisse. Ich bin absolut begeistert von „The Fort“. Was für eine packend erzählte Abenteuergeschichte, die nicht nur Spannung und Humor bietet, sondern die Leser mit schwierigen Lebenssituationen konfrontiert, die sehr glaubhaft erzählt werden. Die fünf helfen sich in Krisensituationen, sie stehen sich bei, sie unterstützen sich auf eine tapfere und einfühlsame Art. Gordon Kormans beeindruckender Roman zeigt vor allem, wie wichtig Freundschaft, Zusammenhalt und Vertrauen sind! Ein Jugendbuch ab elf Jahren.
Von Norden rollt ein Donner: Roman von Markus Thielemann; C.H.Beck 2024, auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises
Ein Roman über Heimat und Gewalt, Verdrängung und Schweigen, Tradition und Verantwortung. Jannes lebt auf einem Drei-Generationen-Hof in der Lüneburger Heide. Dem Großvater Wilhelm gehört das Land; die Großmutter ist dement und im Heim; auch Jannes‘ Vater Friedrich zeigt erste Ausfallerscheinungen. Jannes muss immer mehr Verantwortung in der familieneigenen Schäferei übernehmen und ist mit seinen 19 Jahren damit überfordert. Der traditionelle Familienverbund zeigt Risse, wie auch die vermeintliche Landschaftsidylle. Es herrscht eine gärende Unruhe in der Gegend, der Wolf ist zurück. Es mehren sich Schafsrisse und mit ihnen Konflikte im Dorf, die schnell politisch werden. Während völkische Siedler versuchen, das Thema für ihre Zwecke in Beschlag zu nehmen, spitz sich die Situation zu. Als die Selbstjustiz der Bevölkerung zu eskalieren droht, flüchtet sich Jannes zu seinen Schafen in die Heide. Doch dort wird durch eine gespenstische Begegnung plötzlich die düstere Ortsgeschichte aufgefächert, die ihren langen Schatten in die Gegenwart wirft. Thielemann gelingt ein politischer Roman, der eine Familie in den Mittelpunkt rückt, zu deren Stärken nicht die Kommunikation, sondern die Verdrängung der Vergangenheit gehört. Die Geschichte handelt vom instabilen Gleichgewicht der Natur und des Miteinanders, dem Spuk in Geschichte und Geist, bei dem die Vergangenheit immer noch in die Gegenwart hineinwirkt. Unbedingt lesenswert ist dieser in kraftvoller Sprache voller Poesie zugleich modern und spannend erzählte Roman.
Buch- und Filmtipps von Johanna Wagner:
Das Wohlbefinden: Roman von Ulla Lenze; Klett Cotta Verlag 2024
In drei Zeitsträngen erzählt Ulla Lenze von drei Frauen, die nicht unterschiedlicher sein könnten, aber deren Schicksale dennoch Parallelen aufweisen. Die junge Frau Vanessa, die während der Corona-Pandemie bei der Wohnungssuche in Berlin verzweifelt und sich mit Meditations-Apps über Wasser hält, das Medium Anna Brenner, die mit Geistern kommuniziert und die eigenbrötlerische Schriftstellerin Johanna Schellmann. Der Roman beginnt aus der Sicht von Vanessa, die über einen Makler durch Zufall auf ein Manuskript ihrer Urgroßmutter Johanna Schellhammer stößt. Dort lernt sie, über die Vergangenheit ihrer Vorfahrin. Für ihre Recherchen besucht Johanna Schellmann im Jahre 1907 die Arbeiter-Lungenheilstätten Beelitz. Dort lernt Johanna erstmals Anna kennen, welche von ihren Mitpatienten teils als Medium verehrt, teils aber auch verachtet wird. Zwischen den beiden Frauen entsteht eine enge Verbindung, während Anna Johanna dabei hilft, ihren ersten erfolgreichen Roman „Das Schmuckzimmer“ zu schreiben, der als feministischer Durchbruch gilt.
Ulla Lenze schreibt mit schöner, einfacher Sprache und weist eine gute Beobachtungsgabe auf. Die sehr unterschiedlichen, nicht unbedingt sympathischen Frauen werden mit ihren Marotten und Eigenheiten gut und lebensecht beschrieben. Ein beeindruckender Roman, der mich selbst nach dem Lesen nicht mehr losgelassen hat.
The Quiet Girl (DVD) / Regie: Colm Bairéad; good!movies 2024
„Many’s the person missed the opportunity to say nothing, and lost much because of it.“ Claire Keegan, Foster
Irland, 1981. Das stille Mädchen Cait findet schwer Anschluss, weder in seiner Familie noch unter den Schulkameraden. Damit die Familie etwas entlastet wird, soll die Neunjährige nun die Sommerferien auf dem Hof von Verwandten ihrer Mutter verbringen. Das bereits volle Haus wird noch voller, denn ihre Mutter ist ein weiteres Mal schwanger und die Familie kämpft mit der Armut.
Das kinderlose Ehepaar kümmert sich liebevoll um die vernachlässigte Cait und bringt ihr bei, im Haushalt und auch auf dem Hof mit anzupacken. Cait, zunächst sehr schweigsam, blüht auf und wird nach und nach mutiger und offener. Alles scheint harmonisch ,aber auch bei der Idylle des Landes gibt es ein Geheimnis, das mit Schmerz behaftet ist.
„The Quiet Girl“ besticht durch seine langsame, stille Erzählweise und schöne Bilder der irischen Landschaft. Der Film besteht aus kontrastierenden Bildern der beengten, dunklen Wohnung von Caits Familie, wo es nie einen Moment der Stille zu geben scheint. Gegenübergestellt werden die weite irische Landschaft und das gepflegte, wenn auch spärlich eingerichtete Landhaus. In seinen leichten Sepiatönen sieht der Film fast aus wie eigene Filmaufnahmen oder eine alte Fotografie und wirkt so fast wie eine Kindheitserinnerung. Basierend auf Claire Keegans Kurzgeschichte „Foster“ erzählt der Film auf bewegende Weise von Einsamkeit, Trauer, aber auch von Geborgenheit und Freundschaft. Ein Film ab zwölf Jahren.
Zum Team der Stadtbücherei gehören: erste Reihe, v.l.n.r: Jennifer Propp, Johanna Wagner, Caroline Sauter (Auszubildende), zweite Reihe, v.l.n.r.: Daniela Barbu, Dorothe Starke und Christoph Kirsch (Auszubildender)