„Allzuweibliches“ von Yolanda Prieto Pardo mit betörenden Flötenklängen – Viva Espana!

Kronberg
(aks) – Yolanda Prieto Pardo strahlt in der Stadtbücherei mit der Leiterin Daniela Barbu um die Wette, weil die eine sich über 20 Jahre Lesefestival freut und die Autorin glücklich ist, dass so viele Besucher zu ihrer Lesung gekommen sind, unter ihnen viele Spanier. Ihre kurze Ansprache, in der sie sich bei allen bedankt, wechselt vom Spanischen ins Deutsche. Alle verstehen sie bestens. Die Anwesenden scheinen, wenn nicht polyglott, so doch hispanophil zu sein, die Stimmung ist locker und herzlich. Sie schreibe an einem Roman, aber wie das im Leben eben so ist, sei man als Schriftstellerin mit Kurzgeschichten, die einen Anfang und ein überschaubares Ende haben, eben schneller. So waren „Meine 50 Cousinen“ früher auf dem Markt, auch wenn manche ihrer Leser*innen sehnsüchtig auf den Roman warteten. Das kleine Buch entpuppt sich an diesem Abend als großer Lesespaß. Ihre Mutter hatte tatsächlich 50 Cousinen, sie selbst 26. Die Schauspielerin und Regisseurin Manuela Koschwitz garantiert mit ihrer ganz eigenen Interpretation der Charaktere beste Unterhaltung. Sie haucht dem alten Antonio, der seit Jahr und Tag in seiner Kneipe im modernen Teil von Cuenca sitzt, wohin sich nie ein Tourist verirre, denn die seien ja im alten Teil der Stadt unterwegs, ein resignativ-lakonisches Leben ein. Warum der Tourist eine Lebensmittelvergiftung habe, sei ihm schleierhaft, schließlich sei seine Rosa (Cousine Rosa) eine exzellente Köchin – und warum eben dieser „Tomasch Muler“ auch noch psychologische Betreuung nach dem Genuss des allerbesten Eintopfs brauche, das versucht er gar nicht erst zu verstehen. Er sei doch kein Mörder und Schweineohren eine Delikatesse! „Niemals hätte ich gedacht, dass die Deutschen solche Weicheier sind.“ Dazu erklingt „Viva Espana“ auf der Querflöte – eine stimmige Untermalung von Juan Ildefonso, der seiner Flöte ebenso Tanzrhythmen wie auch betörende Klänge entlockt. Nachdenklich geht es weiter mit der Cousine Ada, die ihrem Gatten, einem angesehenen Regisseur, gerne mitteilen möchte, dass sie sich entschlossen hat, selbst einen Film zu drehen auf den Philippinen, über Kinder, die auf und von den Müllhalden lebten. Immer wieder wimmelt er sie ab: „Jetzt nicht, Ada!“, Doch eines Morgens hat sie „keine Angst mehr vor dem, was mir bevorsteht“. Jetzt doch, Ada! „Ahora sí!“ Herrlich melancholisch dazu die Melodie von „La vie en rose“. „Cousine Lydia ist ein Snob“, so beginnt die nächste Kurzgeschichte. Ihre blasierten Erzählungen von ihren Business Class-Flügen langweilen alle anderen Cousinen und so berichtet ihre Schwester im Gegenzug von ihrem ersten Business Flug von Madrid nach Paris. Sie ist nervös, will alles richtig machen, da erscheint neben ihr im cremefarbenen Anzug SIE, umhüllt vom „Duft einer Welt, zu der ich nicht gehörte“. Sie reagiert unsicher als ihr diese feine Dame eine Schachtel mit „Marrons glacés“ in allerfeinstem Französisch anbietet und winkt dankend ab. Der einzige Satz, den sie an dieses perfekte Wesen, sie kann tatsächlich keine einzige Unvollkommenheit feststellen, richtet, ist die Frage: „I thought you were French?“, weil die Dame besondere Formulare zur Einreise ausgehändigt bekommt. „I am American“, antwortet ihre Sitznachbarin freundlich. Das war die äußerst kurze und knappe Konversation auf einem 2,5 Stunden Flug: „Seit 20 Jahren bereue ich es, nicht mehr mit Jodie Foster gesprochen zu haben“. Cousine Conchita erlebt ihr blaues Wunder mit einem koreanischen Untermieter, der ihr mit seinem Putzeifer eine Gefälligkeit erweisen will, aus der ein Bärendienst wird… aber da lächelt Manuela Koschwitz spitzbübisch und bricht die Lesung ab. Und empfiehlt allen, die neugierig geworden sind, den Kauf des Buchs am Bücherstand. Die Interpretation Juan Ildefonso von Ravels Bolero auf der Querflöte ist eine wahre Sensation, schlängelt sich in alle Glieder und erhellt das Gemüt. Bravo, Juan!

Auch wenn dank des „Literaturfestivals“ spanischer Autorenglanz die Burgstadt erhellte, ein Besuch der Buchmesse in Frankfurt sei dennoch allen empfohlen, die nicht so schnell ins Land, „wo die Zitronen blühen“, kommen, denn es lohnt sich doch immer, neue Buch-Welten zu entdecken und die eigene literarische Intelligenz auszubilden. Lesen hilft, die Welt zu verstehen und kann in Krisenzeiten ein besonderer Trost sein.

Zum Schmunzeln waren die kaleidoskopisch bunten Kurzgeschichten von Yolanda Prieto Pardo (links), charakterstark gelesen (und gespielt) von Schauspielerin Manuela Koschwitz und mit stimmungsvoller Querflötenmusik von Juan Ildefonso untermalt. Seine Interpretation von Ravels Bolero war eine kleine Sensation!
Foto: Sura



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